„Sie haben großartige Seltene Erden“
Trump strebt nach wichtigen Mineralien aus der Ukraine – Warum das auch China schaden könnte
In der Ukraine sind zahlreiche unerforschte Mineralien vorhanden. Der US-Präsident hat kürzlich seine Aufmerksamkeit darauf gerichtet. Was ist der Grund dafür?
Washington/Kiew – „Sie haben großartige Seltene Erden.“ Mit diesen Worten gab US-Präsident Donald Trump am 3. Februar zu verstehen, dass er das Auge auf einen ganz besonderen Aspekt der Ukraine gelegt hatte: Ihre Bodenschätze. Gegenüber Reportern gab Trump an, er wolle einen „Deal“ mit der Ukraine machen, der den Vereinigten Staaten einen „sicheren Zugang“ zu ihren „Seltenen Erden und anderen Dingen“ geben würde. So wie Trump es ausdrückte, klang es wie eine Bedingung für die weitere Unterstützung aus den USA – seine neuen Pläne könnten langfristig auch China schaden.
Trump will Seltene Erden aus der Ukraine – Auch Lithiumvorkommen entdeckt
Was aber meint Trump mit „Seltenen Erden und anderen Dingen“? Der Vorsitzende des ukrainischen Geologenverbandes, Hanna Liventseva, sagte im Mai 2022, dass die Ukraine rund fünf Prozent der weltweiten Mineralressourcen besäße – obwohl sie lediglich 0,4 Prozent der Erdoberfläche ausmacht. Die Ukraine verfügt über eine breite Auswahl an Seltenen Erden, darunter rund 20 der sogenannten kritischen Rohstoffe und Metalle wie Titan (das für die Luftfahrt- und Verteidigungsindustrie wichtig ist) oder Lithium (spielt eine wichtige Rolle für die Elektromobilität). Auch Cer, Yttrium (Zusatzstoff für Legierungen) und Neodym (unter anderem zur Herstellung von Magneten) kommen in der Ukraine vor.
Im Jahr 2023 hatte auch der Deutsche Bundestag die Ressourcenvorkommen in der Ukraine ins Visier genommen. Eine Untersuchung hatte damals ergeben, dass in den geologischen Komplexen des Landes hunderte Lagerstätten von Metallerzen mit Seltenen Erden gefunden wurden. Zu den wichtigsten Vorkommen gehöre die industrielle Zirkonium-Seltene-Erden-Lagerstätte Asow. Das gesamte Gebiet in der Region des Asowschen Meeres und den Mazurivske-Lagerstätten (beide weit im Osten der Ukraine gelegen) verfüge über „einzigartige Reserven“ sowie „große prognostizierte Vorkommen“.
Viele der ukrainischen Ressourcen waren während der Sowjetunion und lange danach nicht erforscht worden; die Ukraine hatte er in jüngerer Zeit damit angefangen, sie für eine größere Unabhängigkeit von Russland zu erforschen. Laut dem Nato Energy Security Center of Excellence hatte das Land gerade mal 15 Prozent der rund 20.000 verfügbaren natürlichen Vorkommen aktiv ausgebeutet, und selbst davon entfiel nur ein Bruchteil (147 Vorkommen) auf metallische Vorkommen.
Probleme bei Seltenen Erden aus der Ukraine – Der wahre Grund für Putins Einmarsch?
Der kanadische Thinktank SecDev Group hatte 2022 bereits vermutet, dass der „außergewöhnliche Ressourcenreichtum“ der Ukraine das wahre Motiv für den Angriffskrieg sei – auch, wenn der Kreml-Herrscher Wladimir Putin (teils wechselnde) andere Begründungen vorgelegt hatte. Das würde eine Erklärung dafür liefern, warum Russland ausgerechnet die östlichen Regionen so stark besetzt hält, denn hier befindet sich ein Großteil der ukrainischen Ressourcen. In diesen Regionen, einschließlich des ukrainischen Abschnitts des Schwarzen Meers (jetzt unter Russlands Kontrolle) befinden sich etwa die Hälfte des konventionellen Erdöls der Ukraine, 72 Prozent des Erdgases, fast die gesamte Kohleproduktion und die meisten Kohlelagerstätten des Landes.
Darüber hinaus lag 2023 der Großteil der wichtigen Mineralvorkommen (besonders die Seltenerdmetalle) in Donezk und anderen östlich gelegenen Teilen der Ukraine, die jetzt von Russland besetzt oder bedroht sind. Besonders hob der Bundestag hier Kruta Balka in Saporischschja, Schwetschenko in Donezk und die Polokhivske-Felder in Dobra vor – allesamt entweder im russisch besetzten Gebiet oder sehr nah dran. Die Kyiv School of Economics (KSE) sprach konkret davon, dass Russland 33 Prozent der ukrainischen Seltenerdvorkommen kontrolliert.
Insgesamt soll sich der Wert der in der Ukraine verborgenen kritischen Rohstoffe auf rund zwölf Billionen US-Dollar belaufen. Dieser Wert, der unter anderem auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos gefallen war, ist jedoch mit Vorsicht zu genießen: Viele der Reserven sind nicht erforscht, sowohl die exakte Menge als auch die Qualität der Ressourcen sind derzeit höchstens Spekulation.
EU legt Plan für Seltene Erden vor – Und will sich von China lösen
Die sogenannten kritischen Rohstoffe werden – so schätzt es auch die Europäische Union ein – gerade im Zuge der Energiewende eine wesentlich wichtigere Rolle für die Weltwirtschaft einnehmen als es ohnehin schon der Fall ist. Der Bedarf für Seltenerdmetalle soll sich bis 2030 vervielfachen, für Lithium gab die EU-Kommission den zwanzigfachen Bedarf für 2050 an.
Weil China derzeit einen gewaltigen Teil dieses Marktes für sich beansprucht, hat die EU einen Kurs zur Diversifizierung eingeschlagen. Das soll neue Abhängigkeiten verhindern. Bis 2030 sollen bestimmte Anteile des Bedarfs aus EU-Ressourcen stammen. Konkret sollen:
- Mindestens zehn Prozent des jährlichen EU-Bedarfs sollen aus eigener Förderung stammen
- Mindestens 40 Prozent des Bedarfs sollen aus eigener Produktion stammen
- Außerdem sollen 25 Prozent des Bedarfs aus Recycling stammen
- Und es dürfen nicht mehr als 65 Prozent des jährlichen EU-Bedarfs aus einem einzelnen Drittland stammen.
Konkurrenzkampf mit China – Trump liegt bereits Selenskyjs Siegesplan vor
Die Ukraine jedenfalls scheint ihre Ressourcen schon jetzt mit den Verbündeten teilen zu wollen. Jedenfalls sind die kritischen Rohstoffe auch Teil eines Siegesplans, den Präsident Wolodymyr Selenskyj bereits einigen Anführern der westlichen Länder vorgelegt hatte – unter denen sich auch Trump befand.
Mit einem Rohstoff-Deal könnte Trump versuchen, die wirtschaftliche Oberhand über Peking zu gewinnen. Allerdings müssten, um das volle Potenzial der ukrainischen Bodenschätze auszuschöpfen, die russischen Besatzer aus den entsprechenden Gebieten verschwinden.
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