„Können uns bei den Fans nur entschuldigen“
Platzverweis, verschossener Elfmeter und viel Frust: Brutales Löwen-Desaster gegen Unterhaching
Beim TSV 1860 München geht es aktuell wieder mehr als nur heiß her. Der hartnäckige und erbitterte Machtkampf zwischen Präsident und Investor droht endgültig zu eskalieren, zudem läuft es auch aus sportlicher Sicht alles andere als rund. Das Derby gegen die SpVgg Unterhaching sollte nun den Wendepunkt darstellen. beinschuss.de war live mit dabei.
München - Beim TSV 1860 München geht es mal wieder heiß her. Und das nicht nur auf, sondern vor allem ich neben dem Platz. Der unermüdliche und erbitterte Machtkampf zwischen Präsident Robert Reisinger und Investor Hasan Ismaik geht in die nächste Runde. Es droht die endgültige Eskalation.
Machtkampf spitzt sich zu
Doch was war passiert? Reisinger hatte vor wenigen Tagen seinen Rückzug aus dem Aufsichtsrat angekündigt, wobei diese Meldung einschlug wie eine Bombe. Neu mit dabei im Dauerstreit zwischen Präsident und Investor ist nun allerdings auch der kaufmännische Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer.
Auslöser für die erneute Eskalation ist der vakante Posten des sportlichen Leiters, der nach dem Abgang von Günther Gorenzel nach Österreich immer noch unbesetzt ist. Zwar wurde bereits auf der Jahreshauptversammlung vor mehreren Monaten angekündigt, dass ein großer Name folgen sollt, doch dieser blieb aus.
Reisinger zieht sich zurück
Reisingers Wunschkandidat lautete Horst Heldt. Um seinen Mann ins Amt holen zu können, soll der 59-Jährige laut br.de mehrere Scheinkandidaten vorgeschlagen haben, die aus rein qualitativer Sicht gar nicht erst in Frage gekommen wären, sodass nur noch Held übrig geblieben ist.
Und damit kommt nun auch Pfeifer ins Spiel, der sich wohl geweigert haben soll, auf die Vorschläge des Präsidenten einzugehen. Die Folge? Heldt sagte ab und der Posten ist nach wie vor unbesetzt. Doch nicht nur das. Die Seite des jordanischen Investors Ismaik soll interne Ermittlungen gegen Reisinger eingeleitet haben, welchen er nun dank seines Rückzuges entkommen ist.
Vertrag mit Pfeifer soll nicht verlängert werden
Der Grund für sein Aus sei der „wiederkehrende Versuch, den Präsidenten des Vereins mundtot zu machen durch Verweis auf seine Verschwiegenheitspflicht als Aufsichtsrat. Sobald Robert Reisinger sich in der Öffentlichkeit erklärend zu einzelnen Vorgängen äußerte, wurde er mit juristischen Konsequenzen bedroht und mit internen Verfahren überzogen“. Nun kann sich Reisinger frei und offen äußern.
Zudem will der 59-Jährige den Vertrag mit Pfeifer, der zum Sommer des kommenden Jahres ausläuft, nicht verlängern, wobei diese Nachrichten extrem hohe Wellen schlägt. Einige Sponsoren sollen ihren Rückzug angedroht haben, zudem steht der kaufmännische Geschäftsführer auch bei Spielern und Fans hoch im Kurs. Man darf gespannt sein, wann dieser ewige Machtkampf endgültig eskaliert.
S-Bahn-Derby gegen Unterhaching
Doch auch auf dem Platz läuft es derzeit alles andere als rund. Die Löwen mussten sich zuletzt im Toto-Pokal Viertelfinale gegen den Bayernligisten aus Pipinsried mit 0:1 geschlagen geben und blamierten sich damit bis auf die Knochen. Rufe nach einem Maurizio Jacobacci-Aus waren die Folge.
Nun stand am 16. Spieltag der 3. Liga das wegweisende und mit Spannung erwartete S-Bahn-Derby gegen die Spielvereinigung aus Unterhaching auf dem Programm. Mit einem Sieg hätten die Münchner an dem Aufsteiger vorbeiziehen und wieder einiges gut machen können. Allerdings kam alles ein bisschen anders.
Volles Haus im Grünwalder Stadion
Jacobacci vertraute der gleichen Mannschaft, die sich am letzten Spieltag in Saarbrücken einen 3:2-Erfolg erkämpfen konnte und setzte damit Identifikationsfigur Marco Hiller auf die Bank. Youngster Michael Glück startete als Rechtsverteidiger, Fabian Greilinger sollte über links für ordentlich Betrieb sorgen. In der Sturmspitze vertraute der Coach auf Fynn Lakenmacher.
Vor ausverkauftem Haus (15.000 Zuschauer) entwickelte sich eine intensive und offene Anfangsphase, wobei die Hachinger nach einem Freistoß den ersten gefährlichen Abschluss hatten, der jedoch kein ernsthaftes Problem für Schlussmann David Richter darstellte. In der Folge übernahmen die Hausherren mehr und mehr die Kontrolle, zwingende Torchancen blieben jedoch Mangelware.
Pfiffe zur Pause
In der 21. Spielminute dann der große Schock, denn die Gäste gingen quasi aus dem Nichts in Führung. Nachdem ein Hachinger-Vorstoß über die linke Seite bereits geklärt schien, befördere Sebastian Maier den Ball per Querschläger zurück in den Sechziger-Strafraum. In diesem stieg Matthias Fetsch am höchsten und köpfte völlig unbedrängt zum 1:0 ein.
Die Hausherren zeigten sich sichtlich geschockt und kamen kurz vor dem Pausentee wieder zu sich. Erst prüfte Manfred Starke Gästekeeper und Ex-Burghauser Rene Vollath mit einem Abschluss aus knapp 20 Metern, nur wenige Sekunden später klärte die SpVgg-Defensive gleich zweimal auf der Linie. Danach war Schluss und die Mannen rund um Kapitän Jesper Verlaat wurden mit Pfiffen in die Kabine verabschiedet.
Schröter vergibt Foulelfmeter
Kurz nach Wiederanpfiff dann die bislang beste Phase im Spiel der Löwen. Man schnürte die Gäste in deren Hälfte regelrecht ein und erspielte sich gefährliche Halbchancen, wobei Morris Schröter in der 50. Spielminute den Ausgleichstreffer auf dem Fuß hatte, nach einer tollen Einzelaktion jedoch knapp am langen Pfosten vorbei zielte.
Danach flachte die Partie wieder etwas ab, wobei es stets intensiv und heiß herging. In Minute 61 zeigte dann der leitende Unparteiische auf den Punkt, nachdem Schröter von Dennis Waidner plump zu Fall gebracht worden war. Doch wie schon in dem Spiel gegen Pipinsried, als Albion Vrenezi einen Elfmeter an die Latte donnerte, versagten auch dieses Mal dem Schützen die Nerven.
Youngster Glück fliegt vom Platz
Der Gefoulte trat nämlich selbst an, scheiterte jedoch am glänzend reagierenden Vollath, der auch noch den Nachschuss parieren konnte. Und wie sagt man so schön im Fußball: „Haste Scheisse am Fuß, haste Scheisse am Fuß“. Denn 180 Sekunden später waren die Giesinger nur noch zehnt.
Der Grund? Glück, der bereits in der ersten Hälfte die gelbe Karte gesehen hatte, warf nach einer Foulunterbrechung die Kugel frustriert auf den Boden und sah folgerichtig die gelb-rote Karte. Ein Nackenschlag für die Elf von Jacobacci.
Bittere Pleite
In den letzten 25 Minuten merkte man den Löwen, die nach der Einwechslung von Julian Guttau nochmals alles nach vorne warfen, dann zwar an, dass sie mindestens einen Punkt retten wollten, doch Torschüsse waren Mangelware. Im Gegenzug verpasste es die Spielvereinigung aus Unterhaching, einen seiner vielen Konterchancen sauber zu Ende zu spielen. Richter im Kasten der Hausherren bewahrte seinen Farben mehrmals vor dem vorentscheidenden 0:2.
Am Ende musste man der Unterzahl jedoch Tribut zollen und sich nach über 96 gespielten Minuten den Gästen im S-Bahn-Derby knapp geschlagen geben. Während die Hachinger damit den Vorsprung auf den Konkurrenten auf fünf Punkte ausbauen konnten, zogen die Münchner lange Gesichter.
Rieder: „Können uns nur entschuldigen"
Tim Rieder äußerte sich nach der Begegnung in der Alm auf dem Trainingsgelände des TSV 1860 München wie folgt zur Pleite: „Wir haben gut angefangen und man hat gemerkt, dass wir hier und heute den Fans einen Sieg schenken wollten, aber am Ende bringen wir uns einfach wieder selber um den Lohn. Aktuell schaffen wir es nicht, den Ball im gegnerischen Tor unterzubringen. Und so wird es natürlich schwer mit drei Punkten.“
Den Frust der Zuschauer kann der 30-Jährige mehr als nur nachvollziehen: „Wir können uns bei den ganzen Anhängern nur entschuldigen. Ich kann die Wut und den Ärger verstehen, da mir der Verein selbst ebenfalls am Herzen liegt. Aber wir werden auch diese Phase überstehen“, so Rieder selbstsicher. Die nächste Chance auf einen Dreier bietet sich dabei bereits am kommenden Wochenende in Dortmund, wenn man zur Zweitvertretung des BVB reisen muss.
gz