Am 12. Mai in der Kurstadt
„Gedankengut wird inzwischen hingenommen“: Erste Demo zum Start von „Reichenhall gegen Rechts“
Am 12. Mai findet eine Demo von „Reichenhall gegen Rechts“ statt, mit der ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Gewalt gesetzt werden soll. Die Motivation? Ein starkes Unbehagen angesichts einer zunehmend polarisierten Gesellschaft. Wer dahinter steckt und was genau geplant ist.
Bad Reichenhall – Die Demo beginnt am Sonntag (12. Mai) um 14 Uhr an der Salinenstraße auf Höhe des Rathausplatzes. Von dort geht es weiter über den Stachus in die Innsbrucker Straße, die in Richtung Innenstadt nur einspurig befahrbar sein wird. Über den Kaiserplatz biegt der Zug dann in die Fußgängerzone. Die Demo, die für 200 Teilnehmer angemeldet ist, endet schließlich um 16 Uhr bei der Evangelischen Kirche.
Wir treffen uns vorab mit Sarah von Sachs und Anna Schaffert, um mehr zu erfahren. Die beiden sind Teil einer Gruppe, die aus sechs jungen Privatpersonen besteht und das Ganze organisiert.
Demo im Februar als Zündung
„Angefangen hat es dadurch, dass wir bei der Demo waren, die von der AWO organisiert wurde“, erklärt Sarah von Sachs. Bei der Demonstration im Februar waren 500 Teilnehmer zusammengekommen, um ein klares Zeichen gegen rechtsextremistische Tendenzen zu setzen. Auffällig war hier, dass auch die regionale Politik vor Ort war und zu Wort kam. Es herrschte parteiübergreifende Einigkeit darüber, für eine freiheitliche und demokratische Gesellschaftsordnung einzustehen.
„Die Kundgebung der AWO hat mich dazu inspiriert, mein altes Team anzuschreiben und zu fragen, ob wir selbst etwas organisieren wollen“, so Sarah von Sachs. Die Sechs waren während ihrer Schulzeit im Orga-Team von Fridays for Future in Bad Reichenhall. Inzwischen sind sie studien- und berufsbedingt über ganz Deutschland verteilt, finden aber zur Demo nun wieder zusammen.
„Tatsache ist, dass wir mehr machen möchten“
Derzeit sind die Initiatoren von „Reichenhall gegen Rechts“ nicht als Verein organisiert. „Tatsache ist aber, dass wir mehr machen möchten. Wir müssen aber noch schauen, ob es angenommen wird“, so Sarah von Sachs. „Wir machen das nicht ganz unabhängig von Berchtesgaden“, ergänzt Anna Schaffert. „Berchtesgaden gegen Rechts“ ist hingegen inzwischen ein Verein, der regelmäßig Stammtische und Veranstaltungen organisiert.
Die Reichenhaller Gruppe verfolgt nach eigener Aussage keine politische Richtung und agiert parteiunabhängig. Zur Demo seien auch alle Parteien eingeladen worden. Die Redebeiträge stammen von verschiedenen Bündnissen, wie etwa von der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten).
„Dieses Gedankengut wird inzwischen hingenommen“
Die Demo soll ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Gewalt sein. Die hohen Umfragewerte der AfD, die von Correctiv aufgedeckten Massendeportationspläne sowie die Zunahme rechtsextremer Gewalttaten empfinden die beiden als „äußerst beunruhigend.“ Die Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger sei als harmloser Jugendstreich abgetan worden und auch im Alltag gebe es immer mehr menschenfeindliche Einstellungen wie Rassismus, Queer-Feindlichkeit, Sexismus und Antisemitismus. „Dieses Gedankengut wird inzwischen einfach hingenommen. Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass man dagegen vorgehen muss“, so Sarah von Sachs.
In Reichenhall passiere zwar schon einiges in Sachen Aufklärung, zum Beispiel durch den Heimatkundeverein und den Stadtarchivar Dr. Johannes Lang. Aber das Thema sei noch nicht in der Gesellschaft verankert. Anna Schaffert: „In Reichenhall gibt es keine Stolpersteine und nur der Orthenaupark benennt die Verfolgung durch die Nazis. Orthenau war sicher nicht der einzige Verfolgte. Es fehlt das Bewusstsein, dass es in Reichenhall eine nationalsozialistische Geschichte gibt.“ Deswegen sollen bei der Demo historische Bezüge hergestellt werden, etwa auch zum Kreta-Massaker der Wehrmacht. Bereits im Jahr 2016 hatte das Rabatz-Bündnis aus der linken Szene gegen die Kreta-Feier in der Kurstadt demonstriert.
Das Bewusstsein gegen Alltagsdiskriminierung schärfen
Aber auch die Gegenwart soll auf der Demo in den Fokus gerückt werden. „Rechte Parolen sind in der Mitte sehr gängig“, meint Sarah von Sachs. „Wir wollen rechtes Gedankengut aufzeigen.“ Die Grenze sei da, wo Aussagen nicht mehr pro-demokratisch seien oder wo die Menschenwürde verletzt werde. „Antisemitismus und Rassismus sind sehr präsent“, ergänzt Anna Schaffert.
Was den Organisatoren besonders wichtig ist: Bewusstsein zu schaffen für Diskriminierungen im Alltag. „Oftmals ist man sich gar nicht im Klaren, dass das andere verletzen könnte und es ist auch fast jedem schon einmal passiert. Wir wollen niemandem die Schuld zuweisen, sondern ein Zeichen für Demokratie setzen. Wir möchten den Zusammenhalt in der Gesellschaft fördern, die im Moment sehr gespalten ist“, so Sarah von Sachs.
Wie geht es nach der Demo mit „Reichenhall gegen Rechts“ weiter?
Zunächst einmal möchten die Organisatoren abwarten, wie die Demo angenommen wird, aber es seien bereits weitere verschiedene Aktionen im Gespräch. Der Begriff „Demonstration“ wirke zwar vielleicht in Städten wie Bad Reichenhall, in denen nicht viele stattfinden, zum Teil abschreckend. „Aber das ist ein demokratisches Grundrecht. Wenn man das nicht nutzt, verliert man es am Ende“, betont Anna Schaffert.
Die Veranstaltung findet am Muttertag statt. Dass dadurch weniger Menschen teilnehmen werden, glaubt Sarah von Sachs nicht. „Ich denke, dass genug Leute kommen werden. Wir werden anbieten, einen Muttertags-Spaziergang auf unserer Demo zu machen. Und so lang geht es ja auch nicht.“
mf