„Im Ernstfall“
„Es wäre ein GAU“: Experte warnt vor gefährlicher Fantasie von AfD und Wagenknecht
Bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg könnte die AfD gefährlich werden. Ein Politologe erklärt Sahra Wagenknecht Rolle dabei.
Im September 2024 wählen die Menschen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg neue Landtage. In den jüngsten Umfragen zu den Ost-Landtagswahlen 2024 ist die AfD stärkste Kraft. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) landet auf Platz drei – ist also eine echte Konkurrenz für die CDU, die eine Koalition mit der AfD ausschließt.
Bündnis von Wagenknecht und AfD: „Heißt nicht, dass ihr in dieser Hinsicht die Fantasie ausgehen müsste“
Sahra Wagenknechts neues Bündnis könnte der AfD den Weg in die Landesregierung ebnen, befürchtet der Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar von der Universität Hamburg. „Auch wenn Frau Wagenknecht nicht müde geworden ist, ein Bündnis mit der AfD auszuschließen, so heißt das nicht unbedingt, dass ihr in dieser Hinsicht die Fantasie ausgehen müsste, um sich im Ernstfall nicht doch umzuentscheiden“, sagt er BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA.
Andere Politikwissenschaftler glauben fest daran, dass Wagenknecht nicht mit der AfD koalieren würde, auch wenn sie „links und rechts fischt“. Kraushaar hingegen verweist auf die Umfragen, nach denen das BSW in Thüringen rund 20 und in Sachsen etwa 15 Prozent bekommt. In den beiden Bundesländern wären im Verbund mit der AfD bis zu 50 Prozent denkbar, warnt er. „Also eine klare Mehrheit an Mandaten. Und das wäre in der Tat der parlamentarische GAU, den wir auf Landesebene zu befürchten hätten.“
Landtagswahlen im Osten: Rechtsruck wie in Frankreich durch Linksbündnis verhindern?
Verhindern kann eine rechte Regierung im Osten also nur eine Sahra Wagenknecht, die wirklich nicht mit der AfD koaliert. Ein Linksbündnis wie bei den Parlamentswahlen in Frankreich werde den Rechtsruck bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg jedenfalls nicht verhindern: „Etwas Vergleichbares wie das Wahlbündnis ‚Nouveau Front populaire‘ hat es in Deutschland nie gegeben“, sagt Kraushaar BuzzFeed News Deutschland.
„Die Vorstellungen von einer republikanischen Volksfront sind in unserem Nachbarland seit der Französischen Revolution offenbar immer noch fest verankert. Diese politische Reserve sitzt so tief, dass sie in Zeiten politischer Gefahr, insbesondere durch den Faschismus, Rassismus und Rechtsradikalismus, immer noch aufgerufen und freigesetzt werden kann.“
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„Vermessen“ bei den Landtagswahlen „auf einen Linksruck zu hoffen“
Eine vergleichbare Tradition gebe es hierzulande nicht, sagt Kraushaar. Erstens, weil Deutschland ein anderes Wahlsystem habe, zweitens, weil gar niemand da sei, der für eine linke Volksfront stehen könne. Die „Linke“ sei so geschwächt, dass sie kaum über fünf Prozent kommen dürfte.
„Die SPD ist durch die wenig überzeugende Politik der Ampelkoalition, insbesondere das mangelnde Geschick ihres Kanzlers, inzwischen so weit, dass sie ebenfalls Probleme haben dürfte, diese Hürde zu überwinden“, sagt er mit Blick auf Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Für die Grünen gelte dasselbe: „Auch die Grünen sind in der Ex-DDR inzwischen weitgehend bedeutungslos geworden.“
Es wäre „vermessen, angesichts des absehbaren Wahldebakels der drei Ampelparteien im September und dem damit wohl verbundenen Aufstieg der AfD auf einen Linksruck in den ostdeutschen Bundesländern hoffen zu wollen“, sagt der Politikwissenschaftler BuzzFeed News Deutschland zu den Landtagswahlen 2024: „Dieser ist nicht in Sicht“.
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