Ostdeutschland
Anti-AfD-Haltung bringt deutschem Unternehmen nach Sachsen-Wahl Schwierigkeiten
Betriebe im Osten Deutschlands sorgen sich, dass der Triumph der AfD-Wahl zu einem Verlust ausländischer Spezialisten führt. Nicht nur sie meiden einige ostdeutsche Unternehmen - auch die Einheimischen meiden sie zunehmend.
Glashütte - Mit dem Wahlerfolg der AfD bei der Landtagswahl in Sachsen und Thüringen fürchten viele Unternehmen einen geringeren Zulauf an ausländischen Fachkräften nach Ostdeutschland. Dieser sei für den Osten jedoch unabdingbar, um wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu bleiben, wie eine Studie des Instituts für Deutsche Wirtschaft (IW) zeigt. Ein sächsischer Unternehmer bemerkt dabei nicht nur Engpässe bei ausländischen Fachkräften: Auch Inländer bleiben bei Unternehmen weg, die sich offen gegen die AfD stellen. Der Kampf um qualifizierte Arbeitskräfte im Osten verschärft sich.
„Es bleiben Inländer weg“: Wie sich Bewerber von Unternehmen mit klarer Anti-AfD-Position fernhalten
Uwe Ahrendt ist der Geschäftsführer des Uhrenherstellers Nomos aus Glashütte in der Sächsischen Schweiz und dem Osterzgebirge und ist auch als Grünen-Stadtrat aktiv. Im Interview mit der FAZ äußert er zwar Besorgnis über den Mangel an ausländischen Fachkräften, fügt aber hinzu, dass es bei Nomos andersherum sei: „Es bleiben Inländer weg“. So sind Bewerber bereits abgesprungen, die sich von der klaren Anti-AfD-Position des Unternehmens abgeschreckt fühlen.
In Glashütte wählten 40 Prozent der Wähler die AfD, während die Grünen und die SPD nur 3 Prozent der Stimmen erhielten. Ahrendt erklärt dazu: „In Ostdeutschland ist der Unterschied zwischen Stadt und Land noch größer als im Westen. Und je ländlicher, desto größer ist die Zustimmung für die AfD.“ Zu Problemen in seinem Unternehmen führe das jedoch nicht. Mit rund 200 überwiegend regionalen Mitarbeitern war die Uhrenfirma auch bei einem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz gut besucht.„Wir alle wollen einfach mehr wahrgenommen werden“, erklärt Ahrendt.
Ostdeutschland braucht mehr Fachkräfte – die wollen aber nicht kommen
Eine Studie des IW von vor einem Jahr zeigte bereits, dass der Osten mehr Zuwanderung benötigt, um seine Wirtschaft am Laufen zu halten. Der Anteil der ausländischen Einwohner mit unbefristetem Aufenthaltstitel im Osten ist eineinhalbmal niedriger als im Westen. Aufgrund der politischen Orientierung des Ostens wenden sich jedoch immer mehr Menschen ab. Laut der taz sind seit der Wiedervereinigung etwa 20 Prozent der Bevölkerung im Osten verloren gegangen. Wirtschaftsweise Monika Schnitzer prognostiziert, dass der Fachkräftemangel sich verschärfen könnte und es zu erwarten sei, dass rund 20 bis 30 Prozent der Erwerbstätige in den kommenden Jahren dem Abwanderungstrend folgen werde.
Gerade junge und qualifizierte Bürger würden laut des Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die Bundesländer verlassen. „Dies dürfte einen Anstieg der Insolvenzen und einen Exodus von Unternehmen zur Folge haben“, erklärt er in der taz. Ohne Unterstützung aus dem Ausland könnten die Halbleiterfabriken in Sachsen nicht betrieben werden. Auch Investoren und Fachkräfte könnten zögern, in ein Umfeld zu investieren, das laut Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin des Pharmaindustrieverbands Pharma Deutschland, „von internationaler Ausgrenzung und Abschottung geprägt ist.“
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