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Kein finanzieller Spielraum

Haushalt: Warum Neumarkt-St. Veit alles Wünschenswerte zurückstellt

Die Klärannlage in Neumarkt-St. Veit wird in den nächsten Jahren den Haushalt in Neumarkt-St. Veit an dessen Leistungsgrenze bringen. Millionenbeträge müssen investiert werden.
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Die Kläranlage in Neumarkt-St. Veit wird in den nächsten Jahren den Haushalt in Neumarkt-St. Veit an dessen Leistungsgrenze bringen.

Hohe Ausgabenlast, steigende Verschuldung: Fast 26 Millionen Euro umfasst der Neumarkt-St. Veiter Haushalt. Doch der Spielraum für die Stadt ist stark eingeschränkt. Woran das liegt und welche Mammut-Maßnahme am meisten zu Buche schlägt.

Neumarkt-St. Veit – Die Kreisumlage verschlingt mehr als die Einkommensteuer Geld bringt, eine Rücklagenentnahme ist nicht mehr möglich, die Schulden steigen von 4,8 Millionen auf 8,6 Millionen Euro. Nein, es bereitete dem Neumarkt-St. Veiter Kämmerer Thomas Menzel nicht die allergrößte Freude, den fast 26 Millionen Euro teuren Haushalt vorzustellen. Wünschenswertes müsse hinter die Pflichtaufgaben zurückgestellt werden. Es bliebe auch in den kommenden Jahren nicht viel Spielraum für Investitionen. Das sehen auch die Fraktionen im Neumarkter Stadtrat, die die nötigen Ausgaben zwar zähneknirschend zur Kenntnis nahmen, aber am Ende einstimmig das Zahlenwerk abgesegnet haben.

Personalkosten steigen und steigen

18 Millionen Euro im Verwaltungshaushalt, 7,7 Millionen Euro im Vermögenshaushalt. Das sind die Kennzahlen des Neumarkter Haushaltes für dieses Jahr, der ein Investitionsvolumen in Höhe von 7,4 Millionen Euro vorsieht. Für reine Baumaßnahmen, darunter die Sanierung der Kläranlage, sind rund 5,7 Millionen Euro eingeplant. Für den Erwerb von Grundstücken und beweglichem Anlagevermögen rund 1,6 Millionen Euro.

Mit einem Ansatz von knapp zwei Millionen Euro bei der Gewerbesteuer orientiert sich der Kämmerer am Rekordjahr 2023 (2,085 Millionen Euro), doch müsse sich die Stadt andererseits auf weiter steigende Personalkosten einstellen. Ist die Kläranlagen-Sanierung erst einmal abgeschlossen, kommt das Wasserwerk mit weiteren Millionenbeträgen auf die Stadt zu, so Menzels Blick in die Zukunft. Er verhehlte dabei nicht, dass es keine finanziellen Spielräume mehr gebe. Aber er sagte auch: „Die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt Neumarkt-St. Veit ist nach den Zahlen des Haushaltsplanes 2024 und in den Folgejahren zwar stark eingeschränkt aber noch gegeben!“

Aber: Überdurchschnittliche Steuerkraft

Immerhin hielt Menzel dann noch einen erfreulichen Aspekt bereit: „Positiv zu werten ist, dass die Steuerkraft in Neumarkt-St. Veit zum Vorjahr um 12,6 Prozent angestiegen ist!“ Zum Vergleich: Der Landkreis-Durchschnitt liegt bei 5,9 Prozent. Grundsätzlich erhielt Menzels Zahlenwerk Zustimmung aus allen Fraktion. So kommentierten die einzelnen Fraktionen den Haushalt:

Die CSU-Fraktion stimmt dem Haushalt 2024 zu

„Die vielen Themen, die wir hier gemeinsam im Stadtrat vereinbart haben wie der Stufenplan für die neue Kläranlage, die neue Feuerwehrdrehleiter und einiges mehr belasten zwar unsere Finanzen sehr, sind aber gut angelegt und sind für die Zukunft der Stadt unbedingt durchzuführen“, sagte CSU-Fraktionschef Peter Gruber zum Haushaltsplan. Die CSU betonte, dass eine Anpassung und Erhöhung von Gebühren der städtischen Einrichtungen unbedingt nötig sei und die absolute Zustimmung der CSU erhielte. „Dabei sind wir im Landkreisvergleich immer noch sehr günstig!“

Gruber fand, dass die Stadt bei der zukünftigen Energieversorgung mit erneuerbaren Energien „gut unterwegs“ sei. Die Positionierung zum Landkreisverbund für die Projektierung von Windkraft und Freiflächen-Photovoltaik sei absolut richtig. „Eine Bürgerbeteiligung für die Neumarkter bei neu zu errichtenden Anlagen für die Energieversorgung ist sehr wünschenswert.“

Dennoch sei die finanzielle Belastung und die daraus resultierende Pro-Kopf Verschuldung kritisch zu beobachten. Gerade in schwierigen Zeiten sei es umso wichtiger, „dass die öffentliche Hand weiter investiert, unser Handwerk und den Mittelstand somit stützt und die Grundlagen für eine Zukunft schafft“.

UWG kritisiert hohe Kreisumlage

Von einem „schwierigen Haushalt“ sprach Michael Lächele von der UWG-Fraktion. Allerdings weniger, weil nun die Sanierung der Kläranlage anstehe, wofür die Ausgaben durch Gebühren größtenteils wieder reingeholt würden. „Das Problem liegt bei anderen Ausgaben, die wir nicht oder kaum beeinflussen können!“ Höhere Personalkosten, hohe Energiekosten und die Kreisumlage nannte er hier und übte vor allem im letzten Punkt Kritik. „Es kann kein Dauerzustand sein, dass wir durch die Kreisumlage das Krankenhaus am Leben erhalten. Das ist nicht unsere Aufgabe!“

Einsparmöglichkeiten seien akribisch hinterfragt, manches sogar verschoben worden. Doch es werde weiterhin in die Infrastruktur investiert. „Alles muss so weit als möglich in Schuss gehalten werden. Ansonsten würde uns ein Investitionsstau mit noch viel höheren Kosten einholen“, mahnt er an.

SPD überrascht Bürgermeister mit Zustimmung

Im Finanzausschuss hatte SPD-Stadtrat Ulrich Geltinger noch gegen das Zahlenwerk gestimmt. In der Stadtratssitzung dann die Kehrtwende, man habe sich für die Zustimmung zu diesem Haushalt „durchgerungen“, so Geltinger. Nicht aber, ohne seine Kritikpunkte mitzuteilen, die ihn hadern ließen. Es sei nämlich das eingetreten, was die SPD in den Haushaltsreden der vergangenen beiden Jahre prognostiziert habe: „Unvorhergesehene Ausgaben, steigende Tarifgehälter, eine explodierende Kreisumlage haben unseren Finanzen derart zugesetzt, dass dringend benötigte Investitionen in den Erhalt unserer Infrastruktur kaum mehr möglich sind.“

Der daraus resultierende Substanzverzehr werde sich beschleunigen, wenn sich nichts Grundlegendes am Ausgabeverhalten ändere. „Hierzu zählen wir auch das ständige Bestreben, jeden sich bietenden Zuschuss abgreifen zu müssen.“

Geltinger bezweifelte, dass die 1,6 Millionen Euro an Erlösen durch Grundstücksverkäufe erreicht werden. Auch die Investitionskosten für die Kläranlage sieht die SPD für „zu niedrig angesetzt, die Vereinbarung mit der Gemeinde Egglkofen ist noch strittig“.

Positiv beurteilt der Sprecher der SPD die wachsende Steuerkraft der Stadt, steigende Gewerbesteuer-Einnahmen und eine höhere Einkommensteuerbeteiligung, „so dass wir hoffen dürfen, dass wir langsam aber sicher dieses finanzielle Tal der Tränen verlassen werden.“

Döring wirbt für neues Gewerbegebiet

Thomas Döring von den Grünen sah den Haushaltsplan als alternativlos, weil er viele Pflichtaufgaben enthalte. „Der Anstieg der Schulden ist beängstigend. Doch ich sehe keine Lösung, wir müssen die Gegebenheiten so hinnehmen.“

Positiv bewertete er, dass die Stadt in vielen Bereichen gut aufgestellt sei, etwa in der Kinderbetreuung, mit der abgeschlossenen und sehr gelungenen Stadtplatzsanierung. Er griff eine Idee auf, die er schon 2022 ins Gremium einbrachte: „Im Bereich Gewerbe und Industrie sollte man vielleicht über ein neues Industriegebiet nachdenken. Der Standort des Raiffeisen-Lagerhauses wäre prädestiniert.“ Er sprach von einem Plan für die nächsten fünf bis zehn Jahre, man sollte dies dringend angehen.

Abschließend kritisierte er, dass zu wichtigen Themen, die in nicht öffentlicher Sitzung beraten würden und viel Geld kosten, oft die Informationen fehlen würden, um sich darauf entsprechend gut vorzubereiten. „Ich habe privat mehr Überlegenszeit als hier im Stadtrat. Da habe ich ein Problem damit!“ Dazu erwiderte Bürgermeister Erwin Baumgartner, dass jeder Stadtrat die Möglichkeit habe, sich im Rathaus zu informieren: „Wir haben nicht nur eine Bringschuld, der Stadtrat hat auch eine Holschuld!“

Eine halbe Milliarde Euro in 22 Jahren

„Jetzt habe ich meinen Redeteil etwas revidieren müssen, weil die SPD seit 2019 eigentlich immer gegen den Haushalt war“, zeigte sich Neumarkt-St. Veits Bürgermeister Erwin Baumgartner überrascht über die Ankündigung der SPD, dem Zahlenwerk diesmal zustimmen zu wollen. Er hatte also keinen Grund mehr, das Abstimmungsverhalten der SPD in den vergangenen Jahren zu geißeln.

Und so beschränkte er sich bei seinen Ausführungen auf das Wesentliche des Haushaltes, dem das Bestreben der vergangenen Jahre zugrunde lag, die Schuldenkurve zu senken und damit eine gute Startposition für künftige Aufgaben zu schaffen. Immer mit dem Wissen, dass die Stadtplatzsanierung bevorstehe, die Kläranlagensanierung nötig werde und auch die Trinkwasserversorgung auf der Agenda stehe. Was man allerdings nicht erwartet hätte, sei die Entwicklung im Bereich der Kinderbetreuung. In diesem Punkt „haben uns die Vorgaben von ganz oben mit den Rechtsansprüchen schon ein finanzielles Bein gestellt!“

Schleichend seien auch Mobilfunkversorgung und der Glasfaserausbau auf die Kommune übergegangen. Und in diesem Jahr käme es nochmal knüppeldick mit der Steigerung der Kreisumlage um eine halbe Million Euro und mit der Anschaffung einer Drehleiter mit ebenso hohen Kosten. Weitere Planungen und Wünsche würden damit über den Haufen geworfen.

Mit Vernunft und Augenmaß müsse man die Aufgaben der Zukunft angehen. Es sei sehr erfreulich, dass die Bevölkerungszahl steige. Alleine ein Plus von zehn Prozent in den vergangenen zehn Jahren. Doch dafür müsse man eben auch die nötige Infrastruktur, etwa Kinderbetreuung und Schule, anpassen. „Dazu gehört neben Wohnen, Arbeit, Freizeit, Sport, Erholung und Einkaufsmöglichkeiten auch Breitband und Mobilfunk und erneuerbare Energien beziehungsweise der sparsame Umgang mit Energie für unsere Umwelt, unser Klima und unsere Nachkommen.“

Er zog Bilanz, wie viel Geld in den 22 Jahren mit ihm als Bürgermeister an der Spitze des Stadtrates für Neumarkt ausgegeben worden seien und kam auf die Summe von einer halben Milliarde Euro.

Er lobte schließlich die Verwaltung. Viele Fäden seien im Rathaus zusammengelaufen, um dieses Zahlenwerk aufzustellen. „Wir haben eine kompetente und auch erfahrene Verwaltung“, würdigte er die Arbeit der Rathausmitarbeiter. Das sei nicht selbstverständlich, verwies er auf Zeitungsberichte aus anderen Verwaltungen.

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