Traunsteins Kreistag gibt Millionen frei - und diskutiert
Zuerst viel Harmonie um Haushalt und Investitionen - dann Zoff zwischen Grünen und AfD
De facto schuldenfrei präsentiert sich der Landkreis Traunstein auch heuer. Im Kreistag waren sich jetzt (fast) alle über ein millionenschweres Investitionspaket einig – bis Grüne und AfD aufeinander losgingen und Landrat Walch ein Machtwort sprechen musste.
Landkreis Traunstein/Traunreut - 274 Millionen Euro schwer ist der Haushalt 2024 des Landkreises Traunstein, der am Freitag (1. März) vom Kreistag verabschiedet wurde. Investiert wird vor allem in Kliniken und Schulen. Zusammen mit dem Berchtesgadener Land hilft man den Kliniken Südostbayern in den kommenden vier Jahren mit 94 Millionen Euro aus. „Das sind Pflichtaufgaben und die hat der Landkreis nicht zu verantworten“, so Landrat Siegfried Walch (CSU). Zusätzlich gibt man heuer neun Millionen Euro an Zuschüsse für die Kliniken.
„Wir stehen hinter den Kliniken. Da fährt der Zug drüber“, machte Walch in Traunreuter k1 klar, wo der Kreistag zusammenkam. Auch wenn Geld in die Hand genommen werden muss: „Wir garantieren die kommunale Trägerschaft.“ Vor allem auch für die rund 4000 Beschäftigen sei das von zentraler Bedeutung. In der Krankenhauslandschaft spielen die Kliniken Südostbayern laut Walch in der „Champions League“.
Allein Neubau der Berufsschule I kostet 140 Millionen Euro
Der größte Betrag fließt in den nächsten Jahren aber in die Schulen, für die der Landkreis zuständig ist. Besonders sticht der Neubau der Berufsschule I in Traunstein heraus. 140 Millionen Euro werden investiert. Wenn die Generalsanierung der benachbarten Realschule mit 35 Millionen Euro fertig ist, beginnt der Neubau der Berufsschule im Frühjahr 2025. Zu Beginn des Schuljahres 2029/30 soll alles stehen. Weitere 35 Millionen Euro werden außerdem in die Generalsanierung des Gymnasiums in Trostberg gesteckt.
Für Walch ist der Landkreis „praktisch schuldenfrei“. Denn die Rücklagen seien höher als die Darlehen. Der Schuldenstand konnte im Vergleich zum Vorjahr nochmal etwas gedrückt werden, auf jetzt 12,3 Millionen Euro. „Früher waren wir immer im ärmsten Drittel der Landkreise, jetzt liegen wir bei der Umlagekraft auf Platz 6 in Oberbayern – vor uns sind nur Landkreise im Münchner Speckgürtel.“
Grassaus Bürgermeister mahnt: Kreis spart zulasten der Kommunen
Während Finanzplanung und Investitionsprogramm bis 2027 einstimmig verabschiedet wurden, setzte es gegen den heurigen Haushalt zwei Gegenstimmen – von Manuela Pertl (Linke) und Stefan Kattari (SPD). Der Grassauer Bürgermeister störte sich daran, dass die Kreisumlage, die die Kommunen an den Landkreis zahlen müssen, wieder steigt. „Etliche Kommunen verschulden sich und der Kreis baut Rücklagen auf.“ Kitas, Feuerwehren, Grund- und Mittelschulen – auch die Kommunen müssten ihre Pflichtaufgaben stemmen, erinnerte Kattari.
Wortgefecht zwischen Mandl und Bernshausen
Kaum war der Haushalt verabschiedet, ging es in die offene Aussprache. „Wir werden angegriffen. Unsere Veranstaltungen werden immer öfter gestört“, erhob Helga Mandl ihre Stimme. Zuletzt musste die Polizei die Kreisversammlung ihrer Grünen im „Sailer Keller“ in Traunstein absichern. In Biberach (Baden-Württemberg) kapitulierte die Partei beim „Politischen Aschermittwoch“ vor Protesten. Und die tumultartigen Szenen beim Auftritt von Cem Özdemir im vergangenen Sommer im Harter Bierzelt haben alle noch im Kopf.
„Auch bei uns im Landkreis gibt es Querdenker, Reichsbürger und Rechtsextreme“, so Mandl. Sie wollten den Grünen das Veranstaltungsrecht nehmen – und die AfD versuche inzwischen, kritische Berichte des Bayerischen Rundfunks zu unterbinden. AfD-Kreisrat Joachim Bernshausen hielt gleich dagegen und sprach von einer „beispiellosen Heuchelei“. Die Grünen hätten zusammen mit „der Antifa“ von Anfang an genauso AfD-Demos gestört.
Dann wollte Trostbergs 2. Bürgermeisterin Marianne Penn (Grüne) schon ausholen, um Bernshausen Kontra zu geben – doch Landrat Walch griff ein und würgte das drohende Wortgefecht zwischen AfD und Grünen ab. Beide Parteien hätten ihre Stellungnahmen jetzt abgegeben. Und alle im Kreistag seien sich doch einig, wenn es gegen politischen Extremismus oder religiösen Fundamentalismus gehe. Bleibt zu hoffen, dass der Landrat damit recht hat.
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