Union und SPD sprechen über Koalition
Überraschung bei Rente und Schuldenbremse? Sondierungsgespräche fordern Merz und Klingbeil heraus
Die Sondierungsgespräche über eine mögliche GroKo haben begonnen. Wirtschaftsthemen wie Rente und Schuldenbremse werden nicht zu kurz kommen – eine Härteprobe für SPD und Union?
Berlin – Utopie oder ist das realistisch? CDU-Chef und künftiger Kanzler Friedrich Merz will nach dem Sieg der Union bei der deutschen Bundestagswahl eine neue Regierung bilden – bis Ostern. Die ersten Sondierungsgespräche haben begonnen, einige Gesprächsthemen sind bereits durchgesickert. Für Merz könnte es eine Herausforderung werden, mit SPD-Co-Chefs Lars Klingbeil und Saskia Esken Konsens bei einigen Knackpunkten zu finden. Denn wenn nicht, heißt es wohl: GroKo ade.
Union und SPD beginnen Sondierungsgespräche: Aussicht auf Koalitionsverhandlungen
Eine zentrale Rolle bei den Sondierungsgesprächen wird die Finanzpolitik sein. Eine schwarze-rote Koalition ist nach der Bundestagswahl die wahrscheinlichste Regierung. Es werden allerdings schwierige Verhandlungen erwartet – bei Themen wie Migration, Schuldenbremse und Ukraine-Politik gibt es deutliche Differenzen. Auch die Rente wird in den Fokus rücken – insbesondere Diskussionen über die Stabilisierung des Rentenniveaus.
Die SPD hatte vor der Bundestagswahl deutlich gemacht, dass sie das Rentenniveau stabil halten will. So hat SPD-Generalsekretär Matthias Miersch die Festschreibung des Rentenniveaus bei 48 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens zur Bedingung für eine künftige Regierungskoalition gemacht.
Rente wird eines der Fokusthemen bei Sondierungsgesprächen zwischen SPD und Union sein
„Wir werden keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem das Rentenniveau nicht gesichert wird. Und wir werden in den ersten 100 Tagen in einer neuen Regierung das Rentenniveau bei 48 Prozent festschreiben, um Rentenkürzungen zu verhindern“, sagte Miersch der Rheinischen Post. Das sei ein SPD-Versprechen. Vor ihrem Auseinanderbrechen hatte die Ampel-Koalition ein Rentenpaket entworfen, mit dem das Rentenniveau bis 2039 stabil bei 48 Prozent gehalten werden sollte.
Die Union will Menschen bzw. Rentner zum Arbeiten animieren. Dafür plant die CDU die sogenannte „Aktivrente“. Wer im eigentlichen Ruhestand freiwillig arbeitet, soll nebenbei bis zu einem Gehalt von 2000 Euro steuerfrei dazuverdienen können. Im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl soll es umgehend umgesetzt werden.
Die Union forderte vorher in ihrem Grundsatzprogramm die Abschaffung der Frührente ab 63 – eine Forderung, die sie im Wahlprogramm allerdings nicht wiederholte. Im Wahlprogramm hält die Union fest, dass die sogenannte „Rente mit 63“ beibehalten werden soll und nicht, wie im Grundsatzprogramm der Union eigentlich festgeschrieben ist, abgeschafft. „Rentenkürzungen wird es mit uns nicht geben“, betont die Union in dem Papier. Es soll keine Erhöhung der Regelaltersgrenze geben, heißt es nun vonseiten der Union.
Schuldenbremse bei Sondierungen – wie stehen die Chancen auf einen Konsens zwischen Merz und Klingbeil?
Diskussionen über die Schuldenbremse erhitzen jüngst die Gemüter. Berichten zufolge führte Merz mit den Sozialdemokraten Gespräche, Milliarden-Sonderausgaben für die Rüstung auf den Weg zu bringen. Es geht dabei offenbar um die Summe von 200 Milliarden Euro. Die Christdemokraten und SPD versuchen wohl zur Stärkung der Bundeswehr die Beschränkungen der Schuldenbremse zu umgehen. Bloomberg berichtet, dass Merz das neue Milliarden-Paket noch durch den alten Bundestag bringen möchte.
Die möglichen Pläne für die Finanzierung der Bundeswehr dürften die Diskussionen über eine Reform der Schuldenbremse angestoßen haben. Eine Reform der Schuldenbremse schließt Merz bislang aus. „Die Schuldenbremse bleibt“, stellte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, am Donnerstag im ZDF noch einmal klar. Die Schuldenbremse zu lösen würde bedeuten, die derzeitigen Probleme zu Lasten künftiger Generationen zu lösen, so Frei weiter.
Die SPD drängt auf eine Reform – unter anderem, um mehr Geld für die Verteidigung ausgeben zu können. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) forderte die Union jüngst in der Bild auf, die Schuldenbremse zu reformieren, damit die Bundeswehr mehr Geld bekommen kann. „Für die auskömmliche Ausstattung der Bundeswehr ist eine Ausnahme von der Schuldenbremse praktisch unumgänglich“, sagte er.
Was sind Sondierungsgespräche?
Sondierungsgespräche könnte man auch Vorverhandlungen nennen. Wenn die politischen Parteien Sondierungsgespräche führen, wollen sie in der Regel ausloten, welche Kompromisse möglich sind und ob es sich lohnt, weiter an einer gemeinsamen Regierungsbildung zu arbeiten.
Bewerten die politischen Parteien die Sondierungsgespräche erfolgsversprechend, verabreden sie sich in der Regel anschließend zu Koalitionsverhandlungen.
Teilnehmende bei Sondierungsgesprächen: Wer Union und SPD vertritt
Bei dem Treffen dürfte es aber auch vor allem darum gehen, erste grobe Linien und einen Zeitplan für das weitere Vorgehen abzustecken. Merz hat wiederholt deutlich gemacht, dass er angesichts der großen Herausforderungen keine Zeit verlieren und bis Ostern eine Regierung bilden möchte. Klingbeil betonte aber wiederholt, dass es keinen Automatismus einer Regierungsbeteiligung der SPD gebe.
Für die SPD sondieren die Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken, außerdem Verteidigungsminister Boris Pistorius und Arbeitsminister Hubertus Heil. Ebenfalls im Verhandlungsteam: Generalsekretär Matthias Miersch, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, die beiden Ministerpräsidentinnen Manuela Schwesig und Anke Rehlinger sowie der Chef der NRW-SPD, Haushaltsexperte Achim Post.
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