„Sind auf dem richtigen Weg“
Europachefin erklärt Strategie: So will China-Autobauer BYD Deutschland erobern
Im vergangenen Jahr hat BYD keine 3000 Autos in Deutschland verkauft. Die Europachefin des chinesischen Autobauers erläutert, wie sie das ändern will.
Es sollte der Beginn einer Großoffensive werden: Mit dem blumigen Slogan „Build your dreams“ warb der chinesische Elektroautobauer BYD bei der Fußball-EM 2024 in den deutschen Stadien und Fanzonen für seine Modelle, die Chinesen hatten Hyundai als Sponsor abgelöst.
Der Erfolg der Kampagne war allerdings überschaubar: Zwar konnte BYD laut einer Studie des Marktforschungsinstituts puls durch das Sponsoring seine Markenbekanntheit verdoppeln, mehr als jeder zweite Deutsche gab nach der EM an, schon einmal etwas von BYD gehört zu haben. Und dennoch verkauften die Chinesen hierzulande im vergangenen Jahr gerade einmal 2891 Fahrzeuge. Weltweit waren es mehr als 4,2 Millionen, die meisten davon wurden in China abgesetzt. Kein anderes Unternehmen hat im vergangenen Jahr mehr Elektroautos und Hybridfahrzeuge verkauft.
Stella Li, seit fast 30 Jahren bei BYD und seit Mai 2024 Europachefin des Unternehmens, will den Autobauer auch in Deutschland auf Erfolgskurs bringen. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte Li im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich glaube nicht, dass Deutschland für BYD der schwierigste Markt außerhalb Chinas ist.“ Dass BYD mit seinen E-Autos und Plug-in-Hybriden in Deutschland bislang nicht so recht Fahrt aufnehme, liege vor allem daran, dass man zu wenige Vertriebspartner hierzulande habe, nur gut zwei Dutzend sind es aktuell. Bis Ende des Jahres, so Li, sollen es bis zu 150 Orte geben, an denen die Deutschen die China-Autos Probe fahren können und im besten Fall dann auch kaufen.
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China-Marke BYD: „Wir stehen für Hightech“
Mit dem Gang zum klassischen Autohaus soll das dann nichts mehr zu tun haben. Wer ein BYD-Wagen kauft, soll sich vielmehr so fühlen wie in einem Apple-Store, erklärt Li. „Wir stehen für Hightech. Wenn Sie zu uns in den Laden kommen, dann wird ein Roboter für Sie tanzen und mit Ihnen sprechen. Das ist die Atmosphäre, die wir nach Deutschland bringen wollen.“
Auch dass BYD von vielen Deutschen vor allem als chinesischer Billig-Anbieter wahrgenommen wird – in China kosten die günstigsten Modelle umgerechnet weniger als 10.000 Euro –, will Li ändern. Derartige Schnäppchen-Wagen sollen in Europa gar nicht erst auf den Markt kommen, stattdessen will sich das Unternehmen als Qualitätshersteller positionieren. „Wir wollen, dass die Menschen uns nicht mehr als chinesischen Autohersteller sehen. Sondern einfach als BYD“, sagt die Europachefin.
Beatrix Keim, Direktorin des Duisburger Forschungsinstituts CAR Center Automotive Research, hält diese Strategie für gewagt. „Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen“, sagt die Expertin für den chinesischen Automobilmarkt. „BYD hat sich in der Vergangenheit als Hersteller von günstigen Fahrzeugen positioniert, und die Kunden wissen ebenfalls, dass Chinesen hinter dem Unternehmen stecken.“ Dabei seien die Modelle, die BYD in Europa auf den Markt bringt, nicht viel günstiger als die heimische E-Auto-Konkurrenz, der BYD Dolphin beispielsweise sei etwa so teuer wie der ID.3 von VW.
Expertin über BYD: „Das sind gute Autos“
„Auch die Qualität stimmt“, sagt Keim. „Das sind gute Autos.“ Dass der Dolphin, der Sealion und all die anderen Modelle von BYD in Deutschland bislang Ladenhüter sind, hat laut Keim andere Gründe. So habe BYD, auch während der EM, die deutschen Kunden falsch angesprochen. „Man hat mit dem Wort ‚NEV‘ Werbung gemacht, also ‚New Energy Vehicle‘. Aber die Abkürzung kennt hier niemand“, sagt Keim. Auch die Negativschlagzeilen der vergangenen Monate – die EU hatte im vergangenen Jahr BYD und andere chinesische Hersteller wegen massiver staatlicher Subventionen mit Ausgleichszöllen belegt –, dürften kaum dazu beitragen, den Ruf des Autobauers aufzupolieren.
Vor allem aber hat BYD, wie alle anderen E-Auto-Bauer auch, mit einer generellen Skepsis der Deutschen zu kämpfen: Nur rund 380.000 reine Elektroautos wurden 2024 hier zugelassen, auch, weil Ende 2023 die staatliche E-Auto-Förderung ausgelaufen ist. BYD-Managerin Li will die Deutschen deswegen mit speziellen Plug-in-Hybriden, die auf eine Gesamtreichweite von 1080 Kilometer kommen sollen, an den Elektromotor heranführen. „70 Prozent der Leute, die Autos mit dieser Technologie ausprobiert haben, wechseln später zu einem reinen Elektrofahrzeug“, sagt Li, die von einem „echten Gamechanger“ spricht. In Deutschland hat BYD bislang ein Modell mit der Hybrid-Technologie auf dem Markt, neben sieben reinen Stromern.
Allerdings ist nicht nur Deutschland für BYD ein schwieriger Markt, in ganz Europa konnten die Chinesen laut dem Finanzdienstleistungskonzern S&P im vergangenen Jahr nur gut 83.000 Autos absetzen. Dabei will BYD schon in diesem Jahr in Ungarn und im kommenden Jahr in der Türkei erste europäische Fabriken eröffnen, mit einer Kapazität von jährlich zunächst 300.000 Fahrzeugen. „In einer zweiten Phase werden es doppelt so viele Autos sein“, sagt Li, sogar eine dritte europäische Fabrik sei möglich.
„Hochgesteckte“ Ziele: BYD will Hunderttausende Elektroautos in Europa verkaufen
„Diese Ziele halte ich für sehr hochgesteckt“, sagt Keim vom Center Automotive Research. Auch die Analysten von S&P glauben, dass BYD bis Ende des Jahrzehnts höchstens 400.000 Autos in Europa absetzen werde. Allerdings werden Fabriken auf Jahre hinaus geplant, und in den Anfangsjahren werden die Kapazitäten selten ausgeschöpft.
Die deutschen Hersteller, so Keim, müssten vor BYD zwar keine Angst haben, sie hätten die richtigen Modelle im Angebot. Etwa VW mit dem ID.3 und dem ID.4; vor wenigen Tagen erst haben die Wolfsburger mit dem Konzept „ID. Every1“ zudem einen Elektrowagen für 20.000 Euro vorgestellt. Eine gesunde Portion Respekt sei aber angebracht. „Chinesische Marken, die auf dem Heimatmarkt bestehen, werden in den nächsten Jahren auch unsere Märkte noch einmal kräftig durchrütteln“, glaubt Keim. Mit der Zeit würde es auch BYD schaffen, bekannter zu werden und das Vertrauen der deutschen Kunden zu gewinnen.
Stella Li drückt es so aus: „Wir haben 13 Jahre gebraucht, bis wir eine Million Autos verkauft haben. Von da bis zu drei Millionen verkauften Autos waren es nur noch 18 Monate“. Soll heißen: BYD hat einen langen Atem. Und den werden früher oder später auch die deutschen Hersteller zu spüren bekommen.
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