Sorge vor AfD
Nach Wahl-Ergebnissen in Sachsen und Thüringen: Wirtschaftsweise appelliert an Unternehmen
Die Auswirkungen der Wahlen in Sachsen und Thüringen könnten auch die Wirtschaft betreffen. Was Wirtschaftsverbände den Unternehmen empfehlen.
Berlin – Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen bereiten nicht nur der Politik Sorgen. Die Wirtschaft ist in Aufruhr, kurz nach Bekanntwerden der Ergebnisse warnten führende Wirtschaftsvertreter vor den Konsequenzen. Für deutsche Unternehmen könnte die Wahl richtungsweisend sein. Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, weist auf die Herausforderungen hin und hat vor dem Hintergrund des Wahlausgangs einen Rat an die Firmen.
Folgen für Wirtschaft in Deutschland: „Unsicherheit“ wegen Wahlausgang in Thüringen und Sachsen
Mit der AfD als Sieger bei der Wahl in Thüringen und als zweitstärkste Kraft bei der Landtagswahl in Sachsen könnte Unsicherheit über die politische Zukunft in beiden Bundesländern bestehen. Eine Regierungsbildung in den beiden Bundesländern hält die Top-Ökonomin für schwierig. „Unsicherheit ist aber schlecht für Unternehmen, die für ihre Investitionsentscheidungen Planungssicherheit brauchen. Für die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Bundesländern ist das keine gute Nachricht“, sagte Schnitzer zu IPPEN.MEDIA.
Nach Wahlen in Sachsen und Thüringen: Sorge vor Abwanderung von Unternehmen und Fachkräftemangel
Gerade in Ostdeutschland, wo der Fachkräftemangel größer wird, könnte der Einfluss der AfD oder der BSW-Partei von Sahra Wagenknecht die wirtschaftliche Entwicklung bremsen. Viele Branchen in Deutschland leiden bereits jetzt unter dem Mangel an Fachkräften – gerade in Ostdeutschland wird das Problem schlimmer. In Zukunft könnten Betriebe in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen besonders stark betroffen sein, wie aus Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums hervorgeht. In den fünf Arbeitsmarktregionen Chemnitz, Dresden, Erfurt, Halle/Leipzig und Magdeburg werden bis 2040 insgesamt 670.000 Erwerbstätige wegfallen, berichtet der MDR.
„Viele der in den beiden Bundesländern ansässigen Unternehmen stehen im globalen Wettbewerb. Eine Umsetzung der von der AfD und dem BSW geforderten Politikmaßnahmen wie Begrenzung der Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften oder Reduzierung der europäischen Integration würde ihnen und damit der wirtschaftlichen Entwicklung der Region schaden“, warnte Schnitzer.
AfD gewinnt Wahl in Thüringen – Wirtschaftsweise Schnitzer sieht nun auch Firmen am Zug
Eine ähnliche Meinung teilt auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Er halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Wahlergebnisse zu einer Abwanderung von Unternehmen und auch Fachkräften führen werde. „Vor allem junge, gut qualifizierte und hoch motivierte Bürgerinnen und Bürger werden die beiden Bundesländer verlassen und dorthin gehen, wo sie mehr Offenheit und Wertschätzung erfahren“, sagte der Ökonom.
Schnitzer sieht nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen auch die Firmen am Zug. „Es wäre zu wünschen, dass diese Unternehmen diesen Regionen nicht einfach den Rücken kehren, sondern dass sie stattdessen für die Diskussion dieser Themen am Arbeitsplatz einen Raum schaffen, in dem auch die sonst eher stille Mehrheit zu Wort kommt“, sagte Schnitzer zu unserer Redaktion.
Indes gibt es auch einen klaren Appell an die Politik. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP nach dem Debakel bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen zum Handeln aufgefordert. „Die Ergebnisse sind ein deutliches Warnzeichen an die Ampel-Politik im Bund“, erklärte Dulger in Berlin gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Besonders der Zulauf zu den politischen Rändern zeigt die starke Verunsicherung der Menschen und das fehlende Zutrauen, dass sich unser Land in die richtige Richtung entwickelt.“
Wahl-Beben in Sachsen und Thüringen erreichen auch internationale Aufmerksamkeit
Das Wahl-Beben in Sachsen und Thüringen wird wohl auch außerhalb Deutschlands Aufmerksamkeit erregen. „Insgesamt wird das politische Umfeld zunehmend von den Rändern des Parteienspektrums dominiert. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für Frankreich. Für internationale Investoren ist das kein gutes Signal“, sagte Joachim Schallmayer, Chefstratege bei der DekaBank.
An den Kapitalmärkten dürfte der Wahlausgang allerdings keine messbaren Auswirkungen haben. „So deutlich das Ergebnis jetzt auch ausgefallen ist, es kommt alles andere als überraschend. Internationale Investoren meiden Deutschland schon lange. Die Wahlergebnisse werden an dieser Situation leider nichts zum Positiven verändern.“ (bohy)