Naturschutz in Waldkraiburg
Nach Kritik am (angeblichen) Nichtstun: Gibt es doch mehr Umweltschutz in Waldkraiburg?
„Passiert ist nichts“: Jedenfalls viel zu wenig sei seit den 90er-Jahren für den Umweltschutz in Waldkraiburg getan worden, kritisierte jüngst Horst Tidhalm. Stadtrat Harald Jungbauer reagiert nun – und widerspricht.
Waldkraiburg – Intensivere Nutzung des Regenwassers, ökologisches Bauen, Fahrradverkehr fördern oder Grünflächen stärken: Es waren gar nicht so wenige Vorschläge, die vor knapp 30 Jahren zusammengetragen wurden. Vorschläge, um den Umwelt- und Naturschutz in Waldkraiburg zu stärken.
1997 wollte sich die Stadt Waldkraiburg in Anlehnung an den Umweltgipfel von 1992 in Rio die Stadt eine lokale Agenda geben. Horst Tidhalm war damals dabei, als mehrere Arbeitsgruppen unterschiedliche Themenbereiche aufarbeiteten und Verbesserungsvorschläge einbrachten.
Aus Gruppe heraus einiges entwickelt
Heute bedauert er es, dass zu wenig aus dem Arbeitskreis „Umwelt und Natur“ im Leitbild der Stadt übriggeblieben ist. Woran es gehakt hat, lässt sich 27 Jahre später in der Verwaltung nicht mehr genau nachvollziehen. Einer, der es vielleicht wissen könnte, ist Stadtrat Harald Jungbauer. Er sitzt nicht nur seit 1984 im Stadtrat, sondern war auch Mitglied des Arbeitskreises „Umwelt und Natur“.
In seinen Unterlagen hat der Stadtrat gewühlt, aber nicht mehr allzu viel dazu gefunden. „Das war damals eine tolle Gruppe, im Nachgang hat sich daraus doch einiges entwickelt“, erinnert sich Jungbauer etwas anders als Tidhalm. Nicht nur, dass ein Leitantrag samt Anregungen für einen Stadtentwicklungsplan aus der Arbeitsgruppe heraus an den Stadtrat übergeben worden ist.
Zum Beispiel kam die Umsetzung eines Grünleitplans in Gang, der Holzhauser Bach sei umgebaut worden, das Thema „Umwelt“ bekam seinen Platz im Stadtentwicklungsausschuss, es wurde ein Blockheizkraftwerk errichtet, das später von der Geothermie abgelöst worden ist.
„Ein großes Thema waren damals Aktionstage“, sagt er. Zum Beispiel zum Sprit-Sparen, die sich weiterentwickelt hätten zu einer Energie-Spar-Messe. „Das entstand auf Basis der Anregungen aus dem Arbeitskreis“, erklärt Jungbauer. Anregungen für Bürger wollte man damit geben, 2014 folgte das Ende der Messe. „Solche Veranstaltungen laufen sich aus. Akteure fallen weg, es muss finanzierbar bleiben und es braucht Kümmerer“, nennt er als Gründe.
Private mit ins Boot holen
Die Aktionen greifen laut Jungbauer aber auch Punkte auf, die Privatpersonen direkt betreffen. So sei es beispielsweise verankert worden, dass bei Bauherren bei Neubauten Regenwasser auf dem eigenen Grund versickern müssen, Schotterflächen seien nicht länger erlaubt. „Nicht nur die Kommunen müssen ihren Beitrag leisten, wir müssen die Privaten mit ins Boot holen“, sagt er.
Jungbauer schränkt aber ein: Einerseits wollte man Grünflächen erhalten, andererseits habe man die Nachverdichtung vorangetrieben. Ein Kompromiss. „Die Grenze der Nachverdichtung ist erreicht. Wir müssen versuchen, mehr Grün in der Stadt zu erhalten. Man muss für die Zukunft umdenken.“ Für mehr Lebensqualität.
Auch die Ortsgruppe vom Bund Naturschutz hat das Thema rund um die lokale Agenda aufgegriffen. In einem offenen Brief an Bürgermeister Robert Pötzsch und die Stadträte hakt Ortsvorsitzende Bettina Rolle nach, was in den vergangenen fast 30 Jahren passiert sei.
„Der Gedanke muss sich bei Stadträten und Investoren verfestigen, wie die Stadt grüner wird“, sagt sie auf Nachfrage. Man dürfe den Fokus nicht einseitig legen, es brauche „mehr Lebensqualität“. Das Thema „Umwelt und Natur“ will die Ortsgruppe stärker in der Stadt verankern, will dabei aber nicht nur Forderungen stellen. Sondern die Hand reichen und sich auch aktiv einbringen.
Bund Naturschutz will sich einbringen
„Wir sind bereit, uns mit Expertenwissen und freiwilligen Arbeitseinsätzen an der Umsetzung geeigneter Maßnahmen zu beteiligen“, heißt es in dem Brief weiter. Daran hält Rolle auch fest: „Wir sollten gemeinsam überlegen, wie wir den städtischen Raum aufwerten und lebenswerter gestalten können.“
Ein Engagement, das bei Bürgermeister Robert Pötzsch auf offene Ohren stößt. In ihrer zukünftigen Entwicklung stehe die Stadt einer Reihe städtebaulicher Herausforderungen gegenüber, schreibt er dem Bund Naturschutz. „Wo und in welchem Umfang zukünftiges Wachstum auf den begrenzten Flächenreserven stattfinden kann, ist eine der zentralen Fragestellungen.“
Eine der wesentlichen Fragestellungen sei die Gestaltung des Stadtzentrums. „Wie kann die Vitalität der Innenstadt durch geschickte städtebauliche Neuordnung gefördert werden?“ „Wodurch lassen sich die Aufenthaltsqualität und die Zugänglichkeit und damit die Attraktivität für Fußgänger und Radfahrer verbessern?“ Fragen, mit denen sich die Stadt in den nächsten Jahren weiter beschäftigen wird. Aber auch der Umgang mit der „Inn-Landschaft“ als Natur- und Naherholungsraum spiele eine wesentliche Rolle.
Offen für weitere Vorschläge
Das Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) soll als „tragfähiges Gesamtkonzept“ als Leitfaden dienen, das die Prozesse von 1997 ersetzt, aber auch berücksichtigt. Manches davon wird noch Zeit brauchen: „An den Zielen des aktuellen ISEK wird weiterhin festgehalten, auch wenn sich manche Maßnahme derzeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht umsetzen lässt.“
Ein Konzept, das aber offen sei für weitere Vorschläge. Sollten Maßnahmen aus den damaligen Prozessen noch aufgenommen werden, sollte sie der Bund Naturschutz ausarbeiten und konkretisieren.