Kreistag beschließt Haushalt 2024
Schuldenberg im BGL wächst deutlich: Landrat Kern „überzeugt, dass wir Krise überwinden“
Viel Zündstoff bietet der vom Kreistag beschlossene Haushaltsplan 2024 für den Landkreis Berchtesgadener Land. Trotz des deutlichen Anstiegs der Kreisumlage bittet Landrat Bernhard Kern darum, „diesen Haushaltsentwurf als Ausdruck unseres gemeinsamen Willens zu sehen, den Landkreis für die Zukunft zu rüsten“. Klar ist: Der Schuldenstand wird sich bis 2027 voraussichtlich mehr als verdoppeln.
Bad Reichenhall - Als „Spiegelbild unserer Visionen und unserer Verantwortung für die Zukunft unseres Landkreises“ präsentierte der Landrat dem Kreistag am Freitagmorgen die Haushaltsplanung für das laufende Jahr. Kern betonte gleich zu Beginn: „Wir stehen vor Herausforderungen, die nicht nur unsere finanzielle Weitsicht, sondern auch unseren Mut erfordern, Entscheidungen zu treffen und umzusetzen, die weit über das kommende Jahr hinausreichen.“
Die Eckdaten des Haushaltsplans 2024
Gesamthaushalt: Die Gesamtaufwendungen belaufen sich auf 153 Millionen Euro, die Gesamtauszahlungen auf 212 Millionen Euro. Es wird mit einem Jahresergebnis von 107.000 Euro geplant. Für 2024 wird mit Investitionen in Höhe von 65 Millionen Euro geplant. Der Schuldenstand beträgt zum Jahresende voraussichtlich 37,2 Millionen Euro.
Die Kreisumlage steigt auf 49,5 Prozent, im Vorjahr lag sie noch bei 44,5 Prozent.
Die Entwicklung der Schulden beträgt voraussichtlich: 49,53 Millionen Euro (2025), 64,95 Millionen Euro (2026) und 77,12 Millionen Euro (2027).
Die Steuersätze (Hebesätze) für die Gemeindesteuern, die der Landkreis auf gemeindefreien Grundstücken erhebt, werden als Grundsteuer für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, für die Grundstücke und die Gewerbesteuer zu je 300 v.H. festgesetzt.
In seiner Haushaltsrede ging Kern unter anderem auf die „Verpflichtung, die stationäre medizinische Gesundheitsversorgung für unsere Bürger sicherzustellen“, ein. Der Landrat verdeutlichte: „Gleichzeitig müssen wir die Defizite der Kliniken Südostbayern AG ins Auge fassen – eine Aufgabe, die uns bereits zum zweiten Quartal 2023 in dieser Dimension unerwartet getroffen hat und die unsere Haushaltsplanung für 2024 maßgeblich beeinflusst und den Landkreis finanziell massiv fordert.“
Landkreis BGL mit einem Drittel an den Kliniken beteiligt
Es sei die Pflicht des Landkreises, eine gut funktionierende Gesundheitsinfrastruktur zu erhalten und zu stärken. „Daher haben wir dafür ein umfangreiches Hilfspaket geschnürt, welches auch die Geburtshilfeabteilung in Bad Reichenhall mit einschließt.“ Bekanntlich sei der Landkreis BGL mit einem Drittel und der Landkreis Traunstein mit zwei Dritteln an den Kliniken Südostbayern beteiligt.
Kern betont: „In der Finanzplanung 2025 bis 2027 haben wir Mittel für die Betriebskostenzuschüsse vorsehen müssen. Das bedeutet nicht, dass der Landkreis Berchtesgadener Land in Zukunft ab 2025 entgegen den Gesellschaftsanteilen 50 Prozent der Defizite der Kliniken ausgleicht.“ Die grundsätzliche Aufteilung und die darüberhinausgehenden Defizitausgleiche würden noch ausverhandelt.
Viel Redebedarf bei Kreisumlage
Zur Kreisumlage seien viele Gespräche geführt worden, um einen möglichst breiten Konsens zu erreichen. „Die Rückmeldungen zeigen, dass die Kommunen in den kommenden Jahren vor enormen finanziellen Herausforderungen stehen - insbesondere im Hinblick auf den Betreuungsanspruch für Kinder im Grundschulalter ab 2026“, so Kern. Er verstehe die Bedenken bezüglich des Kreisumlagehebesatzes und teile das Bestreben, die finanzielle Belastung für unsere Kommunen und Bürger so gering wie möglich zu halten.
Die Rückmeldungen zeigen, dass die Kommunen in den kommenden Jahren vor enormen finanziellen Herausforderungen stehen.
Doch der Kreistag dürfe nicht vergessen, dass die Kreisumlage ein wesentliches Instrument zur Finanzierung der notwendigen Leistungen und Infrastrukturen sei, die den Landkreis lebenswert machen. „Wir stehen an einem Scheideweg: Wir können entweder kurzfristig denken und die Kreisumlage senken, was unweigerlich zu noch weiteren Kürzungen bei wichtigen Leistungen führen würde, oder wir können in unsere Zukunft investieren und einen Haushalt verabschieden, der die Grundlage für angepasstes Wachstum und Wohlstand legt. Die Entscheidung liegt bei uns.“
Türen offen halten beim Verkehrsverbund
Breiten Raum nahm auch das Thema ÖPNV ein. Das Ziel sei eine gemeinsame Verbundlösung mit dem Landkreis Traunstein und mit dem Land Salzburg beziehungsweise dem Salzburger Verkehrsverbund (SVV). Daher sei ein Grundsatzbeschluss zur Gründung eines gemeinsamen Verkehrsverbundes mit dem Landkreis Traunstein im Dezember 2023 gefasst worden. Auch eine Vergrößerung des Verbundraums um die Landkreise Mühldorf und Altötting stehe zur Diskussion. Auf Ebene der Landräte und der Verwaltung erfolgen seitdem diverse Abstimmung.
„Aufgrund der von den Landkreisen Altötting und Mühldorf noch ausstehenden Entscheidungen zur Verbundintegration wollen wir aber als Landkreis die Zeit nutzen, um bereits jetzt die Möglichkeiten einer tiefergehenden Kooperation und Verbundintegration mit dem SVV zu untersuchen – auf Basis und als Weiterentwicklung der bestehenden Grundlagenstudie. Die Ergebnisse sollen bis Ende dieses Jahres vorliegen.“ Um möglichst zeitnah die Ergebnisse der Studie zur SVV-Kooperation und -Integration zu erhalten, habe sich der Kreis bereits mit dem Bayerischen Verkehrsministerium abgestimmt. „Die Förderquote liegt voraussichtlich bei 90 Prozent; die Leistungsbeschreibung wird derzeit in unserem Haus ausgearbeitet“, so Kern.
Wir nutzen das Jahr 2024, um unsere Positionen zu überprüfen und neue Weichenstellungen vorsichtig abzuwägen.
Zum Abschluss versuchte der Landrat zu betonen, dass das Jahr 2024 genutzt werde, „um unsere Positionen zu überprüfen und neue Weichenstellungen vorsichtig abzuwägen“. Kern: „Wir stehen vor großen Herausforderungen, aber auch vor der Chance, unsere Wirtschaft nachhaltig zu stärken. Ich bin überzeugt davon, dass wir diese Krise überwinden und gestärkt aus ihr hervorgehen.“
Großes Lob für Kreiskämmerin
Wie schwierig die Entstehung des Haushaltsplans und der Diskussionsbedarf war, zeigte sich auch darin, dass in vielen Redebeiträgen aus den Fraktionen Kreiskämmerin Nicole Fegg in höchsten Tönen gelobt wurde. So bedankte sich beispielsweise Landrat Kern dafür, dass sie - egal, ob unter der Woche oder am Wochenende - „zu den unmöglichsten Uhrzeiten mit Rat und Tat verfügbar war“.
Roman Niederberger (SPD) meinte: „Ich bin schon länger im Kreistag dabei und haben es noch nie erlebt, dass bei einer Haushaltsplanung ein solch hoher Absprachebedarf herrscht. Das hat sowohl die Kommunen als auch die handelnden Personen an ihre Grenzen gebracht.“ Bartl Wimmer von den Grünen bestätigte: „Der Haushalt war keine leichte Geburt, ohne die massive Arbeit von Frau Fegg wäre das nicht zustande gekommen.“
Große Erheiterung nach Redebeitrag
Für großes Gelächter sorgte Kreisrat Markus Weber (CSU), der zu Fegg und mit Blick auf ihren bald bevorstehenden Urlaub wohlwollend meinte: „Wenn ich dich so ansehe, wird es wirklich Zeit, dass der Haushalt endlich abgesegnet wird.“ Sein gut gemeinter Kommentar wurde von Fegg auch so verstanden, die Erheiterung war trotzdem groß.
Fegg entgegnete nach all den Dankesworten: „Die Planung war Teamarbeit. Ich kann mich nur für das Vertrauen zurück bedanken. Mit vertrauensvoller Zusammenarbeit können wir viel bewirken.“
Anmerkung der Redaktion: In einem weiteren Bericht folgen die Reaktionen aus den Fraktionen.