„Käufer haben jetzt große Probleme“
China verschärft Engpass bei wichtigem Rohstoff – „Käufer haben jetzt große Probleme“
Europa ist bei zentralen Rohstoffen auf China angewiesen. Antimon gehört dazu. Ein kanadischer Konzern könnte ein schwerwiegendes Problem lösen.
Vancouver, British Columbia – Was Russland bei der Gasversorgung für Deutschland war, ist China bei wichtigen Rohstoffen für ganz Europa. Westliche Unternehmen versuchen, eigene Förderstätten zum Laufen zu bringen. Zwei Beispiele dafür sind Norge Mining, das sich auf Phosphat in Norwegen spezialisiert hat, oder Almonty Industries, das in Südkorea Wolfram fördern will. Allerdings tun sich bei einem weiteren kritischen Rohstoff gravierende Probleme auf: Antimon.
Kanada-Unternehmen will in Europa fördern – Europa ist beim Antimon von China abhängig
Was ist Antimon überhaupt und warum ist es so wichtig? Hier eignet sich ein Blick auf die Liste der kritischen Rohstoffe, die die Europäische Kommission zusammengestellt hat. Antimon gehört mit zu den Rohstoffen, die in absehbarer Zukunft unschätzbar wichtig für die Produktion sein werden, gleichzeitig aber so selten sind, dass Länder und Unternehmen nur schwer an sie herankommen. „Es ist für zahlreiche Anwendungen unverzichtbar, darunter 300 Munitionsarten für den Verteidigungssektor, Flammenschutzmittel, Solarglasplatten und vieles mehr“, verrät Scott Eldridge, CEO des Unternehmens Military Metals aus Kanada, gegenüber IPPEN.MEDIA.
Das Center for Strategic and International Studies (CSIS) listet darüber hinaus panzerbrechende Munition, Nachtsichtgeräte und Infrarot-Sensoren auf, für die Antimon ein Schlüsselrohstoff ist. Die Konflikte in der Ukraine und im Mittleren Osten hätten die ohnehin schon belasteten Lieferketten für Antimon zusätzlich getroffen, weil der Bedarf für Munition und Verteidigungstechnologien drastisch gestiegen ist.
Das große Problem dabei: Die Minenreserven von Antimon sind stark auf China, Russland und Tadschikistan konzentriert. „Zudem kontrolliert China den Großteil der weltweiten Schmelz- und Raffinierungskapazitäten“, erklärte Eldridge. Das sei von großer Bedeutung, da die Minen nur ein Konzentrat mit einem Antimongehalt von etwa 70 Prozent produzieren – es sei noch kein handelsübliches Produkt.
China schränkt Exporte von Antimon ein – „Käufer haben jetzt große Probleme“
Allerdings gibt es ein noch größeres Problem als die ohnehin schon herrschende Knappheit. China hatte im Sommer 2024 Exportbeschränkungen auf Antimon gelegt, sodass Länder und Unternehmen es noch einmal schwerer haben, an den wertvollen Rohstoff zu gelangen. Vonseiten der chinesischen Regierung hieß es dazu, dass sie den Export von Antimon verhindern werde, sofern diese Exporte dazu genutzt würden, „Chinas nationale Sicherheit, Eigenständigkeit und Entwicklungsinteressen“ zu stören.
Angesichts dessen, dass Antimon eben für die Verteidigungsindustrie eine wichtige Rolle spielt, könnte das bereits eine Maßnahme sein, um China in einem etwaigen bewaffneten Konflikt einen Vorteil gegenüber anderen Ländern zu verschaffen. Das CSIS hatte bereits davor gewarnt, dass die Antimon-Beschränkungen nur einer von vielen Schritten sei, die das Reich der Mitte derzeit durchführt, um westliche Märkte im Würgegriff zu halten. Vorher seien bereits Beschränkungen auf Exporte von Grafit, Gallium und Verarbeitungstechnologien für Seltene Erden in Kraft getreten. Das hatte in den Sektoren für Halbleiter, Elektroautos und der Verteidigungsindustrie für Alarm gesorgt.
„Käufer von Antimon haben jetzt große Probleme damit, den Rohstoff in ihre Hände zu bekommen. Westliche Regierungen und Unternehmen haben die Erkundung von Antimon nicht ausreichend unterstützt – immerhin war China eine zuverlässige Quelle – aber nur einen Handelspartner zu haben, sorgt vorhersehbar für exakt solche Szenarien“, teilte Eldridge mit.
EU-Gesetz soll Abhängigkeiten verringern – das ist der Critical Raw Materials Act
Das gilt sowohl für die USA als auch für Europa und Deutschland. „Sie können sich keine stabile und vorhersehbare Antimon-Versorgung sichern“, warnte Eldridge. Allerdings hatte die Europäische Union (EU) bereits reagiert. Der sogenannte Critical Raw Materials Act soll die Rohstoffversorgung Europas diversifizieren. Neben Antimon hatte die EU Rohstoffe wie Lithium, Titan, Wolfram und Grafit auf die Liste der besonders seltenen Rohstoffe gesetzt.
Außerdem sollen bestimmte Zielmarken dafür sorgen, dass sowohl in der Förderung und Verarbeitung, als auch im Recycling und im Verbrauch ein Mindestwert an heimischen Kapazitäten vorhanden sein muss. Zum Beispiel müssen mindestens 40 Prozent der pro Jahr recycelten Rohstoffe aus heimischer Kapazität stammen. Nicht mehr als 65 Prozent des jährlichen Verbrauchs darf aus einem einzelnen Drittland außerhalb der EU stammen.
Auf diese Weise will die EU sicherstellen, dass keine Abhängigkeiten entstehen und es zu Problemen kommt, wie es China bei der Antimon-Versorgung ausgelöst hat.
Die Slowakei als Antimon-Goldgrube – Military Metals will Förderung forcieren
Speziell in Europa sieht Eldridge die Slowakei als einen Hoffnungsträger bei der Versorgung mit Antimon. „Die Slowakei verfügt über hervorragende geologische Voraussetzungen für solche Vorkommen und könnte potenziell eine inländische Quelle für die EU und Deutschland darstellen“, erklärte er auf Anfrage. Military Metals hatte sich dort bereits ein Projekt gesichert. Dieses sei von den verschiedenen Projekten, die das im kanadischen Vancouver sitzende Unternehmen hält (davon einige auch in Nordamerika), am fortgeschrittensten.
Der Grund dafür ist, dass die Förderung in einer alten Sowjet-Anlage stattfindet, die Military Metals lediglich noch auf einen moderneren Standard bringen muss. Unter Berücksichtigung des aktuellen Preises (Stand März 2025) glaubt Eldridge, dass sich aus dieser Mine Antimon im Wert von drei Milliarden US-Dollar fördern lasse. Damit könnten sowohl Europa als auch Deutschland versorgt werden. Als der Antimon-Bedarf nach dem Kalten Krieg zurückging, hatten die Sowjets das Projekt einst vernachlässigt.
Antimon für Deutschland – Rüstungsindustrie bleibt still
Aber wird Military Metals das auch tun? „Ja“, sagte Eldridge zu IPPEN.MEDIA. „Während wir unser Projekt in der Slowakei weiter vorantreiben, haben wir vor, in Austausch mit deutschen Firmen im Verteidigungssektor zu gehen. Diese werden vermutlich interessiert an einer kommerziellen Beziehung sein, in dem wir sie mit Antimon versorgen könnten.“ Eldridge schließt dabei auch Unternehmen außerhalb des Rüstungssektors nicht aus. „Wenn es deutsche Unternehmen gibt, die Produkte herstellen, die Antimon als Flammschutzmittel benötigen, oder wenn es deutsche Unternehmen gibt, die Solarglasmodule herstellen, würden wir uns ebenfalls gerne mit ihnen unterhalten.“
Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA, ob die deutsche Rüstungsindustrie tatsächlich unter einer Knappheit von Antimon leidet, hatte sich lediglich thyssenkrupp gemeldet. „Das Halbmetall findet bei thyssenkrupp derzeit keine direkte Anwendung“, hatte ein Sprecher erklärt. Mehrere andere Rüstungskonzerne, darunter MBDA, Diehl Defence und Rheinmetall, hatten auf mehrfache Anfragen nicht reagiert.
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