„Teheran brennt“
Israel greift Iran-Gasfelder an: Erinnerungen an Energiekrise werden wach – doch es gibt einen Unterschied
Israel hat ein wichtiges Gasfeld im Iran attackiert. Jetzt drohen Preiserhöhungen. Welche Auswirkungen hat der Krieg gegen den Iran auf Deutschland?
Tel Aviv – Innerhalb weniger Tage ist die Lage im Mittleren Osten eskaliert. Zuerst riet US-Präsident Donald Trump seinen Diplomaten in Israel, sich in Sicherheit zu bringen, dann warnte die internationale Atom-Agentur vor einer kritischen Schwelle der Uran-Anreicherung im Iran. Am Wochenende nach dem 13. Juni tauschten Israel und der Iran massenhaft Raketenangriffe aus. Experten fürchten einen Ölpreis-Schock oder gar eine Blockade in der Straße von Hormus. Was bedeuten die Angriffe für die Energie-Exporte des Iran?
Israel greift Iran an – Drohne trifft Gasfeld und „Teheran brennt“
In dem zunehmenden Konflikt zwischen Israel und dem Iran kommt jetzt immer mehr die Energiebranche unter Beschuss. Am Samstag (14. Juni) meldete der Iran eine „massive Explosion“ bei einer Raffinerie nahe Buschehr. Die Anlage in der Hafenstadt Kangan, gelegen im südlichen Iran, stehe in Flammen – so berichtete es die iranische Nachrichtenagentur Fars. Israel habe Abschnitt 14 des Gasfelds Pars-Süd mit einer Drohne angegriffen.
Als Reaktion griff der Iran ebenfalls israelische Energieinstitutionen an. T-Online berichtete unter anderem von iranischen Angriffen auf die israelische Stadt Haifa, in der Raffinerien stehen, sowie von israelischen Schlägen auf ein Treibstoffdepot in der iranischen Hauptstadt Teheran. „Teheran brennt“, teilte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz auf X mit.
Hintergrund des Ganzen sind verstärkte israelische Angriffe auf Ziele im Iran. Unter anderem hat das Land mehrere Atom- und Militäranlagen bombardiert. Laut der Nachrichtenagentur AFP sind die Chefs der iranischen Armee und der Revolutionsgarden bereits getötet, fast die gesamte Führungsspitze der Luftwaffe der Revolutionsgarden ebenso.
Gas-Exporte aus dem Iran – einen großen Teil braucht das Land selbst
Was bedeutet das für den Rest der Welt? Hier gibt ein Blick auf die aktuellsten Zahlen der Energy Information Administration (eine Behörde der US-Regierung) Aufschluss. Dieser zufolge war der Iran im Jahr 2023 der viertgrößte Produzent von Rohöl und 2022 der drittgrößte Hersteller von Erdgas. Einige der größten Vorkommen gesicherter Erdöl und -gasreserven befinden sich im Iran. Im Jahr 2023 stand das Land auf dem dritten Platz der größten Ölvorkommen und bei den Gasreserven auf dem zweiten.
Gerade die Erdgasfelder konzentrieren sich auf ein Gebiet im Südwesten des Landes; Felder wie Aghar, Halegan und Sefid Baghun liegen vergleichsweise dicht beieinander. Allerdings braucht das Land einen größeren Anteil dieser Produktion für sich selbst. Erdgas macht 68 Prozent des iranischen Energieverbrauchs aus.
Dabei hat der Iran das Problem, dass schwere Sanktionen auf dem Land liegen. Außerdem ist die Ölproduktion beschränkt, weil Irans Ölsektor angeblich nicht ausreichend Investitionen zugeführt werden. Trotzdem ist auch der Rest der Welt betroffen, sobald die Gasproduktion des Landes Rückschläge (wie etwa durch Israels Militär) erleidet.
Steigende Energiepreise nach Raketenangriff – Israel-Iran-Konflikt trifft die Weltmärkte
Das zeigte sich bereits am Freitag (13. Juni). Die Deutsche Presse-Agentur berichtete von „deutlichen“ Reaktionen an den Rohstoffmärkten. Sowohl beim Erdöl als auch beim Erdgas zogen die Preise deutlich an. Benzin und Diesel kosteten am Freitagnachmittag schon zwei Cent pro Liter mehr als 24 Stunden zuvor. Das teilte der ADAC mit, und schätzte, dass die Mineralölkonzerne die höheren Rohölpreise „wahrscheinlich“ schnell an die Autofahrer weitergeben würden.
An den Aktienmärkten kam Sorge auf. Auf die Nachrichten aus Nahost hin waren moderate Verluste zu verzeichnen. Wie immer in Krisenzeiten erlebten Gold und Staatsanleihen ein Nachfrageplus.
Droht die Energiekrise? – Parallelen zu Russland-Überfall
Diese Entwicklung bei den Energiepreisen lässt Parallelen zum russischen Überfall auf die Ukraine im Frühjahr 2022 aufkommen. Damals hatte es vier Tage gedauert, bis sich die Energieminister der Europäischen Union zu einem Krisentreffen versammelten. „Darüber hinaus führen diese Militäroperationen zu einem Anstieg der Gaspreise in der EU sowie der internationalen Ölpreise“, teilte die EU mit.
Fast einen geschlagenen Monat später besprachen EU-Offizielle „Maßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen gestiegener Energiepreise“. Im Dezember 2022 einigte sich der EU-Rat auf eine befristete Notmaßnahme, mit der Phasen „übermäßig hoher Gaspreise“ begrenzt werden sollten.
Iran-Exporte bleiben deutlich zurück – Deutschland braucht das Gas nicht
Es gibt jedoch zwei grundsätzliche Differenzen. Erstens litt Europa bereits vor dem russischen Angriff unter einer Energiekrise, zweitens erlaubte die Infrastruktur zwischen Europa und Russland einen extrem hohen Gasfluss. Der Iran liefert längst nicht so viel Gas nach Europa, wie es Russland einst tat. 87 Prozent der Erdgas-Exporte des Irans fließen in den Irak und in die Türkei – wobei allerdings die Türkei-Exporte im Jahr 2023 wegen technischer Probleme im Iran einbrachen.
Jedoch kommt dem Iran eine spezielle Rolle dabei zu, wenn andere Länder sich von russischen Öl-Lieferungen lösen wollen. In der Vergangenheit hatte zum Beispiel Indien mit dem Gedanken gespielt, sich mehr an die Ölstaaten im Mittleren Osten zu wenden, sollten ihre Öl-Exporte billiger werden als die russischen.
Rubriklistenbild: © IMAGO / Anadolu Agency
