Drei Monate vor der Wahl
Umfrage-Beben in Thüringen: Wagenknechts BSW nur noch knapp hinter AfD und CDU – Ampel droht Debakel
Bald wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Laut einer aktuellen Umfrage sind plötzlich neue Machtverhältnisse möglich. In der Hauptrolle: Sahra Wagenknecht.
Update vom 19. Juni 2024, 22.11 Uhr: Auch in Sachsen ist Wagenknechts BSW in einer Umfrage stark – sogar stärker als alle Ampel-Parteien zusammen.
Erstmeldung vom 18. Juni 2024: Erfurt – Die Wahl Thomas Kemmerichs zum ersten FDP-Ministerpräsidenten ging vor vier Jahren in die bundesdeutsche Geschichte ein – die Folgen der Wahl stürzten am Ende sogar die damalige CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Wahl in drei Monaten dürfte somit innenpolitisch hochbrisant werden – das zeigte auch das kürzliche TV-Duell zwischen Björn Höcke und Mario Voigt. Eine aktuelle Umfrage deutet erneut auf eine schwierige Regierungsbildung mit völlig neuen Machtoptionen hin.
Wahl in Thüringen 2024: Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei 21 Prozent – dreimal so stark wie die SPD
Das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap befragte im Auftrag des MDR zwischen dem 13. und 16. Juni 1172 repräsentativ ausgewählte Thüringerinnen und Thüringer. Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow verliert demnach weiter an Zustimmung und käme nur noch auf elf Prozent, wie die am Dienstag veröffentlichte Befragung zeigt. Stärkste Kraft wäre die AfD mit 28 Prozent, die vom Landesverfassungsschutz in Thüringen als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird.
Die CDU erreicht der Umfrage zufolge 23 Prozent, knapp gefolgt vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 21 Prozent. Die SPD kommt auf sieben Prozent, während Grüne und FDP nicht mehr im Landtag vertreten wären.
Eine Regierungsbildung könnte schwierig werden, da weder das derzeit regierende Bündnis von Rot-Rot-Grün noch eine andere derzeit in Deutschland regierende Koalition eine Mehrheit hätte. Rechnerisch möglich wäre ein Dreierbündnis aus CDU, BSW und SPD.
Thüringen-Wahl 2024: AfD stärkste Partei, FDP nur unter Sonstige: die Umfragewerte im Überblick
Die Umfrageergebnisse im Überblick – die „sonstigen“ Parteien kommen auf 6 Prozent, darunter wird auch die FDP geführt:
| AfD | 28 Prozent | Minus 1 Prozent |
| CDU | 23 Prozent | Plus 3 Prozent |
| BSW | 21 Prozent | Plus 6 Prozent |
| Linke | 11 Prozent | Minus 5 Prozent |
| SPD | 7 Prozent | Minus 2 Prozent |
| Grüne | 4 Prozent | Minus 1 Prozent |
Die FDP will trotz der schlechten Umfragewerte bei der Landtagswahl wieder den Einzug ins Parlament schaffen. „Acht Prozent für Thüringen, das ist unser Ziel“, sagte der Spitzenkandidat und Landesvorsitzende Thomas Kemmerich am Wochenende in Erfurt. „Unser Ziel bleibt: eine bürgerliche Regierung bilden mit CDU und SPD“, so Kemmerich weiter. Koalitionen mit den Linken und den Grünen sowie dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) schloss Kemmerich aus, genauso wie jegliche Zusammenarbeit mit der AfD.
CDU-BSW-Regierung nach Thüringen-Wahl 2024? „Müssen gesprächsbereit bleiben“
Die Umfrage-Ergebnisse für Thüringen rücken eine mögliche Zusammenarbeit von CDU und BSW in den Fokus. Erst kürzlich hatte die Absage des CDU-Chefs Friedrich Merz an eine solche Koalition für Wirbel gesorgt – in seiner Partei wollen einige die Tür zu einem neuen Bündnis aus CDU und BSW nicht zustoßen. Merz hatte klargemacht, dass eine Zusammenarbeit auf Bundesebene keine Option sei, erklärte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Auf Landesebene müsse man aber „sehr genau hinschauen“, wer dort für das BSW antrete.
Auch Armin Laschet, der selbst bis 2022 CDU-Parteivorsitzender war, betonte kürzlich, dass die CDU die Koalitionen mit dem BSW nicht ausgeschlossen habe. CDU-Fraktionsvize Sepp Müller sagte nun dem Tagesspiegel, dass die CDU außer bei AfD und Linke mit allen anderen Parteien „gesprächsbereit bleiben muss.“ Er betont explizit für das ostdeutsche Bundesland: „Es kommt auf die Inhalte und Personen vor Ort an. In Thüringen treten die Oberbürgermeisterin aus Eisenach an oder ein Fernsehmoderator vom MDR. Mit diesen Menschen kann man, soweit ich das beurteilen kann, reden.“
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