Jury hat entschieden
„Remigration“ ist das „Unwort des Jahres“ 2023 - Scholz reagiert
In Marburg kürt eine Jury das „Unwort des Jahres“ 2023. Der Sieger kam zuletzt häufiger in Schlagzeilen vor.
Update vom 15. Januar, 16.45 Uhr: Auch an Olaf Scholz ist das „Unwort des Jahres“ 2023 nicht vorbeigegangen. Auf der Plattform X schrieb der Bundeskanzler mit Hinblick auf den Begriff „Remigation“: „Wer hier lebt, hier arbeitet und sich zu den Grundwerten unserer Demokratie bekennt, gehört zu uns. Unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe. Punkt.“
Erstmeldung: Berlin – „Remigration“ ist das Unwort des Jahres 2023. Als rechter Kampfbegriff werde „Remigration“ als „beschönigende Tarnvokabel“ und „rechter Kampfbegriff“ benutzt, teilte die Jury der sprachkritischen Aktion am Montag (15. Januar) im hessischen Marburg zur Begründung mit. Tatsächlich solle damit eine menschenunwürdige Abschiebepraxis verschleiert werden.
Bei der bundesweit viel beachteten Unwortaktion werden seit 1991 nach Auffassung der Fachleute unmenschliche oder unangemessene Begriffe ausgewählt, die gegen das Prinzip der Menschenwürde verstoßen, in irreführender Weise etwas Negatives beschönigen oder diskriminieren.
„Unwort des Jahres“ seit 1991
| Unwort des Jahres | Jahr |
|---|---|
| Remigration | 2023 |
| Klimaterroristen | 2022 |
| Pushback | 2021 |
| Rückführungspatenschaften, Corona-Diktatur | 2020 |
| Klimahysterie | 2019 |
| Anti-Abschiebe-Industrie | 2018 |
| alternative Fakten | 2017 |
| Volksverräter | 2016 |
| Gutmensch | 2015 |
| Lügenpresse | 2014 |
| Sozialtourismus | 2013 |
| Opfer-Abo | 2012 |
| Döner-Morde | 2011 |
| alternativlos | 2010 |
| betriebsratsverseucht | 2009 |
| notleidende Banken | 2008 |
| Herdprämie | 2007 |
| freiwillige Ausreise | 2006 |
| Entlassungsproduktivität | 2005 |
| Humankapital | 2004 |
| Tätervolk | 2003 |
| Ich-AG | 2002 |
| Gotteskrieger | 2001 |
| national befreite Zone | 2000 |
| Kollateralschaden | 1999 |
| sozialverträgliches Frühableben, Belegschaftsaltlasten, Humankapital, Moralkeule | 1998 |
| Wohlstandsmüll, Organspende, Blackadepolitik/-politiker, neue Beelterung | 1997 |
| Rentnerschwemme, Flexibilisierung, Outsourcing, Umbau des Sozialstaates, Gesundheitsreform, Sozialhygiene | 1996 |
| Diätenanpassung, Altenplage, Biologischer Abbau, Abfackeln | 1995 |
| Peanuts, Besserverdienende, Dunkeldeutschland, Buschzulage, Freisetzungen | 1994 |
| Überfremdung, kollektiver Freizeitpark, Sozialleichen, schlanke Produktion | 1993 |
| ethnische Säuberung, weiche Ziele, auf-/abklatschen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen, Beileidstourismus | 1992 |
| ausländerfrei, durchrasste Gesellschaft, intelligente Waffensysteme, Warteschleife | 1991 |
Gastjuror Ruprecht Polenz (CDU) kommentierte die Auswahl laut Pressemitteilung wie folgt: „Der harmlos daherkommende Begriff Remigration wird von den völkischen Nationalisten der AfD und der Identitären Bewegung benutzt, um ihre wahren Absichten zu verschleiern: die Deportation aller Menschen mit vermeintlich falscher Hautfarbe oder Herkunft, selbst dann, wenn sie deutsche Staatsbürger sind. Nach der Wahl zum ‚Unwort des Jahres‘ sollte diese Täuschung mit Remigration nicht mehr so leicht gelingen.
Auf Platz zwei der Wahl kam das Wort „Sozialklimbim“, das im Zuge der Diskussion um die Kindergrundsicherung verwendet wurde und nach Auffassung der Jury für eine wieder häufiger zu beobachtende diskriminierende Rhetorik stehe. Auf Platz drei der Unwortwahl landete „Heizungs-Stasi“, das für eine populistische Stimmungsmache gegen Klimaschutzmaßnahmen stehe.
2301 Einsendungen waren insgesamt für das letzte Jahr eingegangen. Auf Platz zwei und drei landen „Sozialklimbim“ und „Heizungs-Stasi“. Der Vorjahressieger war der Begriff „Klimaterroristen“. (lrg/afp)