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Antriebstechnik
Herausforderungen der Autoindustrie, die das Festhalten am Verbrenner mit sich bringt
Die deutsche Automobilindustrie zögert, Verbrennungsmotoren zugunsten der E-Mobilität zu reduzieren. Dies führt offenbar zu Spannungen mit Zulieferern.
Berlin/München - Der Wandel weg vom Verbrenner hin zu Elektromobilität lässt das Fundament der deutschen Autoindustrie gehörig wackeln. Mit Benzin- und Dieselmotoren verdienten die großen Konzerne über Jahrzehnte viel Geld, ein verändertes Wettbewerbsumfeld verbunden mit hohen Produktionskosten zwingen zur Modernisierung.
Dabei ist nicht nur die Lage in den Chefetagen von Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW angespannter, auch das Verhältnis zu den Zulieferern ist Berichten zufolge schwieriger geworden. Wie die WirtschaftsWoche schildert, basiert dies auf der unsicheren Zukunftsplanung in der Autobranche.
Deutsche Autoindustrie hält Verbrenner am Leben – Absatz nach wie vor lukrativ
Auf E-Mobilität haben sich VW und Co. schon lange eingerichtet, doch die Zögerlichkeit der Antriebswende trifft die Hersteller. Es gibt neue Player auf den Weltmärkten, die im Fall von Tesla bei Elektroautos selbst zur Institution wurden, dazu kommen neuerdings chinesische und weitere Automarken, die auf mehr Absatz drängen.
Ursprünglich hatten viele Hersteller, darunter auch Volkswagen, geplant, die Produktion von Verbrennermodellen zu reduzieren und sich verstärkt auf Elektroautos zu konzentrieren. Doch diese Pläne wurden verschoben und Modelle mit traditionellem Antrieb erfreuen sich ungebrochen einer großen Beliebtheit. Diesen Mechanismus dann zu drosseln, fällt schwer. Die Folge: Niemand weiß genau, welche und wie viele Bauteile in den kommenden Monaten gebraucht werden.
Verbrenner und E-Mobilität: Schwankungen setzen Zulieferer unter Druck
Diese Unsicherheit führt zu Herausforderungen in der gesamten Lieferkette, die bei VW derzeit offenbar zu größeren Produktionsausfällen führen. Der WirtschaftsWoche zufolge stehen Zulieferer unter Druck, weil Autohersteller wie in Wolfsburg plötzlich mehr Bauteile benötigen. Dabei können Angestellte laut dem Bericht zeitweise nicht arbeiten, weil Zulieferer es nicht schaffen, Teile für das Verbrennermodell VW Golf pünktlich zu liefern.
Den Angaben zufolge liege dies jedoch eher am Hersteller als an den Zulieferern: Im VW-Management habe man schlicht die Absatzentwicklung falsch eingeschätzt. Weil in der Vergangenheit kommuniziert wurde, dass die Verkaufszahlen von Verbrennermodellen sinken, passten Zulieferer ihre Produktionskapazitäten an.
Deutsche Autoindustrie: Zulieferer haben Probleme mit unerwartet hoher Nachfrage
Von der Arbeitnehmervertretung gibt es diesbezüglich offenbar Kritik am Management: Die Auftragsbücher für Verbrennerautos seien voll, doch der Vorstand bekommt es nicht hin, „die nötigen Teile ranzuschaffen“. Es geht um Zulieferer, Lieferketten für den Fahrzeugbau und die Logistik. Schwer wiege demnach der Fehler, dass für jedes Bauteil lediglich ein Zulieferer eingesetzt wird - und damit keine Alternativen.
Ein Hauptgrund für die Engpässe ist den Angaben zufolge die gestiegene Popularität von Hybridfahrzeugen. „Man stellt die gesamte Lieferkette auf die ursprünglich prognostizierte Nachfrage ein. Wenn dann die Verbraucher plötzlich deutlich mehr Verbrenner und Hybride kaufen, fehlt irgendwo in der Lieferkette manchmal die Flexibilität, so viele zusätzliche Teile zu produzieren“, wird Holger Klein, CEO von Zulieferergigant ZF Friedrichshafen zitiert.
Von der Bildfläche verschwunden: Zehn große Automarken, die es nicht mehr gibt
Versucht Volkswagen, Kosten auf Zulieferer abzuwälzen?
Dem Bericht zufolge versuchen dabei Hersteller, entstandene Mehrkosten der Produktion auf die Zulieferer abzuwälzen. Die WirtschaftsWoche beruft sich auf einen Insider, der diese Begebenheit konkret über Volkswagen erläutert.
Die Spannungen rühren dabei nicht auf von wirtschaftlichen Unsicherheiten: Auch politische Debatten und Entscheidungen sorgen für die Frage, ob Benzin- und Dieselmotoren womöglich doch eine Zukunft haben (“E-Fuels“). Das ist jedoch kein Wunder: Es handelt sich um nichts weniger als das langjährige Herzstück der deutschen Schlüsselindustrie und ein Loslassen fällt schwer.
Auf Nachfrage von IPPEN.MEDIA äußert sich mit Mercedes-Benz ein deutscher Autokonzern selbst über die Thematik.
Deutsche Hersteller und das Verbrenner-Aus: „Kunden entscheiden, was gekauft wird“
Schließlich haben auch die Stuttgarter ihre „Electric only“-Maxime verworfen und werden länger als geplant, Geld mit Verbrennermodellen verdienen. „Kunden entscheiden, was gekauft wird. Entsprechend der Entwicklungen verändert sich auch die Auftragslage für Zulieferer, die sich ebenfalls in einem anspruchsvollen Wettbewerbsumfeld befinden“, erläutert uns ein Mercedes-Sprecher. Das zeigt sich mitunter am geplanten Stellenabbau bei ZF Friedrichshafen. Was passiert, wenn gemäß dem Bedarf weniger oder mehr Komponenten benötigt werden als vereinbart, sei in Verträgen festgehalten. Bei der Premiummarke seien dem Sprecher zufolge keine diesbezüglichen Probleme bekannt.
Während die Elektroauto-Technologie weiterhin als zukunftsweisend gilt, könnten Verbrenner-Ambitionen den Fortschritt hemmen, fürchten Skeptiker. Dies passiert in einem Umfeld, in dem europäische Autobauer angesichts des härteren Konkurrenzkampfs auf Kernmärkten wie China zunehmend Druck spüren, ihren vermeintlichen Rückstand aufzuholen. (PF)