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„Nicht mehr zumutbar“

Trotz Zustimmung: Haushalt spaltet BGL-Kreistag - und in Richtung Traunstein fallen deutliche Worte

Die Kliniken Südostbayern betreiben auch ein Krankenhaus in Bad Reichenhall.
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Das Defizit bei den Kliniken Südostbayern - zu sehen ist der Standort in Bad Reichenhall - treibt auch den Kreistag Berchtesgadener Land um, wie in der Haushaltsdebatte deutlich wurde.

Mit 50 zu 9 fällt im Kreistag die Entscheidung zugunsten des Haushalts 2024 aus. Das Votum wirkt eindeutig, aber: Der Schein trügt. Manche Kreisräte „stimmen nur mit geballter Faust dafür“, andere sprechen sich überraschend deutlich dagegen aus. Selbst innerhalb der CSU gibt es gegensätzliche Meinungen. Nicht nur die Kreisumlage sorgt für Ärger, sondern auch die Zusammenarbeit mit Nachbarlandkreis Traunstein.

Bad Reichenhall - Nachdem die ersten Kreisräte und Fraktionssprecher den Haushaltsplan und die Rede von Landrat Bernhard Kern kommentiert hatten, platzte Christoph Lung (CSU) förmlich der Kragen. „Ich möchte gleich darauf eingehen, was meine Vorredner immer wieder betont haben: Inwiefern handelt es sich um einen Kompromiss? Das gilt für den Kreis, aber nicht auf Ebene der Bürgermeister“, machte der OB von Bad Reichenhall seinen Standpunkt deutlich.

Er habe große Sorge „vor einer Überforderung der Städte und Gemeinden“. Der deutliche Anstieg der Kreisumlage bedeute, dass die Kommunen Leistungen streichen müssten und neue Leistungen gar nicht erst anbieten könnten. „In den vorherigen Beiträgen wurde auch betont, dass es darum gehe, ein Signal zu setzen. Ich frage mich: was für ein Signal? Wir können nicht so weitermachen“, betonte Lung.

Lung: „Geht nicht in Richtung Verwaltung“

Er weiß, dass heute einige Kreisräte „mit geballter Faust in der Hosentasche trotzdem zustimmen“ werden. „Ich werde bewusst mit Nein abstimmen. Das geht nicht in Richtung Verwaltung, die ausdrücklich nichts für die Situation kann, sondern eher an uns als Gremium. Wir müssen uns an die eigene Nase fassen.“

Kreisrat Hans Feil (CSU), Erster Bürgermeister von Laufen, schlug ähnliche Töne an. „Wir nehmen den Städten und Gemeinden die Luft zum Atmen“, erklärte er. Manche erwische die Erhöhung der Kreisumlage schon in diesem Jahr, zum Beispiel Freilassing, Laufen und Marktschellenberg. „Andere wird es noch treffen.“ Er habe versucht, auf Kreisebene für die Aufnahme neuer Schulden zu werben und mehr Risiko einzugehen. „Stattdessen müssen die Kommunen das Risiko auf sich nehmen. Die Zustände sind nicht mehr zumutbar“, meinte Feil.

Feil: „Wäre nicht zu spät gewesen, die Reißleine zu ziehen“

Mit Blick auf eventuelle Kommentare, dass er als Kreisrat ja schließlich auch die Beschlüsse mitentschieden habe, entgegnete er vorab: „Ich habe erkannt, dass manche Entscheidungen falsch waren. Zu den Rednern, die betonen, dass wir künftig einiges verändern müssen: Es wäre schon vor der Beschlussfassung für den Haushalt 2024 nicht zu spät gewesen, die Reißleine zu ziehen und darüber zu sprechen. Jetzt ist es für die Kommunen zu spät.“ Eins wolle er jedoch klarstellen: Sein Standpunkt sei nicht als „Affront gegen den Landrat oder als Geringschätzung der Leistung der Kämmerei“ zu verstehen.

Auch Wolfgang Koch (AfD) machte seine Ablehnung der Haushaltsplanung deutlich und schoss sich vor allem auf Traunsteins Landrat Siegfried Walch ein, „der wie der Sonnenkönig vorne im Boot sitzt und wir als Berchtesgadener Land müssen hinten kräftig rudern“. Man falle ständig hinten herunter. „Das geht so nicht, das gilt auch für den geplanten Verkehrsverbund“, so Koch. „Wir werden mit diesem Herrn noch Vollgas an die Wand fahren“, meinte er. Für ihn sei es ein „großes Warnsignal, wenn selbst der Bad Reichenhaller Oberbürgermeister den Haushalt ablehnt“. Damit hätte er nicht gerechnet.

Veiglhuber: „Immerhin knapp unter 50 Prozent“

Selbst in den Redebeiträgen derjenigen, die dem Haushalt zustimmten, wurden der Ernst der Lage und die Unzufriedenheit, vor allem mit Blick auf den Nachbarlandkreis Traunstein, mehr als deutlich. „Wir stimmen zwar für den Beschluss, haben aber massive Bedenken bei der Kreisumlage“, meinte Monika Veiglhuber (FWG). Diese stelle die Gemeinden vor große Herausforderungen. Man sehe den Kompromiss der Verwaltung: einerseits zwischen den notwendigen Einsparungen, andererseits zwischen den vielfältigen Aufgaben und Ausgaben. „Immerhin sind wir bei knapp unter 50 Prozent geblieben. Das war zwischenzeitlich nicht vorhersehbar.“

Es kann nicht sein, dass wir ständig auf Berlin zeigen.

Monika Veiglhuber (FWG)

Veiglhuber verlangte, künftig noch mehr unter die Lupe zu nehmen, was sich der Landkreise leisten könne und was nicht. Und beim Thema Kliniken Südostbayern (KSOB) sollte man sich nicht ständig „als Opfer der Bundesregierung und eines gewünschten Strukturwandels“ sehen. „Genauso gut ist das bayerische Gesundheitsministerium gefordert, Lösungen zu finden und Förderprogramme für die Krankenhäuser anzubieten. Es kann nicht sein, dass wir ständig auf Berlin zeigen.“

Niederberger: „Maßnahmen, die das kleine Berchtesgadener Land mittragen muss“

Auch die SPD stimmte geschlossen für die Haushaltsplanung. „Wir müssen ein geschlossenes Zeichen setzen, auch für die Beschäftigten in den Kliniken oder für die Kinder- und Jugendhilfe. Sie müssen wissen, dass wir hinter ihnen stehen“, warb Roman Niederberger. In Richtung Traunstein betonte er, dass es wieder ein faires Miteinander geben müsse.

„Schluss damit, dass dort Maßnahmen getroffen werden, die das kleine Berchtesgadener Land mittragen muss“, forderte er und verlangte wieder „mehr Augenhöhe“. Niederberger machte vielsagend klar: „Eine Zustimmung zum Haushalt bedeutet nicht automatisch eine Zustimmung zu Maßnahmen, die noch nicht in trockenen Tüchern sind.“

Weber: „Klinikendefizit sorgt für massive finanzielle Belastung“

Dass nach vielen kritischen und parteiübergreifenden Diskussionen eine Kompromisslösung gefunden wurde, lobte Markus Weber (CSU). „Zwischendurch sah es danach aus, dass die Kreisumlage auf deutlich über 50 Prozent steigen wird. Das Defizit in den Kliniken sorgte für eine massive finanzielle Belastung.“

Er hoffe auf kreative Lösungsansätze bei den Haushalten 2025 bis 2027, damit die Leistungsfähigkeit der Gemeinden erhalten bleibt. Weber erklärte, dass seine Fraktion trotz manch gegenteiliger Entscheidung mit großer Mehrheit hinter dem Haushaltsplan stehe.

Wimmer: „Kommunikation in der Öffentlichkeit kaum auszuhalten“

Das galt auch für die Grünen, für die Bartl Wimmer sehr ausführlich auf die Situation einging. „Wir waren mal als Landkreis schuldenfrei, jetzt geht es in Richtung 77 Millionen Euro an Schulden plus Zinsen. Das ist ein drastischer Wandel“, sagte er in der Sitzung. Wimmer kam auch auf den „enormen Defizitausgleich“ bei den Kliniken zu sprechen: Für ihn sei die Kommunikation in der Öffentlichkeit „kaum auszuhalten“ gewesen. „Zuerst wurde alles rosarot gefärbt und dann wurden Zahlen präsentiert, die kaum haltbar waren. Und seit einem halben Jahr wird ununterbrochen Bashing in Richtung Berlin betrieben.“

In seiner Fraktion gab es sehr ernsthafte Diskussionen rund um die Zustimmung zum Haushalt. Beim Defizitausgleich für die Kliniken drängte er darauf, eine Gesamtlösung herbeizuführen, „die uns bis 2027 negative Überraschungen erspart“. Die Verwaltung müsse im Interesse des Landkreises hart verhandeln, ohne den Fortbestand der KSOB zu gefährden.

Durch diese Eskapaden haben wir mehrere Monate verloren.

Bartl Wimmer (Grüne)

Das gelte auch für den geplanten Verkehrsverbund, bei dem Traunstein eigenmächtig auch die Landkreise Mühldorf und Altötting ins Boot geholt habe. Wimmer: „Durch diese Eskapaden haben wir mehrere Monate verloren.“ Es sei zu begrüßen, dass die Kreisverwaltung mit Salzburg auch eine Alternative prüfe. „Ich bin schon lange ein Mitglied des Kreistags, aber eine solche Haushaltssituation wünsche ich mir kein zweites Mal. Wir müssen dafür sorgen, das drohende Damoklesschwert namens Klinikfinanzierung möglichst zeitnah zu verringern. Die Grünen stimmen dem Haushalt zu, aber Freude sieht anders aus“, schilderte Wimmer.

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