Breitband für Waldkraiburg, Kraiburg, Jettenbach
Vollgas auf der Daten-Autobahn – oder geht es nur mit angezogener Bremse voran?
Waldkraiburg, Kraiburg und Jettenbach sollen orange werden: Kein Jahr ist es her, seit die Deutsche GigaNetz vom großen Glasfaser-Ausbau in den drei Kommunen gesprochen hat. Doch was ist seitdem passiert?
Waldkraiburg – Die Vorbereitungen laufen, die Detailplanungen sind auf dem Weg – es klang vielversprechend, als vor einem Jahr die Deutsche GigaNetz den Breitband-Ausbau in Waldkraiburg, Kraiburg und Jettenbach angekündigt hat. In der Unternehmensfarbe „orange“ sollten die Ortschaften leuchten, um Werbung zu machen für den Telekommunikations-Anbieter.
Das Unternehmen hat sich in den drei Gemeinden viel vorgenommen: Rund 15.000 Haushalte sollten innerhalb von zwei Jahren ans Glasfaser-Netz angeschlossen werden. 25 Millionen Euro wollte das Unternehmen investieren. Bis Ende 2023 hätten die ersten Haushalte bereits angeschlossen werden sollen. Doch bislang gibt es weder erste Anschlüsse noch Verträge. Graue Tristesse statt Höchstgeschwindigkeit in Orange?
Ausbau nur im westlichen Stadtbereich
Stattdessen leuchtete im Waldkraiburger Stadtgebiet eine andere Farbe auf: das Magenta der Telekom. Das Unternehmen hat nämlich fast zur gleichen Zeit den eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau angekündigt. Der Haken dabei: Die Telekom konzentriert sich beim Ausbau auf den westlichen Stadtbereich, profitieren werden nur 7.500 Haushalte.
Diese Ankündigung wirkte wie eine Vollbremsung für die Deutsche GigaNetz. „Aufgrund des Ausbaus durch die Telekom in Teilen von Waldkraiburg haben sich die Rahmenbedingungen für unseren geplanten Glasfaserausbau entscheidend geändert“, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit.
Ausgangslage neu bewerten
Die Planungen eines eigenwirtschaftlichen Ausbaus in Jettenbach und Kraiburg stehen in direkter Abhängigkeit zu Waldkraiburg. Um sicherzustellen, dass eine Fortführung der Projekte unter diesen neuen Voraussetzungen wirtschaftlich tragfähig sei, müsse die bisherige Ausgangslage neu bewertet werden.
Das braucht noch Zeit. „Derzeit befinden wir uns in einer intensiven und sehr komplexen Prüfphase. Für diese detaillierte Analyse benötigen wir noch etwa vier Wochen, um eine fundierte Entscheidung über die nächsten Schritte treffen zu können“, heißt es bei der Deutschen GigaNetz.
Schwieriger Kontakt
Sehr zum Ärger aller beteiligten Kommunen: „Das Unternehmen war in der Zwischenzeit schwer zu erreichen, über Wochen teilweise gar nicht. Sie haben den Kopf in den Sand gesteckt“, ärgert sich Kraiburgs Bürgermeisterin Petra Jackl. Man habe deshalb in der Zwischenzeit Kontakt zu anderen Anbietern gesucht. Aus Waldkraiburger Sicht bestätigt die schwierige Kontaktaufnahme Stefan Süße, Abteilung Steuerung/Finanzen. „Für das Unternehmen stellt sich die Frage, ob der Ausbau noch wirtschaftlich ist.“
Deshalb sucht die Stadt bereits nach Alternativen, versucht, beim nächsten Förderprogramm zum Zug zu kommen. „Wir wollen mehrgleisig fahren und den eigenwirtschaftlichen mit dem geförderten Ausbau ergänzen“, erklärte Süße dem Stadtrat im Dezember. Der Beschluss dazu ist bereits gefasst. Eine damit verbundene Markterkundung soll zeigen, wo es noch Lücken bei der Versorgung gibt. Süße machte in dem Zusammenhang deutlich, dass eine Förderung den Ausbau für ein Unternehmen nicht unbedingt attraktiv machen müsse.
Gerade die kleineren Gemeinden Kraiburg und Jettenbach haben ihre Breitband-Hoffnung in den Ausbau mit der Deutschen GigaNetz gesteckt. Die Bürgermeisterinnen Petra Jackl und Maria Maier sahen darin die Chance auf ein Glasfaser-Netz für ihre Gemeinden. Für Petra Jackl nach wie vor ein alternativloses Vorgehen.
„Breitband ist heutzutage Standard. Wie werden sich die Datenvolumen in den nächsten 15 Jahren entwickeln? Wir müssen in Breitband investieren.“ Zwar sei der Ortskern teilweise über ein altes Kupferkabel-Netz versorgt, aber: „Das bringt die Leistung nicht. Bei bestimmten Wetterbedingungen gibt es keinen vernünftigen Empfang.“
Kein Telefonanschluss im Neubaugebiet
Anders die Situation in Jettenbach. „Keiner wollte bislang einen Ausbau bei uns in der Gemeinde machen“, sagte Bürgermeisterin Maria Maier bei der Unterzeichnung der Kooperations-Vereinbarung voriges Jahr. Jettenbach ist aufgrund seiner Größe unrentabel für Anbieter, weshalb es im neuen Wohnbaugebiet nicht mal einen Telefonanschluss gibt. „Wir hatten alles ausgeschöpft, aber keine Firma war bereit“, sagt Bürgermeisterin Maria Maier.
Leidtragende seien die Bürger, die dort gebaut haben. Auch sie beklagt die Kommunikation mit der Deutschen GigaNetz. „Es war sehr schwer, Infos zu bekommen, warum es nicht weiter geht, woran es hakt.“ Die Hoffnung auf den Ausbau mit der Deutschen GigaNetz hat Jettenbach „Zeit gekostet ohne Ende“.
In Kraiburg und Jettenbach sucht man nun gemeinsam nach Alternativen. „Wir machen alles, was machbar ist“, erklärt Markus Schmidinger vom Bauamt der Verwaltungsgemeinschaft Kraiburg-Jettenbach. Jetzt will man versuchen, in interkommunaler Zusammenarbeit den Breitband-Ausbau anzustoßen.
„Es ist nichts passiert.“
„Wir sollten versuchen, bei einem Bundes-Förderprogramm berücksichtigt zu werden“, erklärt Schmidinger. Ein entsprechendes Vorgehen wolle man dem Gemeinderat vorschlagen. Eine Markterkundung würde Lücken aufzeigen, wofür es entsprechende Förderung gebe. Ihn ärgert, dass viel Zeit verloren gegangen ist: „Es ist nichts passiert.“
In anderen bayerischen Kommunen wie Altötting oder Moosburg wird die Deutsche GigaNetz laut eigener Homepage nicht wie geplant den Breitband-Ausbau realisieren. Hintergrund ist der parallele Ausbau durch einen Wettbewerber. Die Entscheidung für Waldkraiburg, Kraiburg und Jettenbach steht noch aus.
„Wir verstehen, dass dies für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie für die lokalen Unternehmen eine Zeit der Ungewissheit bedeutet. Unser Ziel, eine zukunftsorientierte und leistungsfähige Glasfaser-Infrastruktur für Bürgerinnen und Bürger sowie ansässige Unternehmen anbieten zu können, besteht nach wie vor“, teilt die Deutsche GigaNetz mit.
