Benotung der Kreisstraßen-Bauwerke im BGL
Sorgenkind Scharitzkehlstraße: „Wenn es so weit ist, wird es schmerzhaft“
Die Ingenieurbauwerke der Kreisstraßen im Berchtesgadener Land bekommen vom Staatlichen Bauamt Zustandsnoten von 1 bis 4. Am schlechtesten schneidet dabei die Scharitzkehlstraße ab. Wie viel Zeit bleibt noch?
Bad Reichenhall - Wie es um den Zustand der Ingenieurbauwerke auf den Kreisstraßen steht, wollte man im Kreisausschuss bereits vergangenen Juni wissen. Das Staatliche Bauamt Traunstein gab nun in der Sitzung am Mittwochmorgen Auskunft über das Benotungssystem der Bauwerke.
Grundsätzlich prüft das Staatliche Bauamt die Ingenieursbauwerke in regelmäßigen Abständen. Die Hauptprüfung findet alle sechs Jahre statt. Hierbei wird gegebenenfalls auch unter Zuhilfenahme von Besichtigungseinrichtungen, Rüstungen und Ähnlichem handnah geprüft. Die Mängel und Schäden werden dann im Prüfbericht gekennzeichnet. In der einfachen Prüfung, die alle drei Jahre erfolgt, geht es um ein intensive, erweiterte Sichtprüfung, jedoch ohne Besichtigungseinrichtungen. Bei den Prüfungen werden Zustandsnoten von 1 bis 4 vergeben. Kriterien sind hier die Standsicherheit, die Verkehrssicherheit sowie die Dauerhaftigkeit.
Die 94 Bauwerke der Kreisstraßen im Berchtesgadener Land fallen somit in folgendes Raster:
| Notenbereich Zustand | Anzahl der Bauwerke |
|---|---|
| Sehr gut (1,0-1,4) | 13 |
| Gut (1,5-1,9) | 9 |
| Befriedigend (2,0-2,4) | 54 |
| Ausreichend (2,5-2,9) | 13 |
| Nicht ausreichend (3,0-3,4) | 5 |
| Ungenügend (3,5-4,0) | 0 |
Doch die Aussagekraft der Zahlen hält sich in Grenzen. „Anhand der Zustandsnote kann man sehr gut ablesen, ob ein Bauwerk grundsätzlich Aufmerksamkeit erfordert“, heißt es vom Staatlichen Bauamt. Aus der Note allein könne man aber nicht erkennen, wie diese zustande kommt und auch keine Rückschlüsse ziehen, in welchen Kriterien Defizite bestehen. Würde etwa eine Bauwerksprüfung am Tag nach einem Unfall stattfinden, bei dem die Schutzplanken zerstört wurden, würde das zu einer schlechten Bewertung im Hinblick auf die Verkehrssicherheit bedeuten. Dies würde sich wiederum negativ auf die Benotung auswirken. Und das, selbst wenn an der Standsicherheit und Dauerhaftigkeit nichts auszusetzen wäre.
Unterschiede bei der Note 3
Florian Paukner vom Staatlichen Bauamt Traunstein ging noch genauer auf drei Kreisstraßen ein, deren Bauwerke im Bereich der Note 3 liegen: Die BGL 12 in Teisendorf, die BGL 10 in Ainring sowie die BGL 19 in Berchtesgaden und Schönau am Königssee. Die Brücke über die Eisenbahn bei Holzhausen auf der BGL 12 hatte lange für Ärger und hohe Kosten gesorgt. Zuletzt wurde sie notertüchtigt und hält nun doch voraussichtlich länger als erwartet.
In der Nähe des Ainringer Erlebnisbades kreuzt die BGL 10 die BGL 18 mittels einer kleinen Brücke. „Das ist aber nur ein Grabendurchlass. Dieses Bauwerk hat eine Vielzahl von einzelnen Schäden, ist aber völlig unkritisch. Da kann die Bewährung noch 20 Jahre hinrosten, ohne dass wir was tun müssen“, erklärte Paukner den Fall, um klarzumachen, dass nicht automatisch Maßnahmen folgen müssen, nur weil ein Bauwerk mit der Note 3 bewertet wurde.
Sorgenkind Scharitzkehlstraße
Ganz anders sieht es allerdings auf der BGL 19 aus. Die sogenannte Scharitzkehlstraße wurde in den Dreißigerjahren erbaut. Wegen der hohen Lage gibt es hier viele Hangverbauten, Bogenbrücken und Stützwerke. Sie steche aufgrund der vielen Bauwerke auf relativ kurzer Strecke aus den restlichen Kreisstraßen heraus, so Paukner. „Die Grundsubstanz ist geschädigt und so alt, dass eine Instandsetzung hier nicht mehr sinnvoll ist.“ Hier käme nur ein Ersatzneubau in Frage, zumal sich die technischen Anforderungen seit dem Bau massiv geändert hätten. Die Brücke am Klausbrunnen könne man wegen der Entfernung noch ausklammern, aber vor allem die Strecke am Hochlenzer müsse man „am Stück“ ersetzen.
Thomas Resch (FWG) wollte von Neubauten nichts wissen. Stattdessen sollte man „den Charme des Areals erhalten. Das sind historische Bauwerke.“ Auch sollte die Aussicht an der Straße durch Baumschnitt verbessert werden, was zu einer Aufwertung für den Tourismus führen würde. Stattdessen könne man durch Neupflanzung von Tiefwurzlern auch die Unterlieger vor Hangrutschen schützen. Zudem würde mehr Licht für weniger Frost und Feuchtigkeit auf der Straße und damit für eine längere Haltbarkeit sorgen. Paukner stimmte zwar zu, dass eine beschattete Straße schneller beschädigt wird, allerdings sei ein dauerhaftes Freihalten von Bewuchs personell nicht leistbar. „Es gibt auch noch andere Belange wie den Naturschutz, da ist die Sichtweise eine andere. Ich finde ein Bogenbauwerk auch schöner, aber meine persönliche Meinung interessiert keinen. Die Technik hat Fortschritte gemacht, dem kann man sich nicht verschließen.“ Resch stimmte zu, dass es die Gesamtaufgabe mehrerer Behörden sei, hier zusammenzuarbeiten.
„Wenn es so weit ist, wird es schmerzhaft“
Landrat Bernhard Kern (CSU) erkundigte sich, ob bei der Durchführung von Maßnahmen die Zufahrt zum bewohnten Gebiet, vor allem zur am Dürreck gelegenen Schule, gegeben sei. Auch hinsichtlich der Finanzierung „brauchen wir einen guten Vorausblick“. „Es ist weniger kritisch, die Maßnahme um ein Jahr zu verschieben, wenn es der Haushalt erfordert, als der Versuch, das Ganze aufzusplitten“, entgegnete Paunkner. Innerhalb eines Jahres werde es kein Verkehrsproblem geben.
Dr. Bernhard Zimmer (Grüne) fragte Paukner konkret: „Das ist alles bedrohlich, was Sie da sagen. Wie viel Zeit haben wir denn noch?“ Paukner erklärte, dass derzeit nichts darauf hindeute, dass eine Einschränkung unmittelbar bevorsteht. „Aber wenn es so weit ist, wird es schmerzhaft.“ Unter den Kreisstraßen sei die BGL 19 beim Bauamt daher auch auf Platz 1. Als Planungshorizont gab er grob an, dass man 2025 beginnen und 2027 fertig werden könnte. „Unter der Brücke Hochlenzer 1 klafft ein gigantischer Riss. Da rutscht einem das Herz in die Hose und man möchte sofort den Verkehr sperren. Aber der Riss ist wahrscheinlich schon fünf Jahre nach dem Bau entstanden und steht seitdem“, versuchte er dennoch zu beruhigen.
Sven Kluba (CSU) erkundigte sich bei der Gelegenheit noch bei Paukner über den aktuellen Stand der Saalachbrücke an der B 20. „Wir sind in der Entwurfsphase“, erklärte Paukner. Er hoffe, dass der Entwurf noch im zweiten Quartal zur Prüfung vorgelegt werde. „Ich möchte aber noch keinen belastbaren Zeitpunkt nennen, wann es an den Bau geht.“
mf
