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Jung kauft Alt

Baukrise ohne Ende: Neues Ampel-Förderprogramm für Familien zum Scheitern verdammt?

Seit einer Woche läuft das neue Förderprogramm „Jung kauft Alt“, mit dem junge Familien sanierungsbedürftige Häuser günstig kaufen können. Experten kritisieren die strengen Bedingungen.

Berlin – Seit einer knappen Woche läuft ein neues Förderprogramm über die KfW-Bank, das junge Familien beim Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses helfen soll. Das Programm „Jung kauft Alt“ richtet sich an Familien mit kleinen und mittleren Einkommen und soll gleichzeitig dazu beitragen, die Sanierung von Gebäuden mit schlechter Energiebilanz voranzutreiben. Dafür stehen in diesem Jahr 350 Millionen Euro zur Verfügung.

Jung kauft Alt geht an den Start: Das sind die Bedingungen für eine Förderung

Gebäudesanierung ist ein Weg, Energiesparziele zu erreichen.

Das Programm richtet sich an Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind, die maximal 90.000 Euro Einkommen im Jahr haben. Bei jedem weiteren Kind kommen 10.000 Euro dazu. Einen KfW-Kredit zum Zinssatz von 1,51 Prozent (bei 35 Jahren Laufzeit und einer zehnjährigen Zinsbindung) gibt es bei einem Kind bis maximal 100.000 Euro, bei zwei Kindern bis 125.000 Euro und bei drei oder mehr Kindern bis 150.000 Euro. Die Kreditlaufzeit kann sieben bis 35 Jahre betragen, die Zinsbindung zehn oder 20 Jahre.

Das Programm „Jung kauft Alt“ kann auch mit Mitteln aus der Bundesförderung für effiziente Gebäude für einen Heizungstausch und mit Länder-Förderprogrammen kombiniert werden. Damit können die neuen Eigentümer also weitere Zuschüsse und Kredite bekommen, um das Gebäude umfangreich zu sanieren.

Wer Fördergeld bekommt, muss mindestens fünf Jahre lang auch selbst in dem Haus oder der Wohnung wohnen; zu Wohnzwecken genutzt werden muss das Gebäude insgesamt mindestens zehn Jahre lang. Um eine Zusage zu erhalten, muss die betreffende Immobilie die erste sein, die der Antragsteller jemals kauft. Damit sind auch Erben von Immobilien vom Förderprogramm ausgeschlossen, da sie als (anteilige) Immobilieneigentümer gelten.

Fahrplan für das neue Förderprogramm: Vor dem Kauf mit Energieberater sprechen

So viel zu den Konditionen – doch kann es wirklich die vorgegebenen Ziele erreichen? Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA hat Alexander Müller, Architekt und Energieeffizienzexperte von der Energieberatungsfirma Enter, seine Zweifel geäußert. Bisher hätten sie keine einzige Anfrage von potenziellen Kunden bekommen. Das ist bedeutsam, denn eine Beratung bei einem Energieberater kommt idealerweise sogar noch vor der Antragsstellung bei der KfW-Bank. Auf Anfrage unserer Redaktion konnte die Förderbank noch keine Zahlen nennen, bestätigte aber, dass Fördereinträge bereits eingegangen waren.

Wer ein sanierungsbedürftiges Haus kaufen will, sollte zunächst prüfen, ob das Haus den Anforderungen für den KfW-Kredit erfüllen würde. Also: Energieausweis prüfen (wenn das Haus keinen Ausweis hat, werden 50 Euro fällig, um eines zu bekommen) und mit einem Energieberater durch das Gebäude gehen und sich eine Einschätzung einholen, ob und wie es auf EH 70 saniert werden kann. „Da kann es im ersten Schritt auch erstmal nur um eine grobe Abschätzung gehen, es muss noch nicht detailliert durchgeplant sein“, sagt Alexander Müller.

Diese Energieklassen werden gefördert

Die förderfähigen Gebäude müssen die - schlechte - Energieeffizienzklasse F, G oder H haben; das sind 45 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland, wie das Ministerium bei der Vorstellung des Programms betonte. Binnen viereinhalb Jahren (54 Monaten) muss das Haus oder die Wohnung dann auf mindestens die Effizienzklasse 70 EE kommen - das bedeutet, dass ein Gebäude 70 Prozent der Energie verbraucht, die ein gesetzlich definiertes Standardhaus benötigt.

Es sei zwar rein formal nicht zwingend erforderlich, sich vorher beraten zu lassen. „Wenn sich dann später herausstellt, dass man das Gebäude gar nicht ohne weiteres auf EH 70 sanieren kann, dann hängt da ein ganzer Rattenschwanz dran, den man hätte vermeiden können.“ Die KfW könnte dann auch Regressansprüche geltend machen, wenn die Sanierung nicht eingehalten wird oder werden kann.

Förderprogramm Jung kauft Alt: „Das Ganze ist relativ anspruchsvoll“

Diese erste Einschätzung über mögliche Kosten für die Sanierung sind aber auch wichtig für die Kreditverhandlungen mit der Hausbank. Erst, wenn diese Details geklärt sind, kann ein Kaufvertrag abgeschlossen werden. Ganz wichtig: Die Antragstellung bei der KfW muss vor Abschluss eines Kaufvertrags erfolgen.

Allein anhand dieser ersten Schritte, noch bevor das Haus überhaupt gekauft wurde, sieht man das Problem an dem neuen Förderprogramm. „Das Ganze ist relativ anspruchsvoll. Das ist meine größte Kritik: Diese Familien, die kleine und mittlere Einkommen haben, und noch nie vorher eine Immobilie besessen haben, müssen sich ziemlich großen bürokratischen Hürden stellen. Sie müssen mehrere Ansprechpartner finden, die auch alle Geld kosten, müssen einen ausgefeilten Pfad zur Sanierung aufstellen – das ist anspruchsvoll.“

Können sich junge Familien die Sanierung der Immobilie überhaupt leisten?

Noch dazu werfen die restriktiven Förderkonditionen die Frage auf, ob Familien mit eher kleineren Einkommen die finanziellen Mittel haben werden, eine solche Sanierung in Auftrag zu geben. Das haben auch die Landesbausparkassen in der vergangenen Woche kritisiert. Immobilien mit so viel Energieverbrauch innerhalb von viereinhalb Jahren so weit zu modernisieren, „das wird entweder am Zeitrahmen oder am Geld scheitern“, erklärte der Verband der Bausparkassen dazu. 

„Der EH 70 Standard ist jetzt nicht mit absurden Kosten verbunden, das ist schon machbar“, schätzt der Energieeffizienzexperte Müller. Trotzdem müsse man schon umfangreiche Maßnahmen ergreifen: Gebäudehülle, Dach, Fenster und Heizung, die dürften alle mal angefasst werden müssen. Käufer können da selbst entscheiden, ob sie das alles auf einmal machen wollen oder über die 54 Monate verteilt nach und nach. Das wiederum lobt Alexander Müller an „Jung kauft Alt“, diese Flexibilität. „Viereinhalb Jahre sind eine lange Zeit und es gibt viele Wege nach Rom, die in diesem Programm auch beschritten werden können“.

„Jung kauft Alt“ in der Kritik: Sanierungsquote muss deutlich erhöht werden

Der Verband der Bausparkassen plädiert dafür, bei mangelnder Nachfrage die zeitlichen Vorgaben zu strecken. „Zudem könnten auch bessere Energieeffizienzklassen in die Förderung aufgenommen werden, damit der Sprung zum angestrebten Niveau kleiner und günstiger wird.“ Für den Klimaschutz sei jede Sanierung besser als keine Sanierung - und auch im Kampf gegen den Wohnungsmangel wäre mehr gewonnen, wenn möglichst viele ältere Immobilien einen Käufer fänden. 

Auch Experte Müller ist der Meinung, dass mit „Jung kauft Alt“ nicht der große Wurf erzielt wird. „Dieses Programm wird unsere sehr bescheidene Sanierungsquote, die wir zur Erreichung der Pariser Klimaziele benötigen, nicht wirksam heben“, prognostiziert Müller. „Dafür sind die Bedingungen zu restriktiv.“ Um die Klimaziele zu erreichen, müssten jährlich zwei bis drei Prozent der rund 20 Millionen sanierungsbedürftigen Wohngebäude im Land angefasst werden. 2023 lag die Sanierungsquote bei 0,88 Prozent.

Rubriklistenbild: © Jochen Tack/Imago

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