Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Filialen in Landkreisen BGL und Traunstein

Modefirma Dollinger in finanzieller Schieflage: Sanierung soll möglichst viele Standorte sichern

Auf der Glasfassade eines Kleidungsgeschäfts in einer Fußgängerzone steht in dunkelgrünen Buchstaben „Dollinger“.
+
Geschäftsführerin Kathrin Proft muss jetzt das Konzept für die Insolvenz in Eigenverwaltung vorantreiben. Knackpunkt dabei: die laufenden Mietverträge.

Überraschend stellte die Modefirma Dollinger mit Sitz in Bad Reichenhall einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Wie Geschäftsführerin Kathrin Proft schildert, besserte sich die Lage trotz der Schließung von vier Filialen im Januar nicht entscheidend und es drohte die Zahlungsunfähigkeit. Jetzt erklärt sie, wie es für die verbleibenden Standorte in Berchtesgaden, Bad Reichenhall, Reit im Winkl, Ruhpolding, Salzburg und Traunstein weitergeht und worauf es nun ankommt.

Bad Reichenhall - Es war ein kurzer, aber wichtiger Lichtblick, über den sich die Geschäftsführer Kathrin und Sebastian Proft freuen durften: Der Reichenhaller Stadtrat stimmte der Nutzungsänderung einer Dollinger-Liegenschaft in eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber zu. Wie die Geschäftsführerin klarmacht, hätte auch ein ablehnendes Votum mit einer anschließenden Klage und Schadenersatzforderungen an der Entscheidung über das Insolvenzverfahren nichts geändert. „Doch damit können wir den Mietvertrag mit dem Landratsamt nach dem Umbau wieder aufleben lassen. Die Einnahmen helfen uns enorm bei der Sanierung“, bestätigt sie.

Derzeit hat sie extrem viel um die Ohren, muss unzählige Telefonate und Gespräche führen, verunsicherte Mitarbeiter aufbauen und gleichzeitig gemeinsam mit dem gerichtlich bestellten Sachwalter das Fortführungskonzept erarbeiten. Zur genauen finanziellen Situation des Unternehmens möchte sie keine Angaben machen, doch sie sagt: „Die rechtliche Voraussetzung ist eine drohende Zahlungsunfähigkeit. Die war gegeben und das war der Auslöser für die Anmeldung des Insolvenzverfahrens.“

Die Reichenhaller Filiale in der Ludwigstraße.

Keine Gefahr für die drei eigenen Marken

Sie und ihr Mann gehören quasi selbst zu den größten Gläubigern, denn: Ihre drei eigenen Marken „Hans & Felicitas“, „Stapf“ und „Kings of Indigo“ beliefern Dollinger und machen damit einen Großteil des Sortiments aus. Dementsprechend stehen auch hier offene Rechnungen aus, weshalb sich die Familie Proft direkt an den Kosten beteiligen will. „Die Folgen sind schmerzhaft, weil es teilweise zu Zahlungsausfällen kommt, aber sie sind für unsere eigenen Marken nicht existenzgefährdend, weil sie nicht von Dollinger abhängig sind“, erläutert Proft.

Die insgesamt 40 Mitarbeiter verteilen sich auf die sieben Geschäfte in Berchtesgaden, Bad Reichenhall, Reit im Winkl, Ruhpolding, Salzburg und Traunstein sowie die Verwaltung. Alle Filialen bleiben wie gewohnt geöffnet, wie das Unternehmen mitteilte. Der Schritt, eine Sanierung in Eigenverwaltung anzumelden, war laut Proft im Wesentlichen wegen „unwirtschaftlich gewordener Mietverträge“ notwendig geworden.

Trendwende nicht herbeigeführt

Wie die Geschäftsführerin erklärt, seien die Schließungen der vier Standorte im Januar richtig gewesen, weil die Mietverträge ausliefen. „Weil wir nun ein kleineres, nachhaltigeres Sortiment haben, in dem es nicht mehr die strikte Trennung in einzelne Bereiche gibt, müssen wir nicht mehr in jedem Ort doppelt vertreten sein und brauchen auch nicht mehr so große Läden wie früher“, so Proft. Zum Problem wurde, dass die verbleibenden Filialen nicht die Umsätze erreichten, mit denen nach den Schließungen geplant wurde. Hinzu kommen zu große Ladenflächen, die teilweise gar nicht mehr genutzt werden können, aber trotzdem bezahlt werden müssen.

Der Ausgang der Prüfung ist aber sehr unsicher, bei vielen anderen Händlern gab es hohe Rückforderungen.

Kathrin Proft zu den Corona-Hilfen

Zu große Mietflächen und Verwaltungskosten, die von weniger Standorten gestemmt werden mussten: Zusammengefasst waren dies laut Proft die Hauptgründe für den Start des Insolvenzverfahrens. Eine nicht unbedeutende Rolle spielten dabei auch die drohenden Rückforderungen von Corona-Hilfen, welche die Firma Dollinger in der Pandemie erhielt. „Laut der Schlussabrechnung hätten wir sogar noch Anspruch auf weitere Hilfen. Der Ausgang der Prüfung ist aber sehr unsicher, bei vielen anderen Händlern gab es hohe Rückforderungen. Das hängt wie ein Damoklesschwert über uns“, schildert sie. In Deutschland dauerten die Prüfungen und die Unsicherheit bis 2028, während in Österreich bereits beschlossen worden sei, auf Prüfungen und Rückforderungen zu verzichten. Mit der Sanierung könne hier Klarheit für die Zukunft geschaffen werden.

Mietkosten sind der Knackpunkt

Nun kommt alles auf die Gespräche mit den Vermietern an und ob es Chancen gibt, die Mietkosten auf ein wirtschaftliches Niveau zu reduzieren, das zu den Umsätzen passt. „Wir haben schon viele Maßnahmen umgesetzt, weil wir schon seit Jahren versuchen, die Kosten zu reduzieren. Der Erhalt der verbleibenden Standorte hängt stark von den Gesprächen ab: Wenn wir die Filialen erhalten, sind auch die Arbeitsplätze sicher.“

Die Entwicklung bei Dollinger kommt nicht aus heiterem Himmel und hängt viel mit der insgesamt schwierigen Lage des städtischen Einzelhandels zusammen. Trotz mehrerer Umstrukturierungen - kleineres Sortiment, weniger Filialen - gelang es nicht, den negativen Trend aufzuhalten. „Wir sind nicht die Einzigen, die zu kämpfen haben. Der Einzelhandel in den Innenstädten tut sich schwer, weil der Online-Handel weiter wächst“, sagt Proft. Im Umfeld eines schrumpfenden Marktes sich zu behaupten, sei ungleich schwieriger. Dennoch sei die Geschäftsführung überzeugt, strategisch die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben, in dem auf eigene Marken und Nachhaltigkeit gesetzt wurde.

Appell zur Stärkung des Einzelhandels

„Durch die Wirtschaftskrise haben die Menschen weniger Geld für Kleidung übrig, und dabei lässt es sich leicht und schnell sparen. Dann behält man erstmal die Klamotten und kauft sich eben keine neuen.“ In dieser Gemengelage habe Dollinger zu viel Umsatz verloren und nicht die nötigen Zahlen wie erhofft erzielt. Die Spirale drehte sich dadurch immer weiter.

Geschäftsführerin Kathrin Proft.

Wie Proft betont, fiel die Entscheidung für die Sanierung auch deshalb, „damit wir eine Chance erhalten, uns wieder so aufzustellen, dass es zu den Umsätzen passt“. Doch sie appelliert auch an die Bürger, den Einzelhandel im Allgemeinen stärker zu unterstützen. „Wir sind überzeugt, dass es weitergeht mit vielen oder allen Standorten, aber dafür brauchen wir auch die Kunden. Wie es in den Innenstädten aussieht und um den Einzelhandel bestellt ist: Das haben die Menschen, die dort wohnen und einkaufen können, in den eigenen Händen“.

Doch weil laut Proft immer weniger Menschen in den Fußgängerzonen einkaufen und auch die Folgen davon nicht wahrnehmen, müssten immer mehr Geschäfte schließen, aufgeben oder Insolvenz anmelden. „Das Gejammer ist dann immer groß, aber schlussendlich kann jeder selbst helfen“, ist sie überzeugt. (ms)

Kommentare