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Verstoß gegen den Datenschutz

„Riesen Scheiß gebaut“: Pollings Bürgermeister ignoriert nächsten Beschluss der Gemeinderäte

Das Bürgerinformationssystem der Gemeinde Polling ist überschaubar. Die Tagesordnungen von öffentlichen Gemeinderatssitzungen werden bekannt gegeben. Sitzungsunterlagen nicht. Selbst die Infos aus dem Rathaus an die Gemeinderäte sind nur dünn, wie einige Gemeinderäte auf Nachfrage bestätigen.
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Wer bekommt in Polling welche Unterlagen? Wer hat welchen Zugriff auf Daten? Können die Gemeinderäte noch arbeiten? Das führt im Gemeinderat zu hitzigen Diskussionen.

Misstrauen bestimmt das Verhältnis zwischen Pollings Bürgermeister Kronberger und den Gemeinderäten. Die Räte bekommen keine Unterlagen zur Vorbereitung. Stattdessen gibt es ein Datenleck und gegenseitige Vorwürfe.

Polling – Wie kann der Gemeinderat in Polling überhaupt noch arbeiten? Kann er überhaupt noch arbeiten? Und an wem liegt das? Das stand in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates hinter der Debatte, als es spätabends um ein Datenleck in der Verwaltung und um Informationen für die Gemeinderäte ging. 

„Ihr habt einen riesen Scheiß gebaut und wollt ihn uns in die Schuhe schieben“, so brachte Stefan Mooshuber (CSU) die Diskussion um einen – so Verwaltungsleiterin Gabriele Springer – „massiven Datenschutzverstoß“ auf den Punkt. 

„Wir werden uns das nicht mehr gefallen lassen“

Springer nannte zwei Punkte: das Ausdrucken und Weitergeben von Sitzungsunterlagen sowie einen unerlaubten Zugriff auf Unterlagen der Verwaltungsgemeinschaft. Springer: „Wir werden uns das nicht mehr gefallen lassen und auch verfolgen.“ 

Drei Gemeinderäte hätten, so Springer, Zugriff auf Unterlagen der Verwaltungsgemeinschaft gehabt, weil sie wohl seitens der Verwaltung irrtümlich freigeschaltet wurden. Das hätten die betroffenen Gemeinderäte aber von sich aus melden müssen, so Springer. „Es hat sich aber keiner gemeldet, was deren Pflicht gewesen wäre.“ 

Allerdings hat die Verwaltung diesen Zugriff erst ermöglicht, räumte Springer ein. Wer das verschuldet hat, wollte sie öffentlich nicht sagen. 

„Ihr habt einen fetten Fehler gemacht“

„Ich lasse mir von Euch keinen Vortrag über Datenschutz halten, wenn ihr selber einen fetten Fehler macht“, hielt Wolfgang Schweiger (parteilos) dem entgegen. Die Verwaltung hätte in einer Mail seine und andere Unterschriften von Gemeinderäten verschickt. „Meine Unterschrift und von jedem anderen ist jetzt in der Welt unterwegs.“ 

Lena Koch (Grüne) ging noch einen Schritt weiter, da nur die Verwaltung den Zugriff gewähren konnte: „Wenn nur ihr das macht, ist das vielleicht nicht zufällig passiert?“

Sitzungsunterlagen oder nicht – und vor allem wie

Zuvor hatten die Gemeinderäte schon hitzig mit Bürgermeister Lorenz Kronberger (UWG) darüber diskutiert, wie die Gemeinderäte die Sitzungsunterlagen erhalten sollen.

Wilhelm Skudlik (FW) hatte beantragt, dass die Gemeinderäte ab sofort wieder über das elektronische Ratsinformationssystem (RIS) alle Unterlagen zur Vorbereitung der Sitzung erhalten – und nicht nur die Tagesordnung.

Informationen nur noch im Rathaus

Letzteres hatte Verwaltungsleiterin Gabriele Springer in Absprache mit Bürgermeister Kronberger den Gemeinderäten per E-Mail am 29. Januar angekündigt: Sitzungsunterlagen könnten künftig nur noch nach „kurzer Terminabstimmung“ im Rathaus eingesehen werden, zitierte Skudlik aus der Mail. 

„Ich halte dieses Vorgehen für unverhältnismäßig und nicht praktikabel“, sagte Skudlik. Auch entspreche das nicht der eigenen Geschäftsordnung und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Daher solle die Verwaltung Sitzungsunterlagen „umgehend“ wieder im RIS zur Verfügung stellen. 

„Ihr habt es missbraucht“

„Ein Bürgermeister ist nicht dazu verpflichtet, irgendwelche Sachinformationen herauszugeben. Das liegt alleine in seinem Ermessen“, betonte Kronberger. Er entscheide, welche Form sachdienlich sei sowie die Vertraulichkeit und den Datenschutz gewährleiste. Die letzten Punkte seien verletzt worden, weil vorbereitende Unterlagen vorab sowie nicht-öffentliche Informationen der Verwaltungsgemeinschaft an Dritte weitergegeben wurden, wie er immer wieder betonte. „Wir sind jetzt deswegen zurückhaltend, weil ihr es missbraucht habt. Wir können die Informationen so zur Verfügung stellen, wie wir es für richtig halten.“ Sein Fazit: „Dieser Antrag ist nicht zu behandeln, weil er keine Basis hat.“

Damit gaben sich die Gemeinderäte nicht zufrieden. „Es muss doch möglich sein, dass wir uns daheim vorbereiten. Wir brauchen dazu mehr als die Tagesordnung. Ihr meint jetzt, uns diese Informationen nehmen zu müssen“, sagte Koch. Wozu habe die Gemeinde dann das „sauteure“ Ratsinformationssystem angeschafft?

„Auch Du bist ein Datenleck“

„Wir sind gewählt worden, um Entscheidungen zu fällen“, betonte Mooshuber. Ohne Informationen sei das aber nicht möglich. Außerdem trage Kronberger selber interne Informationen nach außen: „Lenz, Du musst realisieren, dass auch Du ein Datenleck bist.“

Auch Reinhard Oberstarr (CSU) wollte die Unterlagen wieder elektronisch. „Ich habe keine Zeit, um zur Gemeinde zu fahren. Dann kann ich meine Arbeit hier nicht machen.“ Das RIS sei „super“, da habe er alle Unterlagen zur Vorbereitung, „das ist lösungsorientiert“.

Keine Ergebnisse mehr seit RIS?

Johann Steinberger (UWG) hatte ebenfalls Bedenken, aber ganz anderer Natur. Seit zweieinhalb Jahre gebe es das RIS. „Vorher sind wir zu Ergebnissen gekommen. Jetzt bringen wir keine Ergebnisse mehr zustande.“  

Doch Kronberger blieb hart, „weil man manchem in dem Gremium nicht zutrauen kann, dass er es bis zur Sitzung für sich behält.“ 

Wer arbeitet für die Gemeinde?

Dem widersprach Thomas Jobst (CSU): „Nicht Du schaffst an.“ Als Bürgermeister brauche er die Beschlüsse des Gemeinderates. „Du hast nicht verstanden, wenn wir nicht beschließen, weil wir es nicht wissen, dann beschließen wir nicht. Du kommst nicht vorwärts, wenn Du uns keine Informationen gibst. Hast Du ein Interesse, für die Gemeinde und die Bürger zu arbeiten?“ 

Doch Kronberger blieb dabei: Er entscheide, wie die Gemeinderäte ihre Informationen erhalten, der Antrag sei unzulässig. Dennoch stimmten die Gemeinderäte nahezu einstimmig – nur Kronberger und Steinberger waren dagegen – dafür, ab sofort im RIS wieder alle vorbereitende Unterlagen zu erhalten. Kronberger schloss den Tagesordnungspunkt damit, dass er auch diesen Beschluss nicht umsetzen werde.

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