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„Beispielloser Prozess“
Vor der Polen-Wahl: Verdacht gegen Putins Russland – Ukraine schaut genau hin
Die Präsidentschaftswahl in Polen könnte gewisse Auswirkungen auf die Beziehungen zu Ukraine und EU haben. Russland hat das wohl im Blick.
Gleich zwei entscheidende Wahlen stehen am Sonntag im Osten der EU an: In Rumänien greift ein rechtsextremes Duo in der Präsidentschafts-Stichwahl nach der Macht. Eine Schicksals-Wahl – bei einem wichtigen Partner von Nato und Ukraine. Mindestens ebenso wichtig ist Polen in der aktuellen Weltlage. Und auch hier wird ein neuer Präsident gewählt. Zunächst in der ersten Runde, eine Stichwahl dürfte folgen.
Auf den ersten Blick birgt die Wahl in Polen etwas weniger Sprengstoff als die in Rumänien: In Parlament und Regierung hat seit Ende 2023 nicht mehr die rechtspopulistische und EU-feindliche PiS das Sagen, sondern die konservative PO um Donald Tusk. Doch der Teufel steckt im Detail: Ein Präsident im Sinne der Rechtsaußen könnte Tusks Rechtsstaatsbemühungen weiter behindern. Und dann ist da noch ein bedenkliches Indiz – Russland scheint einmal mehr auf massive Manipulation zu setzen. Sicher nicht ohne Hintergedanken.
Präsidentenwahl in Polen – Putins Russland wieder unter Manipulationsverdacht
Das polnische Institut NASK (Forschungs- und Informatik-Netzwerk) hatte am Mittwoch (14. Mai) über mutmaßlich „aus dem Ausland bezahlte politische Anzeigen“ informiert – offenbar unter anderem bei den Plattformen von Meta. Dem Konzern gehören Facebook und Instagram. Ziel sei es gewesen „einen Kandidaten zu unterstützen und andere zu diskreditieren“, es gehe um eine „Provokation“: „Der Inlandsgeheimdienst wurde über den Fall informiert.“ Ein Urheber müsse noch ermittelt werden.
Doch natürlich fällt ein Verdacht auf Russland. Polen steht als Ukraine-Unterstützer und Anrainer der Exklave Kaliningrad besonders im Fokus des Kreml. Digitalminister Krzysztof Gawkowski hatte Anfang Mai schon von einem „beispiellosen Prozess der russischen Einmischung in den Wahlprozess“ gesprochen. Cyberangriffe hätten sich im Vergleich zu 2024 verdoppelt – gegen staatliche Verwaltungen, aber auch Wasserunternehmen oder Heizkraftwerke.
Laut NASK standen in Polen nun drei Kandidaten im Fokus: Der Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski aus Tusks Partei, der von der PiS unterstützte Karol Nawrocki und Slawomir Mentzen von der scharf-rechten und anti-westlichen Konfederacja. Sie gelten auch seit Langem als Favoriten im ersten Wahlgang. Und der Ausgang des Rennens könnte durchaus einen Unterschied bedeuten. Auch für die Ukraine.
Ukraine blickt auf die Wahl in Polen: „Zentraler Unterstützer“ gegen Russlands Krieg
Offene Nähe zu Russland ist in Polen zwar generell ein No-Go und damit auch für alle aussichtsreichen Kandidaten. Doch Nawrocki hatte im Januar für einen kleinen Eklat gesorgt. Er warf der Ukraine vor, ihre Vergangenheit nicht aufzuarbeiten. Er verwies auf die Massaker von Wolhynien gegen Ende des Zweiten Weltkriegs – dabei starben je nach Quelle 50.000 bis 100.000 polnische Menschen durch Bluttaten ukrainischer Nationalisten. Brisant war auch Nawrockis Schlussfolgerung: Für die Ukraine sei in Nato und auch EU kein Platz.
„Natürlich werden die Wahlen in Polen wahrgenommen, das Land ist schließlich ein zentraler Unterstützer der Ukraine“, sagt Felix Hett, Ukraine-Büroleiter der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, auf Anfrage unserer Redaktion. Überbordende Sorgen gebe es gleichwohl nicht: „Man weiß auch, dass die Kompetenzen des polnischen Staatspräsidenten begrenzt sind und mit Donald Tusk ein ukrainefreundlicher Ministerpräsident am Ruder ist.“
Größte Armee und lange EU-Sorgenkind: Auch Polen bleibt Unsicherheitsfaktor
Das ist zwar richtig. Dennoch dürfte auch die EU mit gewisser Sorge auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl in Polen blicken. Das Land war lange Zeit eines der großen Sorgenkinder im Staatenbund. Erst 2024 beendete die Kommission ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen. Doch tatsächlich sind etwa die Justiz-„Reformen“ der PiS bestenfalls mühsam zurückzudrehen, solange ein unwilliger Präsident die Reformen von Donald Tusks konservativer Regierung zu blockieren versucht.
In Sachen Russland würde wohl auch der von der PiS unterstützte Nawrocki nicht aus dem EU-Kurs ausscheren. Allerdings ist der Präsident Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Polen plant die größte Armee Europas. Und er kann jedenfalls mit ein wenig Rechtsdehnung seine Unterschrift für Gesetze verweigern. Damit könnte er Reformen – wie aktuell PiS-Amtsinhaber Andrzej Duda – verkomplizieren.
Aus Sicht von Politikwissenschaftler Ulf Steindl bleiben nationale Wahlen und die „immer noch aufstrebende Dynamik populistischer Bewegungen“ ein Unsicherheitsfaktor für die gemeinsame Politik der EU. Eine Lösung seien „Koalitionen der Willigen“ – eigentlich sollte die EU aber eine Reform und die Einführung qualifizierter Mehrheiten jedenfalls in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik anstreben, meint der Experte des Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik. Klappen werde das aber nur „mittel- bis langfristig“.
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Bis dahin müsse die EU einen „pragmatischen Lösungsansatz“ verfolgen, um handlungsfähig zu sein und das demokratische Votum zu achten. Eine zerstrittene Regierung in Polen oder gar die Rückkehr eines PiS-Gespanns in Präsidenten- und Ministerpräsidentenamt nach der nächsten Parlamentswahl würde das natürlich komplizierter machen.
Russland und die Wahlen in Europa – „überall präsent“
Eine andere Sorge in Polen: Das mit PiS-treuen Juristen besetzte Verfassungsgericht könnte ein Wahlergebnis auch für ungültig erklären, jedenfalls theoretisch. Ganz Europa dürfte weiter eine andere Frage umtreiben: Die der russischen Einflussnahme. Cyberangriffe gibt es längst auch in Deutschland.
Raimar Wagner, Projektbüroleiter der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung im zuletzt arg von Manipulationen gebeutelten Rumänien, sieht das als Problem für den ganzen Kontinent. Viele Länder seien sich der Gefahr bewusst. „Russland beeinflusst nicht mehr nur Wahlen, es ist in jedem europäischen Land präsent“, betont er gegenüber der Frankfurter Rundschau. Das müsse man unter die Lupe nehmen – überall in Europa. (fn)