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AfD strebt „Skandalumkehr“ an – wie die Rechtspopulisten das Potsdamer Geheimtreffen kleinreden

Die AfD redet den jüngsten Eklat um das Potsdamer Treffen klein und geht zum Gegenangriff über. Für Experte Johannes Hille ein typisches Muster der Rechtspopulisten.

Frankfurt – Am Mittwoch (10. Januar) veröffentlichte das Investigativ-Netzwerk Correctiv die Ergebnisse einer Recherche, die seitdem in der deutschen Politik-Landschaft für Unruhe sorgt. Unter dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“ berichtet Correctiv von einem Treffen in einem Potsdamer Hotel im November 2023. Daran nahmen neben Politikern der AfD und Mitgliedern der Werteunion auch Szene-Größen der Neuen Rechten teil.

Die Vorsitzenden der AfD Alice Weidel (l) und Tino Chrupalla äußern sich auf einer Pressekonferenz zu den Vorwürfen.

„Geheimtreffen“ in Potsdam – Bundestag debattiert über AfD-Beteiligung

Martin Sellner, der über Jahre hinweg Sprecher der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich war, soll den anderen Teilnehmern dabei einen Plan vorgestellt haben. Millionen Menschen sollte man demnach aus Deutschland ausweisen, nachdem die AfD Regierungsverantwortung erlangt habe – Stichwort „Remigration“. Eine von Sellners Forderung: Auch deutsche Staatsbürger müsste man aus der Bundesrepublik ausweisen, falls diese nicht ausreichend „assimiliert“ seien.

Was folgte, war ein Aufschrei – sowohl in der deutschen Bevölkerung als auch in der Politik. Zehntausende Menschen gingen seit der Veröffentlichung der Recherche auf die Straße, um gegen den voranschreitenden Rechtsruck zu demonstrieren. Weitere Demonstrationen sind in den kommenden Tagen angemeldet. Auch der Bundestag wird sich mit dem Thema befassen. Am Donnerstag (18. Januar) kommt das Parlament auf Antrag von SPD, Grünen und FDP zu einer Aktuellen Stunde mit dem Titel „Wehrhafte Demokratie in einem vielfältigen Land – Klare Kante gegen Demokratiefeinde und Vertreibungspläne“ zusammen. Dann wird sich die AfD auch im Bundestag mit den Vorwürfen konfrontiert sehen.

„Skandalumkehr als Ziel“: Experte erklärt – so funktioniert die Kommunikation der AfD

Doch wie reagiert die AfD in den Tagen seit der Veröffentlichung auf die Berichte? Die Rechtspopulisten gehen über ihre favorisierten Kanäle in den sozialen Netzwerken in den Angriffsmodus über – in dem sie die Ergebnisse für sich nutzen. Die Interpretation der AfD: Bei der Zusammenkunft soll es sich nicht um ein „Geheimtreffen“, sondern eine „private Veranstaltung“ gehandelt haben. Die Forderungen nach Remigration seien nicht durch Correctiv aufgedeckt worden, sondern stünden bereits im AfD-Parteiprogramm. „Drei AfD-Mitglieder haben an einer privaten Veranstaltung teilgenommen und einen Vortrag gehört. Das ist alles“, spielte beispielsweise die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch die Ereignisse auf der Plattform X (früher Twitter) herunter.

„Die AfD versucht gegenüber ihrer Zielgruppe eine Skandalumkehr zu erreichen“, erklärte Johannes Hillje gegenüber FR.de von IPPEN.MEDIA die Strategie der AfD. Hillje ist Politik- und Kommunikationsberater und hat sich bereits in mehreren Büchern mit den Kommunikationsstrategien von Rechtspopulisten beschäftigt. „Die AfD nutzt einen eingeübten Kommunikationskreislauf aus Beschwichtigung, politischer Ambivalenz, Opferinszenierung und Gegenangriff auf Medien und andere Parteien“, führte Hillje weiter aus. „Weil ihre Anhänger den etablierten Medien und Parteien in höchstem Maße misstrauen, wirkt diese Strategie.“

Politikberater und Buchautor Johannes Hillje erklärte im Gespräch mit FR.de von IPPEN.MEDIA die Kommunikationsstrategie der AfD. (Archivbild)

Weidels Rundumschlag gegen Politik und Medien – „DDR-Methoden“ von „linken Aktivisten“

Der von Hillje angesprochene Kreislauf lässt sich auch anhand der Pressekonferenz der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla vom Dienstag (16. Januar) aufzeigen. Dort hatte Weidel ebenfalls erklärt, dass es sich bei der Veranstaltung nicht um ein „Geheimtreffen“, sondern lediglich um eine „private Begegnung“ gehandelt habe. Zur Remigration bekannte sich die AfD-Chefin. Das Ziel der AfD sei es jedoch, mit „rechtsstaatlichen Mitteln“ gegen illegale Migration vorzugehen.

Weidel holte in ihrer Erklärung zum verbalen Rundumschlag gegen die deutsche Medien- und Parteienlandschaft aus. Ihre Partei sehe sich in den letzten Tagen einer der „größten und ungeheuerlichsten Medien- und Politikskandale Deutschlands“ ausgesetzt. Correctiv bezeichnete die AfD-Chefin als „linkes Aktivisten-Netzwerk“ und sprach mit Blick auf die Berichterstattung von „DDR-Methoden“. Auch die Ernennung des Begriffs Remigration zum „Unwort des Jahres“ ist für Weidel ein Eklat. „Die Durchsetzung geltenden Rechts wird moralisch für unsagbar und undenkbar erklärt“, sagte die AfD-Politikerin.

„Remigration“ im Fokus – So wirkt die Sprachstrategie der AfD

Für Hillje zeigt sich gerade in dieser Begriffsdebatte eine klassische Strategie der Rechtspopulisten: „Der Begriff Remigration ist ein typisches Beispiel für die Sprachstrategie der AfD, sie besetzt neutral und harmlos klingende Begriffe und verändert deren Bedeutung mit einer eigenen, radikaleren Begriffsdefinition“, sagte Hillje. „So wird Remigration ein sprachlicher Deckmantel, ein Euphemismus für eine groß angelegte und rechtswidrige Verdrängung von unliebsamen Menschen.“

In den sozialen Netzwerken kam diese Strategie in den letzten Tagen nun richtig ins Rollen. Immer mehr X-Nutzer versahen ihre Profilbilder mit einem Rahmen mit der Aufschrift „Team #Remigration“. Ins Leben gerufen wurde die Aktion von dem Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich. Der 35-Jährige zog über die Landesliste der AfD in NRW in den Bundestag ein, verzichtete jedoch aufgrund radikaler verbaler Entgleisungen in der Vergangenheit nach seiner Wahl auf die Fraktionszugehörigkeit. Helferich hatte sich selbst in privaten Chats aus den Jahren 2016/17 als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnet, wie unter anderem der Spiegel berichtete.

Die AfD-Spitze im Wandel der Zeit: von Bernd Lucke bis Alice Weidel

Die AfD liegt in den Umfragen zur Bundestagswahl 2025 an zweiter Stelle.
Die AfD liegt in den Umfragen zur Bundestagswahl 2025 an zweiter Stelle. Anders als jahrelang üblich, gab es bei ihrem Bundesparteitag im Januar 2025 in Riesa kaum große Streitthemen. Auch die Mitglieder des AfD-Bundesvorstands verbreiteten Harmonie (von links nach rechts): Carsten Hütter, Alice Weidel, Tino Chrupalla, Peter Boehringer und Heiko Scholz. In Riesa beschloss die AfD ihr Wahlprogramm.  © Sebastian Kahnert/dpa
Auf dem Parteitag wurde Parteichefin Alice Weidel zur Kanzlerkandidatin gekürt.
Im Mittelpunkt des Parteitags stand Alice Weidel, die die AfD mit einer schrillen Rede auf den Wahlkampf einschwor. Vor allem mit ihrer rigorosen Wortwahl schien sie den Nerv der Partei zu treffen. So forderte sie Rückführungen im großen Stil: „Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration.“ Zuvor hatte sie diesen Begriff vermieden.  © Jens Schlüter/AFP
AfD-Bundesparteitag in Riesa
Tatsächlich ist nach Riesa rhetorisch kein Unterschied mehr zwischen Weidel und den Rechtsextremen auszumachen. Immer wieder gelang es ihr, die düstere AfD-Seele mit ihrer scharfen Wortwahl zu massieren. So prägte sie auch den irren Begriff ,,Windmühlen der Schande“.  © Sebastian Kahnert/dpa
AfD Parteitag 2013 in Berlin
Wie aber kam es zum Aufstieg der AfD? Los ging alles am 6. Februar 2013, als 18 Menschen im hessischen Oberursel (Taunus) die Partei „Alternative für Deutschland“ gründeten. Der erste AfD-Parteitag fand bereits am 14. April 2013 statt (im Bild). Bei der Bundestagswahl im selben Jahr erzielte die neue Partei aus dem rechten Spektrum auf Anhieb 4,7 Prozent – das beste Ergebnis, das eine neu gegründete Partei jemals bei ihrer ersten Bundestagswahl erzielen konnte.  © imago
Landesparteitag der AfD am 11. Januar 2014 in Gießen
Nahezu von Anfang begleiten Gegendemonstrationen die AfD-Veranstaltungen - wie hier der Landesparteitag am 11. Januar 2014 in Gießen. Der rechtspopulistischen Partei werden immer wieder Demokratie- und Europafeindlichkeit vorgeworfen. © imago stock&people
Dr. Konrad Adam, Journalist und Mitgebründer der Alternative für Deutschland (AfD)
Als einer der Gründungsväter der AfD gilt Konrad Adam. Der 1942 in Wuppertal geborene Journalist arbeitete für die Tageszeitungen FAZ und Welt. Zunächst war er Gründungsmitglied der eurokritischen Wahlalternative 2013 und wurde noch im selben Jahr einer von drei Bundessprechern der neu gegründeten AfD. Wie viele andere war Adam ursprünglich CDU-Mitglied, ehe er – vermutlich aus Enttäuschung über die als linksliberal wahrgenommene Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) – eine neue Heimat in der AfD fand. Zwei Jahre blieb Adam Bundessprecher, doch bereits im Dezember 2015 begann er, sich von der Partei zu distanzieren. 2020 kündigte er seinen Austritt aus der AfD an, der am 1. Januar 2021 in Kraft trat. © imago
Konrad Adam, Bernd Lucke und Alexander Gauland auf dem ersten Parteitag der AfD in Berlin.
Das bekannteste Gesicht der AfD-Gründungsphase gehört dem Mann mit erhobenen Armen: Bernd Lucke. Geboren 1962 in West-Berlin und aufgewachsen in Nordrhein-Westfalen, studierte Lucke Volkswirtschaftslehre und wurde später in Hamburg Professor. Mit 14 Jahren trat Lucke in die CDU ein und verließ die Union 33 Jahre später, weil er mit der Eurorettungspolitik nicht einverstanden war. Der Euro und die EU wurden zu den zentralen Kritikpunkten, die Lucke in den folgenden Jahren bezogen auf die Bundespolitik äußerte. Ergebnis dieser Kritik war zunächst die eurokritische Wahlalternative 2013, aus der am 14. April 2013 die AfD hervorging. © imago
rof. Dr. Bernd Lucke im Wahlkampf für die AfD
Bereits im September 2013 engagierte sich Prof. Dr. Bernd Lucke im Wahlkampf für die AfD, wie hier auf einer Veranstaltung in Magdeburg. © IMAGO/Zoonar.com/Axel Kammerer
Bernd Lucke als Vorsitzender der AfD auf einem Parteitag
Auch Bernd Luckes Zeit in der AfD war nur eine kurze. 2014 ging er noch als Spitzenkandidat der „Alternative für Deutschland“ in den Wahlkampf für die anstehende Europawahl. Bis 2019 war Lucke im Anschluss Mitglied im Europäischen Parlament. Doch bereits 2015 deutete sich an, dass Lucke im internen Machtkampf in der AfD den Kürzeren ziehen könnte. Führende Köpfe der AfD wie Björn Höcke gerieten in Konflikt mit dem Vorsitzenden. Lucke ging und trat 2015 aus der AfD aus. Er gründete die nächste Partei: die Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA). © imago
Olaf Henkel GER Berlin 20150112 Alternative für Deutschland Prof Hans Olaf Henkel Veranstaltun
Anfang 2014 wurde die AfD-Mitgliedschaft von Professor Hans-Olaf Henkel bekannt. Einen Namen machte sich Henkel als erfolgreicher Manager bei IBM. Später wechselte er auf die Verbandsebene und wurde Präsident des BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie). 2014 zog er für die AfD ins Europaparlament ein. Für ein Jahr war Henkel sogar stellvertretender Bundessprecher der „Alternative für Deutschland“. 2015 trat Hans-Olaf Henkel wieder aus der AfD aus. © imago
Hans-Olaf Henkel, hier mit Ehefrau Bettina und ihrer Zwillingsschwester Almut
Seinen Bruch mit der AfD begründete Hans-Olaf Henkel, hier mit Ehefrau Bettina und ihrer Zwillingsschwester Almut beim Bundespresseball 2019, mit dem Rechtsruck der Partei. Gegenüber dem WDR bezeichnete Henkel die AfD im Jahr 2015 als „eine Art NPD-light, vielleicht sogar identisch mit der NPD“. Sein Engagement bei der AfD sieht Henkel mittlerweile offenbar kritisch: „Wir haben ein Monster erschaffen.“ © VISTAPRESS / G. Chlebarov via www.imago-images.de
Deutschland Essen Grugahalle 4 Ausserordentlicher AfD Parteitag Bernd Lucke nach der Wahl von F
Auf Bernd Lucke folgte an der Parteispitze der AfD Frauke Petry. Die studierte Chemikerin wurde 1975 in Dresden geboren. 2013 war sie bereits neben Lucke eine der drei Parteisprecherinnen der AfD. Außerdem wurde sie im selben Jahr zur Vorsitzenden der AfD Sachsen gewählt.  © imago
Frauke Petry AfD
Im Juli 2015 schließlich kam es zum internen Machtkampf in der AfD, den Petry für sich entscheiden konnte. Doch schon zwei Jahre später war auch für sie wieder Schluss. Ende September 2017 trat sie aus der AfD aus und gründete wie Lucke ihre eigene kleine Partei: Petry nannte sie „Die blaue Partei“. © Michael Kappeler/dpa
Prof. Dr. Jörg Meuthen (M.), Bundessprecher der AfD, Deutschland, Berlin, Bundespressekonferenz, Thema: AfD - Zu den Bu
Ein ähnliches Schicksal wie Petry und Lucke ereilte auch Jörg Meuthen (Mitte). Der 1961 in Essen geborene studierte Volkswirt wurde 2015 zu einem der zwei Bundessprecher der AfD gewählt. 2019 gelang ihm der Sieg bei der Wahl zum ersten Bundesvorsitzenden der AfD. Doch schon 2021 erklärte Meuthen, nicht erneut für den Vorsitz kandidieren zu wollen. 2022 folgte dann der endgültige Austritt aus der Partei. Der ließ sich auf seine Niederlage im Machtkampf mit Björn Höcke und den rechtsextremen Kräften innerhalb der AfD zurückführen. © M. Popow/Imago
Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA)
Auftrieb erhielt die AfD auch durch ihre Nähe zur Pegida-Bewegung. Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) demonstrierten ab 2014 in Dresden und später in weiteren Städten. Immer wieder schlossen sich AfD-Leute den Demonstrationen an, darunter 2018 in Chemnitz auch Björn Höcke. © Ralf Hirschberger/dpa
Beatrix von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg
Auch Adel findet sich unter den Führungspersönlichkeiten der AfD: Beatrix von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, war einst bei der FDP und gehörte 2013 zu den Gründungsmitgliedern der AfD. Sie war von Dezember 2019 bis Juni 2022 stellvertretende Bundessprecherin ihrer Partei. Seit Oktober 2017 ist sie eine der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktion. © Moritz Frankenberg/dpa
Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein im Sitzungssaal des schleswig-holsteinischen Landesverfassungsgerichts.
Auch Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein wurde aus der AfD ausgeschlossen. Sayn-Wittgenstein soll für einen rechtsextremistischen Verein geworben haben, der auf der sogenannten Unvereinbarkeitsliste der AfD stand. Doch die 1954 geborene Rechtsanwältin wehrte sich erfolgreich gegen den Parteiausschluss, den ein Bundesschiedsgericht 2019 beschlossen hat. Im April 2021 urteilte das Landgericht Berlin, dass der Ausschluss aufgrund formaler Fehler unwirksam sei. Damit war sie wieder Parteimitglied. Im Februar 2024 zog der AfD-Bundesvorstand seine Berufung beim Berliner Kammergericht zurück, wodurch das Urteil rechtskräftig geworden ist.  © Marcus Brandt/dpa
Alexander Gauland, heute AfD-Mitglied, früher Herausgeber der Märkischen Allgemeinen Zeitung
Ein Urgestein der AfD, das all die personellen Wechsel überstanden hat und immer noch da ist: Alexander Gauland. Geboren 1941 in Chemnitz, war Gauland vor seiner aktiven politischen Karriere Herausgeber der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ). CDU-Mitglied wurde der gelernte Jurist bereits 1973, ab 1987 übernahm er verschiedene politische Ämter, vor allem für die Union in Hessen. CDU-Mitglied blieb Gauland bis 2013, ehe er die AfD mitgründete. Im Jahr 2017 wurde Gauland Bundessprecher der AfD (bis 2019). Von 2017 bis 2021 war er neben Alice Weidel einer von zwei Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktion. 2021 gab er dieses Amt wieder ab, blieb der Partei aber als Ehrenvorsitzender erhalten. © imago
AfD-Chefin Alice Weidel
Alice Weidels Aufstieg in der AfD begann mit ihrem Parteieintritt im Jahr 2013. Zwei Jahre später wurde sie bereits in den Bundesvorstand gewählt. 2017 ernannte sie die Partei zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl. Im selben Jahr wurde Weidel neben Alexander Gauland Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, die sie vier Jahre lang führte. © Sebastian Kahnert/dpa
Alice Weidel wohnt mit ihrer Partnerin Sarah Bossard
Alice Weidel wohnt mit ihrer Partnerin Sarah Bossard in einer eingetragenen Partnerschaft zusammen. Das Paar hat zwei Söhne. (Archivbild) © Michael Buholzer/dpa
Tino Chrupalla bei der AfD
Neben Alice Weidel machte in den vergangenen Jahren vor allem Tino Chrupalla bei der AfD von sich reden. Einst Mitglied der Jungen Union und nach eigenen Angaben langjähriger CDU-Wähler, trat Chrupalla 2015 in die AfD ein. 2017 zog er für die Rechtspopulisten in den Bundestag ein. Im selben Jahr wurde er zu einem von fünf stellvertretenden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion gewählt. © imago
Tino Chrupalla neben Jörg Meuthen
Im Jahr 2019 wurde Tino Chrupalla neben Jörg Meuthen zum Bundesvorsitzenden der AfD.  © Julian Stratenschulte
Alice Weidel und Tino Chrupalla
In den Wahlkampf für die Bundestagswahl 2021 zog die AfD mit einer Doppelspitze, bestehend aus Alice Weidel und Tino Chrupalla. Beide stehen seitdem als Bundessprecherin und Bundessprecher an der Spitze der Partei.  © Kay Nietfeld/dpa
Björn Höcke war zwar nie Vorsitzender der AfD,
Björn Höcke war zwar nie Vorsitzender der AfD, gilt aber dennoch als einer der einflussreichsten Personen innerhalb der rechtspopulistischen Partei. Wie Chrupalla gibt auch er an, einst überzeugter Anhänger der CDU und Mitglied der Jungen Union gewesen zu sein. 2013 trat er der AfD bei. © Christoph Soeder/dpa
Björn Höcke den AfD-Landesverband
Ebenfalls 2013 gründete Björn Höcke den AfD-Landesverband in Thüringen. Kurze Zeit später kam es zum Streit mit dem damaligen Bundesvorstand der AfD, der 2017 sogar den Parteiausschluss Höckes beantragte. Den Machtkampf mit der alten Garde der AfD gewann aber Höcke. Er ist weiterhin Parteimitglied, während Widersacher wie Bernd Lucke, Frauke Petry oder Jörg Meuthen die Partei verlassen haben. © Sebastian Kahnert/dpa
André Poggenburg in Leipzig
Anders erging es da einem einstigen Verbündeten von Björn Höcke: André Poggenburg. Gemeinsam mit Höcke hatte der ehemalige Vorsitzende der AfD Sachsen-Anhalt 2015 ein Positionspapier des „AfD-Flügels“ verfasst und damit wie Höcke den Ärger der Parteiführung auf sich gezogen. 2019 plante der AfD-Bundesvorstand, Poggenburg für zwei Jahre von allen Parteiämtern auszuschließen. Dazu kam es nicht, denn Poggenburg trat kurz darauf aus der AfD aus und gründete in alter Tradition ehemaliger AfD-Politiker eine eigene Partei unter dem Namen „Aufbruch deutscher Patrioten – Mitteldeutschland“. Inzwischen ist er parteilos. © Sebastian Willnow/dpa
AfD-Parteitag Riesa - Proteste
Mit dem Aufstieg der AfD zur bundesweiten Größe und dem Einzug in zahlreiche Landesparlamente sowie den Deutschen Bundestag mehrte sich auch der Protest gegen die Rechtspopulisten. Der AfD-Bundesparteitag in Riesa im Januar 2025 wurde von zahlreichen Demonstrationen begleitet. © Daniel Wagner/dpa
AfD-Bundesparteitag in Riesa mit Alice Weidel
Die Proteste hielten die Delegierten auf dem AfD-Bundesparteitag aber nicht davon ab, Alice Weidel zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl 2025 zu ernennen. Die AfD stellt damit erstmals in ihrer Geschichte eine eigene Kanzlerkandidatin. © Sebastian Kahnert/dpa

„Remigrations“-Sticker im Sonderangebot: AfD rührt Werbetrommel auf Social Media

Der Landesvorsitzende der AfD in Thüringen, Björn Höcke, erklärte über X knapp: „Das polit-mediale Kartell hat #Remigration zum ‚Unwort des Jahres‘ erklärt.“ „Besser kann der Widerstreit zwischen Herrschenden und Volk“ nicht zum Ausdruck bringen. Anna Leisten, die Landesvorsitzende der Jungen Alternativen (JA) in Brandenburg, teilte wiederum ein Sonderangebot aus dem Online-Shop der Jugendorganisation: 50 Sticker mit der Aufschrift „Remigration – die einzige Antwort auf abgelehnte Asylanten“ kosten nun 30 Cent weniger.

Der Begriff Remigration floriert in den sozialen Netzwerken. Immer wieder scheint es der AfD zu gelingen, aufkommende Eklats – zumindest in ihren Kreisen – zu ihren Gunsten umzudeuten. Gerade unter ihren Anhängern geht diese Strategie offenbar auf. „Gegenüber ihrer Kernwählerschaft nimmt die AfD keinen Schaden, allerdings geht es ihr auch um die Anschlussfähigkeit an die gesellschaftliche Mitte“, schätzte Hillje die Auswirkungen der Correctiv-Recherche ein.

Kommunikationsberater über die AfD – „politische Vertretung für bestimmte radikalen Positionen“

„Die AfD sendet deshalb nach solchen Skandalen eine Doppelbotschaft, sie operiert mit einer strategischen Ambivalenz. Für die Medien und demokratische Gesellschaft relativiert sie, entlässt als Bauernopfer einen Mitarbeiter. Aber in Richtung des rechtsextremen Milieus und ihrer Kernwählergruppe versichert sie gleichzeitig, dass sie die politische Vertretung für bestimmte radikalen Positionen ist.“

Das Bauernopfer fand die Partei bereits am Dienstag. Weidel trennte sich von ihrem persönlichen Referenten Roland Hartwig. Die Entscheidung habe man „im Zusammenhang mit dem Treffen in Potsdam“ getroffen. Hartwig war einer der AfD-Politiker gewesen, die an dem Treffen teilgenommen hatten. Neben Hartwig waren auch die AfD-Bundestagsabgeordente Gerrit Huy, der Fraktionsvorsitzende der AfD in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, und der stellvertretende Vorsitzende im Kreis Potsdam, Tim Krause, anwesend.

Doch ein Ausbrechen aus dem strategischen Kommunikationskreislauf der AfD erscheint schwer. Die Eklats der jüngeren Parteigeschichte haben der AfD kaum geschadet. In den aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl rangieren die Rechtspopulisten regelmäßig über der 20-Prozent-Marke. Bei den im Jahr 2024 anstehenden Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern hat die AfD sehr gute Chancen, stärkste Kraft zu werden.

Kommunikationsstrategie der AfD – Öffentlichkeit muss „rechtsextremen Konzepte offenlegen“

„Die demokratische Öffentlichkeit muss diese Umdeutungsversuche aufdecken und die rechtsextremen Konzepte offenlegen“, rät Hillje, um der Kommunikationsstrategie entgegenzuwirken. „Das Gesellschaftsideal vieler AfD-Politiker besteht sowohl aus einer ethnisch homogenen als auch einer politisch homogenen Zusammensetzung. Das heißt, dass Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch politisch Andersdenkende mit deutschen Wurzeln nicht dazugehören sollen.“

Als Beispiel für dieses Gesellschaftsbild führte Hillje den AfD-Vorsitzenden aus Thüringen an. „Höcke spricht von Volksteilen, die man verlieren werde, deshalb spricht er von einem Aderlass. Eine Metapher, die zum Ausdruck bringt, dass Menschen gewissermaßen vom eigenen Blut verdrängt werden müssten.“ Höcke, der nach einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 2019 öffentlich als „Faschist“ bezeichnet werden darf, könnte der große Sieger bei der Landtagswahl in Thüringen im September werden. In den Umfragen liegt seine Partei aktuell bei deutlich über 30 Prozent. Ein Erfolg, der wohl auch auf die Kommunikationsstrategie seiner Partei zurückzuführen ist. (fd)

Rubriklistenbild: © Bernd Elmenthaler/imago-images

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