Wahlen im Osten
Warnung vor AfD und BSW: Diese Parteien „verstehen die wirtschaftlichen Herausforderungen nicht“
Ökonomen warnen vor der AfD und dem BSW. Sie fürchten negative Auswirkungen auf Deutschlands Wirtschaft. Besonders besorgt sind sie um Thüringen.
Berlin – Immer mehr Ökonomen fürchten um wirtschaftliche Belastungen, ausgelöst von Wahlerfolgen der Randparteien Alternative für Deutschland (AfD) und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Besonders besorgniserregend ist die Lage in den Bundesländern Sachsen und Thüringen, in denen die AfD erst kürzlich enorme Gewinne zu verzeichnen hatte. Das ist jedenfalls die Meinung von 185 Volkswirten, die das Münchner Ifo-Institut für das Ökonomen-Panel der F.A.Z. befragt hatte.
Ökonomen warnen vor Aufstieg von AfD und BSW – Gefahr der Abwanderung wächst angeblich
Etwa zwei Drittel (67 Prozent) der Ökonomen sahen für Sachsen eine negative oder sogar sehr negative wirtschaftliche Entwicklung voraus, ausgelöst durch das Ergebnis der Landtagswahl. Noch pessimistischer waren die Volkswirte hinsichtlich Thüringen: Hier glaubten 74 Prozent an eine mindestens negative wirtschaftliche Entwicklung.
Die meisten Wirtschaftsexperten, die vor AfD und BSW warnen, argumentieren dabei mit der Gefahr von Abwanderung von Unternehmen sowie einem möglicherweise eintretenden Mangel von (vor allem ausländischen) Fachkräften. Auf der Gegenseite gab es einen kleineren Teil von 20 bis 30 Prozent der Ökonomen, die wirtschaftlich positive Effekte für beide Länder prognostizieren.
Anfang September hatten sowohl die AfD als auch das BSW deutliche Gewinne bei zwei Landtagswahlen eingefahren. In Sachsen erhielt die AfD 30,6 Prozent aller Stimmen und war damit beinahe so stark wie die CDU. Das BSW kam auf 11,8 Prozent. Bei der Wahl in Thüringen erreichte die AfD 32,8 Prozent; damit hängte sie sogar die CDU ab. Seit vielen Jahren ist das Markenzeichen der AfD eine deutliche Kritik an der Migrationspolitik der Großen Koalition und später der Ampel-Koalition.
„Beschleunigung der Deindustrialisierung“ – AfD und BSW sollen für Abschottung sorgen
Für Daniel Hannemann, Gründer der Stromspeicherfirma Tesvolt aus Wittenberg (Sachsen-Anhalt), sind durch den Rechtsruck weitere negative Konsequenzen für Standorte in den anderen neuen Bundesländern kein Ding der Unmöglichkeit. Im Spiegel sagte der Unternehmer: „Das ist die Beschleunigung der Deindustrialisierung Ostdeutschlands. Die Wohlfahrtsverluste werden zunehmen, die Spreizung zwischen Arm und Reich größer werden.“
Laut dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, steht die AfD für Protektionismus und die Abschottung vom Rest Europas. Weniger Zuwanderung von Fachkräften, weniger Offenheit, weniger Vielfalt – all das soll auf Bundesländer zukommen, in denen die AfD auf dem Vormarsch ist.
Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim sagte dazu in der FAZ: „Verfestigt sich gesamtdeutsch der Trend der Wähler zu den Rändern und zu Parteien rechts und links, welche die wirtschaftlichen Herausforderungen nicht verstehen, wird das den ökonomischen Abstieg Deutschlands besiegeln.“
„Energiepolitische Sünden“ – Ökonom nimmt Ampel für Aufstieg von AfD und BSW in die Pflicht
Allerdings trägt auch die Ampel eine Mitschuld, sollten diese wirtschaftlichen Konsequenzen tatsächlich eintreten. Das jedenfalls findet Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des Ifo-Instituts. Im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) rechnete Sinn mit der Politik der Ampel ab – vorrangig mit den Grünen. Mit deren Ordnungspolitik, dem „erzwungenen“ Verbrenner-Ausstieg und „weiteren energiepolitischen Sünden“ sorge man in Deutschland für nicht weniger als eine Deindustrialisierung.
Die aktuelle Entwicklung scheint ihm recht zu geben: Seit Monaten ist immer wieder von Werksschließungen und Insolvenzen zu hören. Sogar der deutsche Industrie-Riese BMW erwägt mittlerweile Werksschließungen und – was derzeit für massive Kritik sorgt – Entlassungen. „Kein Wunder, dass links und rechts neue Parteien entstanden sind, die diesen Kurs nicht mittragen wollen“, erklärte Sinn dazu. Für ihn ist das ein Zeichen dafür, dass die Bevölkerung die aktuelle Entwicklung nicht mehr mittragen will.
Zuletzt kritisierte er den Umgang der Altparteien mit den „Newcomern“. Die „selbstgefälligen Brandmauern und Schmähungen“ seien ein Zeichen der Schwäche und eine Erklärung für die Niederlage der Ampel-Koalition bei den Wahlen. Allerdings sieht Sinn keine negativen Auswirkungen, sollte sich die AfD an den Landesregierungen in Thüringen oder Sachsen beteiligen.
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