Kampfsport-Talent aus Waldkraiburg
Kaum Freizeit, dafür Freudentränen: Wie Julia Legler (14) zur dreifachen Karatemeisterin wurde
Auf der Kampfsportmatte macht ihr so schnell keiner etwas vor: Julia Legler ist dreifache deutsche Meisterin im Karate. Wie viel sie dafür trainiert und was sie zum Ausgleich macht.
Waldkraiburg – Mit dreieinhalb Jahren stand Julia Legler das erste Mal auf der Matte. Eigentlich begleitete sie nur ihren zwei Jahre älteren Bruder zum Karatetraining. Doch es gefiel ihr so gut, dass sie gleich mitgemacht und bis heute nicht aufgehört hat. Im Gegenteil: Inzwischen trainiert Julia Legler dreimal die Woche, wenn Wettkämpfe anstehen, sogar öfter.
Wer jetzt denkt, Karate ist eine Art Familiensport bei den Leglers, der irrt. Mutter Astrid Legler hat es selbst nie ausprobiert, Julias Bruder hat wieder damit aufgehört. „Mir war es immer wichtig, dass die Kinder sich bewegen, dass sie ausprobieren, was ihnen Spaß machen könnte”, erzählt Astrid Legler. An Leistungssport habe sie dabei gar nicht gedacht.
Julia Legler tritt im Bereich „Kata“ an – einzeln und im Team
Heute ist Julia Legler 14 Jahre alt und spezialisiert auf „Katas”, eine Abfolge bestimmter Bewegungen und Techniken. Diese führt sie alleine aus, aber auch synchron mit zwei Teamkolleginnen aus dem Verein, mit denen sie gut befreundet ist. „Beides macht mir sehr viel Spaß. Ich sehe zwischen uns keinen Konkurrenzkampf, sondern ein Team, und so versuchen wir auch aufzutreten”, erzählt Julia Legler.
„Kumite”, was so viel wie Kampf bedeutet, trainiert sie dagegen nur zur Kondition, aber nicht auf Wettkampfniveau. Die Verletzungsgefahr sei ihr dabei zu hoch. Denn dabei treten zwei Personen im Kampf gegeneinander an.
Als Kaderathletin stehen regelmäßig Wettkämpfe und Zusatztrainings an
Im Leistungssport ist es üblich, dass sich die Athletinnen und Athleten für eine der Trainingsarten entscheiden, da es jeweils eigene Kader gibt. Julia Legler ist seit mehreren Jahren sowohl im Bayern- als auch im Bundeskader. Das bedeutet für sie, neben Wettkämpfen auch regelmäßig an Zusatztrainings und Lehrgängen teilzunehmen und ihre Leistung zu zeigen.
Die Trainings für den Bundeskader finden in Frankfurt am Main statt, dann ist die 14-Jährige das ganze Wochenende unterwegs. Viel Freizeit bleibt da nicht. Auch an Trainingstagen bleibe kaum Zeit für etwas anderes, mindestens sechs Stunden trainiert sie wöchentlich.
Freunde treffen oder mal in München oder Salzburg shoppen gehen, kann sie darum eher selten. „Ein bisschen blöd ist das schon, Geburtstage von Freunden verpasse ich zum Beispiel häufig”, sagt Julia Legler. Aber ihre Freunde würden sich trotzdem immer mit ihr freuen.
Von der Schule wird sie befreit, aber den Schulstoff muss sie nachholen
Durch Karate war sie unter anderem schon in Poreč (Kroatien), in Venedig, (Italien), in Basel (Schweiz) und in Limassol (Zypern). Nun ist sie für einen Wettkampf in den Vereinigten Arabischen Emiraten nominiert. Ob sie hinfliegt, hat sie zum Zeitpunkt des Gesprächs mit dem OVB noch nicht entschieden – vor allem wegen der Schule.
Das Gymnasium Waldkraiburg befreit sie zwar für die fünf oder sechs Tage des Wettkampfs vom Unterricht, aber den Schulstoff muss sie hinterher nachholen. „In der neunten Klasse ist das nicht einfach”, sagt Mutter Astrid Legler. Ihre Tochter entscheide selbst, wo und ob sie teilnimmt.
„Unendlich dankbar für die Unterstützung von meinem Trainer“
Auch für die Europameisterschaft ist sie neben zwei weiteren Athletinnen ihrer Kampfsportschule nominiert. Der Verein Asia Sports Waldkraiburg ist deutschlandweit beim Medaillenspiegel weit oben mit dabei und auch im Bundeskader bekannt. „Ich bin so unendlich dankbar für die Unterstützung von meinem Trainer Adnan Akgün, der mir immer zur Seite steht und mich mental aufbaut. Ohne ihn hätte ich diese Erfolge nicht geschafft”, sagt Julia Legler.
„Das meiste ist eine Sache des Lernens“, sagt dagegen Trainer Akgün. „Aber ohne ihren Ehrgeiz und ihre Ausdauer wäre Julia sicher nicht so weit gekommen.“
Für 2024 hofft die junge Athletin, dass es genauso erfolgreich weitergeht. Denn mit den gewonnenen Titeln steigen auch die Erwartungen. Bei den Wettkämpfen um ihren ersten deutschen Meistertitel war sie relativ entspannt und die Zuschauerränge blieben wegen Corona leer.
Nach dem Sieg fiel viel Druck ab und es kullerten Freudentränen
„Beim letzten Mal war das anders, nach dem Sieg ist viel Druck und Anspannung von mir abgefallen und es gab ein paar Freudentränen”, erinnert sie sich. Erstmals trat sie in der Altersstufe U16 statt U14, weswegen sie noch weniger mit einem ersten Platz gerechnet hatte. „Viele Athletinnen waren ein Jahr älter, das macht wahnsinnig viel aus”, sagt auch Astrid Legler.
Wenn sie gerade nicht auf der Kampfsportmatte steht, tanzt Julia Legler in der Teenie-Garde der Waldburgia. „Zum Ausgleich“, sagt sie. Auch das macht Julia Legler bereits, seit sie vier Jahre alt ist. Sie mag den Fasching, war in der Saison 2018/19 sogar Kinderprinzessin.
„Leider ist die Kombination aus Karate und Garde terminlich sehr schwierig”, sagen sowohl Mutter als auch Tochter, vor allem wegen der Auftritte am Wochenende. Im Zweifelsfall habe Karate immer Vorrang.


