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Fachkräftemangel

Unternehmen alarmiert: Wachsender Rechtsruck vertreibt ausländische Fachkräfte

Ein Treffen von AfD-Funktionären und Rechtsextremisten sendet Anfang des Jahres Schockwellen durch Deutschland. Die spürbaren Folgen: ausländische Fachkräfte möchten nicht mehr kommen.

Berlin – Deutsche Unternehmen kämpfen derzeit mit einem akuten Fachkräftemangel. Ausländische Fachkräfte, die normalerweise gerne nach Deutschland kommen, würden das Problem lindern. Unser Land sieht sich jedoch mit einer wachsenden Fremdenfeindlichkeit konfrontiert, was die Anwerbung ausländischer Mitarbeiter erschwert. Einige Firmen müssen sogar aufgrund des zunehmend rauen politischen Klimas zugewanderte Mitarbeiter wieder gehen lassen.

Rechtsruck vertreibt Fachkräfte aus Deutschland

Laut Berichten von ntv haben mehrere Firmen angegeben, dass ihre Mitarbeiter aufgrund des wachsenden Rechtsextremismus ihren sicheren Arbeitsplatz in Deutschland aufgegeben haben. „Zwei unserer ausländischen Mitarbeiter haben Deutschland verlassen, weil sie gesagt haben, dass sie sich hier nicht mehr wohl und sicher fühlen“, berichtet Detlef Neuhaus, Chef der Solarfirma SolarWatt aus Dresden.

Bei CAC Engineering in Chemnitz ist die Lage dramatischer: laut CEO Jörg Engelmann haben in den vergangenen zwölf Monaten 40 ausländische Beschäftigte wegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit gekündigt. „Wir tun, was wir können. Aber wir können kein Bodyguard sein. Es gibt Teile der Bevölkerung, die nicht erkennen, dass es sich um ausländische Fachkräfte handelt, die in Deutschland einen echten Beitrag leisten wollen“, führt Engelmann weiter aus.

Diskriminierung als Kündigungsgrund

Der Geschäftsführer des Chemnitzer Software-Anbieters FDTech, Karsten Schulze, äußerte sich ebenfalls zu Kündigungen ausländischer Mitarbeiter. Dabei betonte er, das Problem der Fremdenfeindlichkeit bestehe nicht nur in Sachsen oder Chemnitz, sondern deutschlandweit und sogar europaweit.

In einem weiteren Chemnitzer Softwareunternehmen, Community4You, haben einige Mitarbeiter beschlossen, in andere Teile Deutschlands umzuziehen. Darunter befindet sich auch der Geschäftsleiter Lavinio Cerquetti, der angab, dass er sich in Chemnitz manchmal aufgrund seines Migrationshintergrunds vorsichtig verhalten musste. „Ich hatte manchmal das Gefühl, dass die Tatsache, dass ich vorsichtig sein musste, auch damit zusammenhing, dass ich Ausländer bin“, sagt der Italiener. Schlussendlich zog es ihn in die Nähe von Leipzig, wo er eine kosmopolitischere Atmosphäre erlebte

Demonstration gegen Rechtsextremismus in Rostock.

Ostdeutschland besonders stark von Rechtsextremismus betroffen

Laut einer Umfrage der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus den Jahren 2022 und 2023 ist Deutschland zwar ein attraktives Ziel für ausländische Fachkräfte. Dennoch berichteten viele der 30.000 Befragten von Diskriminierungserfahrungen nach ihrem Umzug. 

Laut Angaben des Bundesinnenministeriums hat sich die Anzahl der Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund zwischen 2013 und 2022 mehr als verdreifacht und liegt nun bei über 10.000 Fällen. Gleichzeitig prognostizieren offizielle Schätzungen, dass Unternehmen im Jahr 2035 sieben Millionen Fachkräfte fehlen werden – bedingt durch den demografischen Wandel.

Besonders deutlich wird dieser Trend im Osten Deutschlands, wo ein spürbarer Rechtsruck zu verzeichnen ist. Dies ist unter anderem auf die Schließung von Unternehmen nach der Wiedervereinigung 1990 zurückzuführen, was zur Abwanderung eines beträchtlichen Teils der jüngeren Bevölkerung geführt hat. Ein Beispiel dafür ist Chemnitz, das frühere Karl-Marx-Stadt, dessen Einwohnerzahl seitdem um etwa 20 Prozent auf 250.000 gesunken ist. Parallel dazu hat sich der Anteil ausländischer Einwohner von zwei auf 14 Prozent erhöht, wie eine Analyse des örtlichen FOG-Instituts für Markt- und Sozialforschung zeigt.

Die AfD profitiert von dieser Stimmung

Diese Dynamik begünstigt die Alternative für Deutschland (AfD), eine Partei, die teilweise als rechtsextrem betrachtet und vom Verfassungsschutz überwacht wird. Mit den bevorstehenden Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern könnte sie die stärkste politische Kraft werden. Prominente Mitglieder der Partei verbreiten kontinuierlich rassistische Verschwörungstheorien, wie die des „Großen Austauschs“, die besagt, dass die politische Elite angeblich die weiße europäische Bevölkerung durch nicht-weiße Einwanderer ersetzen will.

Im Januar 2024 erregte ein Bericht des Recherchenetzwerks Correctiv Aufsehen, der ein Treffen zwischen AfD-Funktionären und Rechtsextremen aufgedeckt hatte. Dabei wurde unter anderem die Idee einer Massenausweisung von Einwanderern diskutiert. Einer der Redner bei diesem Treffen war der als rechtsextrem eingestufte Martin Sellner, der seit Jahren die sogenannte „Remigration“ befürwortet, die nichts anderes als Abschiebungen bedeuten soll.

Die Wirtschaft positioniert sich gegen rechts

Die zunehmende Besorgnis über eine verschärfte Einwanderungspolitik betrifft nicht mehr nur kleine und mittelständische Unternehmen, sondern auch Führungskräfte großer Konzerne in Deutschland und den Niederlanden. Die Manager befürchten, dass sie im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte ins Hintertreffen geraten könnten.

Kürzlich hatte sich ebenso der Bundesbank-Chef, Joachim Nagel besorgt über den Rechtsruck in Deutschland geäußert. Der steigende Rechtsextremismus würde Fachkräfte aus dem Ausland abschrecken und den Wohlstand gefährden, sagte er. „Ich appelliere an alle, die Gefahr des Rechtsextremismus nicht auf die leichte Schulter zu nehmen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Rubriklistenbild: © Jens Büttner/dpa

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