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Rat aus Forschung und Politik

Billionen-Frage im Angesicht von Putin und Trump: Wie aufrüsten? Fünf Experten antworten

Das Geld ist da – der Plan auch? Europa und Deutschland wollen sich für einen russischen Angriff wappnen. Wir haben Experten nach dem „Wie“ gefragt.

München/Rottach-Egern – Der erste Wirbel hat sich gelegt, die ersten Programme und Pläne sind verabschiedet – nun wird es langsam ernst. Denn mit Geld alleine ist es nicht getan. Europas Billionen-Euro-Frage lautet: Wie sollen die EU und ihre Mitgliedsstaaten all die neuen (Schulden-)Mittel für die Verteidigung einsetzen, um unabhängig von den USA und sicher vor Russland zu sein?

Dass sie genau das werden müssen, davon sind Experten überzeugt, selbst wenn Donald Trump und Wladimir Putin nicht mehr im Honeymoon der Machthaber sind. Wie dabei vorzugehen ist, das hat der Münchner Merkur zuletzt Experten verschiedener Hintergründe gefragt. Ein Überblick über die Forderungen und Ratschläge aus Wissenschaft, Militär, Industrie und Politik:

Bundeswehr fit machen für Verteidigung: Konteradmiral a.D. verweist auf Lehren aus Ukraine-Krieg

Jürgen Ehle kennt als Bundeswehr-Konteradmiral a.D. und langjähriger Funktionär bei Nato und EU, sehr gut die Lage des Militärs. EU wie Nato müssten wieder die „Sprache der Macht“ lernen – die Situation sei ernst, sagte Ehle unserer Redaktion.

Ehle mahnt: „Wir brauchen eine viel, viel bessere Kooperation in der Rüstungspolitik.“ Europa habe zu viele verschiedene Waffensysteme und zu wenig „Interoperabilität“. Gemeint ist damit die Möglichkeit, die verschiedenen Produkte miteinander zu verzahnen und ohne große Schulungen wechselseitig bedienen zu können. „Wir müssen die Strukturen in der Rüstungszusammenarbeit ändern und Bürokratien abbauen. Das ist das A und O auch in der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.“ Nicht umsonst forderte das neue „Weißbuch“ der EU 40 Prozent der Rüstungsgüter künftig in Europa zu beschaffen.

Jürgen Ehle diente zuletzt als Konteradmiral der Bundeswehr – 2024 ging er nach gut 48 Dienstjahren in Ruhestand.

Der erfahrene Soldat sieht indes in unbemannten Systemen wie Drohnen, Robotern und Co. zwar prinzipiell „die Zukunft“. Aber nicht umsonst gebe es in Russlands Angriffskrieg „unglaublich viele Opfer auf beiden Seiten“: Zu beobachten sei in der Ukraine auch ein „Stellungskrieg wie im Ersten Weltkrieg“, so Ehle. „Es wird künftig wohl eine Kombination aus Stellungskrieg und modernster unbemannter Waffentechnik geben.“ Das berühre auch Bereiche jenseits des simplen Material-Kaufs. „Dass wir mehr Soldaten brauchen, ist eine der Lehren des Ukraine-Kriegs“, sagt der langjährige Bundeswehr-Entscheider. Vielleicht auch deshalb werde nun wieder eine Wehrpflichtdebatte geführt.

Militärische Stärke gegen Putin: Verteidigungsexperte sieht „Bedarf im gesamten Spektrum“

Ulf Steindl, Experte des Austrian Institute for European and Security Policy, sieht vor allem dringenden Bedarf an sehr grundlegenden Investitionen: Der Großteil der Gelder müsse „in den Ausbau der eigenen rüstungsindustriellen Basis fließen, um Europas Unabhängigkeit, Autonomie und Handlungsfähigkeit zu stärken“, sagt er unserer Redaktion auf Anfrage. Tatsächlich beziehen die EU-Staaten bislang viele Rüstungsgüter aus den USA. Als – politisch schwieriger – Partner beim Rüstungskauf rückte zuletzt die Türkei wieder in den Fokus.

Auch Steindl betont entsprechend: Neue Beschaffungen müssten gemeinsam erfolgen und der europäischen Rüstungsindustrie zugutekommen. Ausnahmen könne es geben. Beim Aufbau von Munitionsvorräten etwa sei Pragmatismus geboten – und teils Zusammenarbeit mit Drittstaaten.

Welche Güter nun nötig sind? „Der Bedarf umfasst das gesamte Fähigkeitsspektrum“, erklärt Steindl. „Priorität haben jedoch Luftraumverteidigung, Drohnen und deren Abwehr“, ebenso wie „‚strategic enablers und Durchhaltefähigkeit“. Unter „strategic enablers“ versteht man Techniken und -services, die die Basis für konkrete Handlungen sind – etwa Satelliten- und Geheimdienstaufklärung oder Logistik zur Verlegung von Menschen und Material.

CDU-Experte warnt vor Putin – und davor, „nur mehr vom Alten zu machen“

Roderich Kiesewetter, Außenexperte der CDU und Bundeswehr-Oberst a.D., forderte zuletzt im Interview, beim Einsatz der Verteidigungsmilliarden „Lektionen aus den Kriegen der letzten zehn Jahre zu lernen“ – statt „nur mehr vom Alten zu machen“. Als entscheidend hätten sich etwa „Drohnenverwendung, Drohnensteuerung, frühe Aufklärung“ erwiesen. Ebenso „das Verhältnis von Aufwand und Mitteln“.

CDU-Politiker und Bundeswehr-Oberst a.D. Roderich Kiesewetter am Freitag beim Litauisch-Deutschen Forum in München.

So ließen sich mit vergleichsweise günstigen Drohnen sehr teure Radarsysteme und andere Stellungen bekämpfen. Andererseits seien sehr teure Raketen gegen sehr einfache Drohnen im Einsatz, weil passendere Mittel fehlten. Im Interview äußerte Kiesewetter eine weitere Mahnung: Gegebenenfalls auch ohne zwischenstationierte Präzisionsraketen und Marschflugkörper der USA müsse Europa in der Lage sein, etwa russische Kommandoposten zu erreichen: „Auch, um eine russische Erpressung zu verhindern.“ Auf diesem Feld müsse man „viel, viel schneller handeln“ und eigene Systeme entwickeln.

Kiesewetter hat zugleich einen Rat, wenn es um die Herkunft der Rüstungsgüter geht: Die EU solle sich bei Partnern umsehen, sagt der CDU-Politiker auch angesichts der Volten von Donald Trump – etwa in Südkorea, Japan, den Philippinen, Indonesien oder Australien. „Diese Länder gehören zu den Verteidigern der regelbasierten Ordnung, von freier Bündniswahl und Unverletztlichkeit der Grenzen“. Wenn man „dazwischen“ stehende Länder wie Brasilien und Indien einbinde, könne man von deren Innovationskraft profitieren – und zeigen, dass Ideen von Frieden und Freiheit nicht geografisch begrenzt, sondern offen für alle seien.

Rüstung aus ökonomischer Sicht: Produktion anheben, Technologien ausbauen – „Riesenchance“

Lars-Hendrik Röller gehört zu den profiliertesten Ökonomen Deutschlands in Sachen konkreter Politikberatung. Er arbeitete unter Angela Merkel zehn Jahre im Kanzleramt und war auch Chefunterhändler etwa bei G7-Gipfeln. Röller sieht die wichtigste Aufgabe darin, mehr Verteidigungsgüter in Europa zu produzieren, wie er dem Merkur im Interview sagte. Zugleich müsse man europäisch abgestimmt vorgehen: „Damit nicht jeder sein eigenes System hat, sondern man Skaleneffekte nutzt und die Produktion anhebt.“

Das seien vor allem Fragen der Struktur – aber das neue Geld sei natürlich „hilfreich im Umsetzen dieser Strukturen“. Über gewisse Technologien verfüge Europa zwar noch nicht, sagte der Wirtschaftsexperte. „Das heißt, der Prozess wird Zeit brauchen. Aber: Man kann das verstetigen und damit der europäischen Industrie ein Signal geben, sich zu entwickeln, zu investieren.“ Unternehmen etwa im Automobilbereich überlegten bereits, Drohnen zu bauen.

Zu seiner Zeit im Kanzleramt habe die Gesellschaft derartige Debatten nicht hören wollen. Die Politik habe jetzt – wenn sie die neuen Schulden sinnvoll nutze – eine „Riesenchance“. Deutschland müsse nun aber auch die verbleibenden Jahre nutzen, um sich besser vor einem Angriff Russlands zu wappnen.

Rüstungsindustrie sieht breiten Bedarf: „Althergebrachter Kampf genauso wie Drohnen“

Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, möchte den Entscheidern von Politik und Militär auf Nachfrage eigentlich nicht vorgreifen – durchaus verständlich, vertritt er doch die gesamte, recht diverse Branche.

„Mir sagen die Experten, wir brauchen im Grunde sowohl die Ausstattung für den hergebrachten Kampf auf dem Land als auch elektronische Rüstung – Drohnen, Drohnenabwehr und so weiter“, sagte Atzpodien dennoch zuletzt im Gespräch mit unserer Redaktion. Den Bedarf bestimme aber nicht die Industrie, sondern die Nato.

Promis, Premieren und Problemfälle: Das ist Ursula von der Leyens neue EU-Kommission

Informeller EU-Gipfel
Ursula von der Leyen (Deutschland): Von der Leyen ist zum zweiten Mal EU-Kommissionschefin. Eine ihrer wichtigen Aufgaben ist es, den EU-eigenen Institutionen Gewicht zu verleihen und Kompromisse zu finden – auch im Austausch mit den Staats- und Regierungschefs, im „EU-Rat“. Hier ist sie bei einem informellen Treffen in Budapest zu sehen; im EU-blauen Blazer. © Kay Nietfeld
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Kaja Kallas (Estland, Liberale): Sechs Kommissions-Vizepräsidentinnen und -präsidenten hat von der Leyen. Eine davon ist Kaja Kallas. Als Außenbeauftragte der EU ist ihr ohnehin eine besondere Rolle zugedacht. Die Estin gilt als vehemente Unterstützerin der Ukraine und Vertreterin eines harten Kurses gegenüber Wladimir Putins Russland. Ihr großes Ziel: Die 27 Staaten auf eine gemeinsame Position und Stimme zu einen. © Kay Nietfeld/dpa
Am Ende ist es gutgegangen: Italiens neuer EU-Kommissar Raffaele Fitto und Giorgia Meloni bei einer Militärparade.
Raffaele Fitto (Italien, EKR): Über die Personalie Fitto wurde im EU-Parlament heftig gestritten. Der Grund: Der Italiener gehört Giorgia Melonis Partei Fratelli d‘Italia an. Er ist der erste Politiker rechts der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), der Kommissions-Vizepräsident wird. Vorgeworfen wurden ihm unter anderem Voten zugunsten Ungarns im Rechtsstaats-Streit mit Viktor Orbán. Mit seinem Fach, der Regionalentwicklung in der EU, kennt sich Fitto aber recht gut aus. Er gehörte jedenfalls lange dem zugehörigen Ausschuss an.  © Luigi Mistrulli/picture-alliance/dpa/IPA/Zuma
Teresa Ribera Rodriguez (Spanien, Sozialdemokraten): Auch für Kommissions-Vizepräsidentin
Teresa Ribera Rodriguez (Spanien, Sozialdemokraten): Auch für Kommissions-Vizepräsidentin Teresa Ribera war die Bestätigung durch das EU-Parlament kein Spaziergang. Die neue Wettbewerbs-Kommissarin amtierte zuvor als Spaniens Ministerin für „ökologischen Umbau“. Die Konservativen im Land machten ihr Vorwürfe in Zusammenhang mit der Flutkatastrophe in Valencia. Vielleicht auch aus taktischen Erwägungen. Der Streit endete mit einem Kuhhandel: Die Sozialdemokraten ließen Fitto passieren, die EVP Ribera. © IMAGO/Belga
Stéphane Séjourné (Frankreich, Liberale)
Stéphane Séjourné (Frankreich, Liberale): Eher indirekten Theaterdonner gab es um die Nominierung von Industrie-Kommissar und Vizepräsident Sejourné. Eigentlich wollte Emmanuel Macron noch einmal Thierry Breton als Kommissar sehen. Breton hatte in Brüssel polarisiert, unter anderem mit seinem Einsatz für Atomkraft – von der Leyen bat um eine Alternative. Die wurde in Sejourné gefunden. Der amtierte zuvor einige Monate lang als Frankreichs Außenminister. © Kay Nietfeld/dpa/picture-alliance
Henna Virkkunen (Finnland, Konservative) kommissarin technische souveränität
Henna Virkkunen (Finnland, Konservative): Auch Finnland bekommt eine Vizepräsidentin. Von 2008 bis 2014 war Virkkunen Ministerin in der Heimat – nacheinander für Bildung, öffentliche Verwaltung und (kurz) auch Verkehr. Ab 2014 war die 1972 geborene Konservative EU-Abgeordnete und zuletzt Leiterin der finnischen Delegation in der konservativen EVP. Ihr neuer Posten hat durchaus Relevanz: Als Kommissarin kümmert sich Virkkunen um „Technische Souveränität, Sicherheit und Demokratie“ – Stichwort Cyberattacken und Desinformation. © IMAGO/Nicolas Landemard/Le Pictorium
Roxana Minzatu (Rumänien, Sozialdemokraten) Kompetenzen Vorsorge Kommissarin
Roxana Minzatu (Rumänien, Sozialdemokraten): „Menschen, Kompetenzen und Vorsorge“ sind die inhaltlichen Aufgaben der ersten rumänischen Vizepräsidentin in der Geschichte der Kommission. Kleinere Verstimmungen gab es eher zu ihrem Titel als zu ihrer Person: Einige Abgeordnete hätten gerne auch die Worte „Bildung“ und „Beschäftigung“ über ihrem Portfolio gesehen. In der Heimat war Minzatu schon Staatssekretärin und kurzzeitig Ministerin. Beide Male ging es auch um die Verteilung von EU-Mitteln. © Denis Lomme/EP
Andrius Kubilius litauen konservative verteidigungs kommissar eu
Andrius Kubilius (Litauen, Konservative): Erstmals gibt es einen EU-Verteidigungskommissar – bemerkenswerterweise kommt er wie die Außenbeauftragte aus dem Baltikum. Kubilius ist in seiner Heimat höchst bekannt. Und in Russland Persona non grata. Kubilius war Litauens Premier, Chef der konservativen Vaterlandsunion und später Berater des damaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Der Kreml verhängte ein Einreiseverbot. © Philipp von Ditfurth/dpa/picture-alliance
Valdis Dombrovskis (Lettland, Konservative) kommissar eu wirtschaft
Valdis Dombrovskis (Lettland, Konservative): „Sie kennen mich“ hätte Dombrovskis (li.) den EU-Parlamentariern zurufen können – der dritte Balte im Reigen ist schon seit 2014 Kommissar. Zuerst war er für den Euro zuständig, dann für Wirtschaft, ab 2020 schließlich für Handel. Nun heißt sein Portfolio wieder „Wirtschaft“; hinzu kommt „Vereinfachung“. Dombrovskis kennt das Feld und auch viele Minister auf dem internationalen Parkett. Mit einem kleinen Dämpfer muss er aber leben: 2019 noch machte ihn von der Leyen zu einem ihrer Vize. Das ist nun passé. © IMAGO/Nicolas Landemard
Dubravka Šuica (Kroatien, Konservative) EU-Kommissarin bei einer Papst-Audienz
Dubravka Šuica (Kroatien, Konservative): Unter der schönen Überschrift „Neuer Schwung für die Europäische Demokratie“ war Šuica schon Mitglied der Kommission „von der Leyen I“ – Demokratie und Demografie lauteten ihre Aufgaben. Eine Privataudienz beim Papst (im Foto) stand auch auf dem Programm. Die Kroatin hat nun ein taufrisches Amt bekommen: Kommissarin für den Mittelmeerraum. Diesen Posten gab es seit den 90ern nicht mehr. Eng zusammenarbeiten wird Šuica wohl mit der Außenbeauftragten Kaja Kallas. Anders als die ist aber nicht (mehr) Vize-Präsidentin. © IMAGO/VATICAN MEDIA / ipa-agency.net
Hadja Lahbib kommissarin Katastrophenmanagement befragung brüssel belgien
Hadja Lahbib (Belgien, Liberale): Kritische Fragen musste sich Lahbib bei ihrer Befragung im Europaparlament anhören: Sie galt einigen Beobachtern als zu unerfahren – und hat mit „Resilienz und Krisenmanagement“ sowie „Gleichstellung“ ein gewichtiges Portfolio. Lahbib hatte zwar seit 2022 als belgische Außenministerium schon eine herausgehobene Position. Schon diese Nominierung war aber eine massive Überraschung. Lahbib arbeitete bis dahin als Journalistin und war Quereinsteigerin in die Politik. Beruflich hatte sie allerdings schon mehrfach aus Kriegs- und Krisengebieten berichtet. © Virginia Mayo/dpa/picture alliance
Maria Luís Albuquerque (Portugal, Konservative): Einen interessanten Posten hat Portugals Vertreterin erhalten:
Maria Luís Albuquerque (Portugal, Konservative): Einen interessanten Posten hat Portugals Vertreterin erhalten: Maria Luís Casanova Morgado Dias de Albuquerque ist Kommissarin für Finanzdienstleistungen und für die „Spar- und Investitionsunion“. In den schwierigen Jahren 2013 bis 2015 war die 57-Jährige Finanzministerin. Später wechselte sie zu den Finanz-Playern Arrow Global und Morgan Stanley. Die Finanzwirtschaft findet das gut – im Parlament sorgte es auch für Argwohn. Die Politikerin versprach nun, sie werde sich vor allem um finanzielle Stabilität kümmern. © IMAGO/Wiktor Dabkowski
Piotr Serafin (Polen, Konservative) Haushalt EU Kommission PO
Piotr Serafin (Polen, Konservative): Der Machtwechsel in Polen hat auch Folgen in Europa. Die letzten fünf Jahre kam Warschaus Kommissar aus der PiS. Der neue Regierungschef Donald Tusk sendet nun mit Serafin einen engen Vertrauten. Schon von 2008 bis 2010 war der – in zweiter Reihe – in polnischen Tusk-Kabinetten dabei. Als Tusk 2014 bis 2019 EU-Ratschef war, stand ihm Serafin als Büroleiter zur Seite. Er gilt als zuverlässiger Arbeiter. Nun soll er von der Leyens EU-Haushalt erst schmieden, dann zusammenhalten. © IMAGO/Wiktor Dabkowski
Dan Jørgensen (Dänemark, Sozialdemokraten) Energie wohnen eu kommission
Dan Jørgensen (Dänemark, Sozialdemokraten): Jørgensen war eine Art Megatalent der dänischen Politik: 2004 mit 29 ins Europaparlament gewählt, seit dem 38. Lebensjahr Minister. Seit 2019 war der Sozialdemokrat für Klimapolitik zuständig. In der Kommission kümmert er sich nun um „Energie und Wohnen“ – da gibt es jedenfalls Schnittpunkte. Als Dänemarks Vertreter folgt Jørgensen auf die prominente Wettbewerbspolitikerin Margrethe Vestager. © IMAGO/Thomas Traasdahl
Apostolos Tzitzikostas (Griechenland; Konservative) Kommissar Verkehr
Apostolos Tzitzikostas (Griechenland; Konservative): 2015 wollte Tzitzikostas Parteichef der konservativen Nea Dimokratia werden – und verpasste die Stichwahl. Das Rennen machte Kyriakos Mitsotakis. Er entsandte den Ex-Rivalen jetzt nach Brüssel, die Nominierung gilt als Wink an rechte Hardliner. Denn Tzitzikostas ist einerseits ein erfahrener Regionalpolitiker, hat andererseits aber schon für Trouble gesorgt; etwa mit einer freundlichen Haltung gegenüber der mittlerweile verbotenen faschistischen Partei „Goldene Morgenröte“. Lenken soll Tzitzikostas das eher unheikle Ressort Verkehr und Tourismus. © IMAGO/Nicolas Landemard/Le Pictorium
Ekaterina Sachariewa (Bulgarien; Konservative) kommission forschung startups innovation
Ekaterina Sachariewa (Bulgarien; Konservative): Sachariewa ist keine Unbekannte auf europäischem Parkett – das Foto zeigt sie 2020 als bulgarische Außenministerin mit den Amtskollegen Jean Asselborn (li.) und Luigi Di Maio. Ministerin für regionale Entwicklung und Justizministerin war Sachariewa auch schon. Kritiker – darunter die Organisation LobbyControl – sehen Verdachtsfälle fragwürdiger Amtsführung nicht ausgeräumt. So oder so darf sich Sachariewa jetzt in ein neues Feld einarbeiten: Start-ups, Forschung und Innovation.  © picture alliance/dpa/European Council
Michael McGrath (Irland, Liberale) kommissar justitz demokratie rechtsstaat
Michael McGrath (Irland, Liberale): Ein konservativer Liberaler kommt aus Irland nach Brüssel. McGrath hat sich in Dublin vor allem mit Finanzen befasst, auch als Minister. Das passte offenbar ganz gut: Er hat zuvor unter anderem als Wirtschaftsprüfer gearbeitet. Das Portal „Politico“ beschreibt McGrath als Freund harter Arbeit und eher scheu gegenüber strategisch-taktischen Politikspielen. Der siebenfache Vater amtiert nun als Kommissar für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit. Zumindest ein wenig kontrovers wirkten dabei McGraths Skepsis gegenüber gleichgeschlechtlicher Ehe und liberalem Abtreibungsrecht. © IMAGO/Nicolas Landemard/Le Pictorium
Magnus Brunner (Österreich, Konservative) oevp kommissar migration
Magnus Brunner (Österreich, Konservative): Mitte August 2024 waren Brunner (Mi.) und Christian Lindner (2.v.r.) noch Finanzminister-Amtskollegen. Ende des Jahres ist der Österreicher bereits EU-Kommissar und Lindner einfacher Abgeordneter. Gemütlicher hatte es ÖVP-Mann Brunner daheim aber auch nicht: Erst kurz vor der Nationalratswahl im September veröffentlichte er nach oben korrigierte Defizitzahlen – ein Eklat. Trotzdem ist er in Brüssel nun für ein Großthema verantwortlich: Inneres und Migration. Eher überraschend votierten dabei auch die Sozialdemokraten für Brunner. © Gian Ehrenzeller/picture alliance/dpa/KEYSTONE
Jessika Roswall (Schweden, Konservative) eu kommissarin umwelt
Jessika Roswall (Schweden, Konservative): Mit der EU hatte Roswall schon vor ihrer Nominierung als Kommissarin zu tun. Ab 2019 war sie EU-politische Sprecherin der schwedischen Moderater, ab Oktober 2022 sogar Ministerin für EU-Angelegenheiten. Nicht ganz so firm schien die Juristin bei ihrer Parlamentsbefragung zum neuen Metier zu sein: Umwelt, Wasser und Kreislaufwirtschaft. Bei den Antworten zu letzterem Gebiet waren die Abgeordneten noch zufrieden. An den umweltpolitischen Kenntnissen gab es hörbare Zweifel, wie unter anderem „Euractiv“ berichtete. © IMAGO/Mikaela Landeström/TT
Christophe Hansen (Luxemberg, Konservative) landwirtschaft kommissar
Christophe Hansen (Luxemberg, Konservative): Hansen ist ein Kind der EU – jedenfalls beruflich. 2007, mit Mitte 20, wurde er Mitarbeiter der Abgeordneten Astrid Lulling. Fortan bekleidete er verschiedene Funktionen rund um das Thema EU, meist aus Luxemburger Perspektive. Seit 2019 ist Hansen Parlamentarier, seit 2022 als „Quästor“ Verbindungsmann zwischen Parlamentsverwaltung und Abgeordneten. Hansen hat mit dem Thema Landwirtschaft ein auch finanziell gewichtiges Ressort erhalten. Als Handels- und Umweltpolitiker hatte er schon mit einigen Aspekten zu tun. © IMAGO/Dwi Anoraganingrum
Wopke Hoekstra (Niederlande, Konservative) kommission von der leyen klima shell
Wopke Hoekstra (Niederlande, Konservative): Hoekstra ist eine Konstante in von der Leyens Kommission. Er behält die Zuständigkeit für das Klima – allerdings hatte er das Amt auch erst im Oktober 2023 von Frans Timmermans übernommen. Für Unruhe sorgte, dass Hoekstra seine berufliche Karriere just beim Öl-Riesen Shell begonnen hatte. In seinem Lebenslauf steht auch Minister-Erfahrung – fünf Jahre war Hoekstra Finanz-Ressortchef, 21 Monate lang Außenminister. Kritiker meinen, der Niederländer sei eher Experte für die steuerlichen Dimensionen seines Amtes. Die Bestätigung des Parlaments erhielt er 2024 dennoch nahezu geräuschlos. © IMAGO/Dominika Zarzycka/SOPA Images
Glenn Micallef (Malta, Sozialdemokraten) kommissar kommission bruessel jugend sport kultur
Glenn Micallef (Malta, Sozialdemokraten): Auch Brüssel-Insidern dürfte dieser Name kaum geläufig gewesen sein. Bis Sommer 2024 war Micallef vier Jahre lang Stabschef des maltesischen Premiers Robert Abela – zuvor kümmerte er sich um die Brexit-Vorbereitungen des Landes. Nun wird sich der jüngste Kommissar um die Themen Jugend, Kultur und Sport kümmern.  © IMAGO/Nicolas Landemard/Le Pictorium
Costas Kadis (Zypern, parteilos) kommissar fischerei eu leyen
Costas Kadis (Zypern, parteilos): Noch ein Ex-Minister in Ursula von der Leyens Kabinett: Kadis war von 2014 bis 2018 Kultusminister und von 2018 bis 2023 Agrarminister Zyperns. Außerdem ist er Professor der Naturschutzbiologie. Dass Kadis mit dieser Vorerfahrung für den Inselstaat Kommissar für „Fischerei und Ozeane“ wird, wirkt recht plausibel. Aus dem Parlament gab es dann auch breite Zustimmung. Allerdings ist das Ressort ungewöhnlich klein – seit 2014 war das Fischerei-Portfolio mit Umweltschutzbelangen verknüpft, bis 2004 meist mit dem Ressort Landwirtschaft. © Nicolas Landemard/IMAGO/Le Pictorium
Jozef Síkela (Tschechien, Konservative) handel kommission eu
Jozef Síkela (Tschechien, Konservative): Der Herr links ist der neue EU-Kommissar für „Internationale Partnerschaften“. Verträge gestaltet hat Síkela bereits: Als Prags Industrie- und Handelsminister – und sicher auch in 25 Jahren Karriere im Bankenwesen. Deals schließen ist weiterhin die Marschroute. Síkela soll die „Global Gateway Initiative“ voranbringen, das EU-Pendant zu Chinas „Neuer Seidenstraße“. Er geißelte in seiner Parlamentsanhörung „Neokolonialismus“ aus China und Russland. Zu Sikelas Aufgaben werden aber wohl auch Migrationsabkommen gehören. © Britta Pedersen/dpa/picture alliance
Marta Kos (Slowenien, parteilos) kommissarin erweiterung ukraine
Marta Kos (Slowenien, parteilos): Jugoslawische Schwimmmeisterin, Rundfunk-Korrespondentin in Deutschland, slowenische Regierungssprecherin, Chefin der Handelskammer, Botschafterin in Berlin und Bern – Marta Kos hat eine bewegte Biografie. Nur mit einer Präsidentschaftskandidatur scheiterte die Ex-Diplomatin 2022. Und verließ dann wenig später auch die liberale „Freiheitspartei“. Deren Regierungschef Robert Golob hat sie jetzt doch wieder nominiert, wenn auch im zweiten Anlauf: Im Frühjahr lehnte Kos laut „Politico“ einen Sprung nach Brüssel noch ab. Als im Spätsommer Alternativkandidat Tomaž Vesel das Handtuch warf, sagte sie doch zu. Als Kommissarin für Erweiterung (inklusive der östlichen Nachbarn und dem Wiederaufbau der Ukraine) hat Kos eine komplexe Aufgabe vor sich. © Ilaria Rota/EP
Olivér Várhelyi (Ungarn, parteilos): gesundheit orban eu kommission
Olivér Várhelyi (Ungarn, parteilos): Bislang war Olivér Várhelyi Kommissar für die EU-Erweiterung. In der Kommission „von der Leyen II“ soll(te) er sich um Gesundheit und Tierschutz kümmern. Das war dem Parlament aber in Teilen zu heikel. Um nicht den gesamten Prozess zu torpedieren, wurde der Ungar durchgewunken, einzelne Kompetenzen dafür entzogen. Sexuelle Diskriminierung und Selbstbestimmung etwa fallen weg, genauso wie Pandemievorsorge. Várhelyi ist zwar parteilos, gilt aber als Gefolgsmann Viktor Orbáns. Er hatte sich ausweichend zum Recht auf Abtreibung geäußert. © Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Klare Präferenzen äußerte der Wirtschaftsvertreter hingegen zum „Wie“ des Rüstungskaufs. Damit die Rüstungsindustrie schnell liefern könne, müsse vor allem der Bedarf Europas zusammengefasst vorliegen. „Wenn jedes Land einzeln auf die Industrie zugeht, wird es sehr viel schwieriger“, betonte Atzpodien. An dieser Stelle sind sich also Experten einig. (fn)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Christoph Hardt

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