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Gastgeber Mörig und sein Domizil in Prien

Rechtsextreme Umsiedlungs-Konferenz: Diese Spuren führen in den Chiemgau

Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben sollen. Initiator des Treffens: Gernot Mörig, der offenbar in unserer Region zu Hause ist.
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Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben sollen. Initiator des Treffens: Gernot Mörig, der offenbar in unserer Region zu Hause ist.

Die rechtsextreme Umsiedlungskonferenz von Potsdam macht noch immer Schlagzeilen und treibt in ganz Deutschland Zehntausende zu Gegendemonstrationen auf die Straße. Verbindungen gibt es in den Chiemgau: Der Initiator des Treffens, Gernot Mörig, ist offenbar in Prien zu Hause.

Potsdam/Prien – Tatort Potsdam, genauer: Villa Adlon am Lehnitzsee. Dort konferierten im November 2023 Rechtsextremisten, AfD-Funktionäre, Unternehmer und Mitglieder der Werte-Union über Deportationspläne. Millionen nicht genehmer Ausländer, aber auch „nichtassimilierte“ Deutsche sollen demnach aus dem Land geschafft werden. Einer der Initiatoren der Zusammenkunft war Medienrecherchen zufolge Gernot Mörig. Die Spuren des pensionierten Zahnarztes reichen bis in die Region. Mörigs Wohnort ist nach OVB-Informationen inzwischen Prien am Chiemsee.

Entsetzung und Empörung über Deportationskonferenz

Die Pläne, die Mörig und Gesinnungsgenossen offenbar schon seit Längerem hegen, brachte „Correctiv“ kürzlich ans Tageslicht. Die Veröffentlichung des Berichtes über die radikalen Machenschaften löste Entsetzen und Empörung aus. Zehntausende von Gegendemonstranten rief die krude Zusammenkunft von Identitären, völkischen Rechten und AfD-Politikern in ganz Deutschland auf die Barrikaden.

Gernot Mörigs Name wurde im Zuge des Skandals bundesweit bekannt. Ebenso der Umstand, dass er in Düsseldorf bis zu seinem Ruhestand eine Zahnarztpraxis unterhielt und als Dozent an der Heinrich-Heine-Universität tätig war.

Dass der ehemalige Zahnarzt aus Düsseldorf und seine Familie seit geraumer Zeit ihren Lebensmittelpunkt in der Region Rosenheim haben, genauer gesagt in Prien am Chiemsee, scheint dagegen ein gut gehütetes Geheimnis zu sein.

In Deutschland bekannt, in Prien unauffällig

„Gernot Wer?“ Priens Bürgermeister Andreas Friedrich kann mit dem Namen auf Anfrage des OVB nichts anfangen. Dass ein Priener Bürger ein gut vernetzter Rechtsausleger ist: Das sei ihm unbekannt, beteuert Friedrich. Durchaus glaubhaft: Bei über 11.000 Einwohnern kennt längst nicht mehr jeder jeden.

Gernot Mörig: Auch als Schütze aktiv gewesen

So geht es auch Florian Wunderle. Der ist Vorsitzender der Königlich privilegierten Feuerschützengesellschaft in Prien, die regelmäßig das „Priener Marktschießen“ ausrichtet. Des Öfteren mit Gernot Mörig und seiner Frau Astrid als Teilnehmern. Das verraten Ergebnislisten, zuerst aus dem Jahr 2018, zuletzt 2022. Ihm sei der Name unbekannt, desgleichen Mörigs prominente Rolle in der extremen rechten Szene, sagt Wunderle.

Wie „Correctiv“-Recherchen belegen, trat Gernot Mörig als einer der Initiatoren der Konferenz am Lehnitzsee auf.

„Das Marktschießen ist so etwas wie ein offenes Königsschießen“, sagt Wunderle. „Da kann im Prinzip jeder teilnehmen, der möchte.“ Auch die sportliche Leistung des Gespanns wird bei der FSG-Leitung kaum Schnappatmung ausgelöst haben: Gernot Mörig und seine Frau landeten, ergebnistechnisch gesehen, im Niemandsland.

Mörig trägt die Maske des biederen Bürgers

Ohnehin lenkten die Mörigs die längste Zeit wenig Aufmerksamkeit auf sich. Es ziehen ja stets viele Menschen in die schöne Region am Chiemsee. Und wer dann noch ein bisschen weiter rauszieht, hat mehr Landschaft als Nachbarn. Es lässt sich in der schönen Region Rosenheim also unauffällig leben. Die Verstellungsgabe des Düsseldorfers kommt hinzu. Mörig, das bestätigen Leute, die ihn von früher her kennen, trage die Maske des Biedermannes mit einiger Überzeugungskraft. Er habe immer nett getan und sei nie mit rechten Parolen auffällig geworden, sagt einer dem OVB.

Gernot Mörig und seine Verstellungskunst

Ein Doppelleben, so könnte man nennen, was Gernot Mörig seit Jahrzehnten treibt. Bereits in jungen Jahren zeigte er große Affinität zu stramm rechtsgesinnten Kreisen. Wie die Wochenzeitung Die Zeit berichtet, war der Düsseldorfer in den 1970er-Jahren Bundesführer der rechtsextremen Organisation Bund Heimattreuer Jugend (BHJ).

Aus dem BHJ ging die Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) hervor, ein rechtsextremer Verein, der 2009 der vom Bundesministerium des Innern (BMI) verboten wurde. Der 1958 gegründete BHJ stand, laut einer Anfrage der Linken an den Deutschen Bundestag, von Anfang an der extremen Rechten nahe.

Auch an vielen anderen Punkten betätigte sich Mörig als Influencer, der sich bemüht, Vordenker und mögliche Geldgeber zusammenzubringen. Und seine Frau Astrid Mörig soll bei der Potsdamer Konferenz nach „Correctiv“-Recherchen offenbar Gelder von Unterstützern eingesammelt haben.

Mörig verhehlte seine Umtriebe sonst aber offenbar so gut, dass er auch angesehene Institutionen hinters Licht führen konnte. Die Universität Düsseldorf führte ihn jahrelang als Dozenten für Zahnmedizin, von 2008 bis 2018. Da waren Studenten auf den völkischen Vordenker aufmerksam geworden und alarmierten die Uni, die ihm daraufhin offenbar den Lehrauftrag entzog.

Keine Auskunft vom Verfassungsschutz

Weiß der Verfassungsschutz des Freistaats von den rechten Umtrieben in der Region? Man gebe zu Einzelpersonen nur in seltenen, besonders begründeten Fällen eine Auskunft, heißt es vom Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern auf OVB-Recherche. Bei der vom OVB angefragten Person „überwiegen die privaten Interessen am Schutz des Persönlichkeitsrechts, weswegen eine Beantwortung der Frage ausbleiben muss“.

Im Verfassungsschutzbericht taucht Mörig auch nicht auf. Muss nichts heißen, sagt ein Sprecher der Behörde auf eine erneute Nachfrage des OVB: „Eine ausbleibende Erwähnung im Verfassungsschutzbericht Bayern lässt explizit keinen Rückschluss darauf zu, ob eine Person oder ein Personenzusammenschluss vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) beobachtet wird oder nicht.“ Ein klares Dementi eines Interesses am rechten Vordenker hört sich anders an.

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