Enttäuschender Besuch bei der Bürgerversammlung
Spannendes zu Hallenbad, Rufbus und Sümö – aber kaum jemand juckt‘s in Mühldorf?
Bürger einbinden und mitreden lassen – das ist Bürgermeister Michael Hetzl wichtig. Die meisten Mühldorfer interessiert das anscheinend wenig. Nur wenige lauschten dem Stadtchef und dem Landrat bei der Bürgerversammlung. Das gab‘s Neues zum Thema Sümö, Hallenbad, Rufbus und Geld.
Mühldorf – Am Dienstag (12. März) fand in der Kreisstadt Mühldorf wieder die alljährliche Bürgerversammlung statt. Gut 100 Bürger, Stadträte, Abteilungsleiter der Stadtverwaltung, Vertreter von Polizei, Stadtwerken, Kreiswohnbau und Stadtbau kamen in den Stadtsaal. Neben Bürgermeister Michael Hetzl stand auch Landrat Max Heimerl für Fragen zur Verfügung.
„Im Austausch mit den Bürgern“
„Im Auftrag der Bürger, im Austausch mit den Bürgern“ umschrieb Mühldorfs Bürgermeister das Motto des Abends und die Arbeit von Rathaus und Stadtbetrieben. Seinen Rechenschaftsbericht betitelte Hetzl mit „Vier Jahre im Amt, mit Spaß bei der Sache“. Der Dialog mit den Bürgern und deren Einbindung ist nach Hetzls Worten „immens wichtig und gelebte demokratische Praxis“. Nicht jeder Meinungsaustausch und jede hitzige Diskussion im Stadtrat sei gleich ein „Streit oder ein Bruch im System“.
Erstklassige Zahlen für die Stadt
„Mühldorf steht nach wie vor erstklassig da“, dem Publikum im Stadtsaal konnte Hetzl „trotz aller Krisen“ gute Zahlen präsentieren: Ende 2023 hatte Mühldorf 22.739 Einwohner, 2613 Gewerbebetriebe und knapp 55.000 Übernachtungen. Die Kreisstadt beschäftigt als Arbeitgeber 437 Mitarbeiter, 203 davon in der Kinder- und Jugendbetreuung.
Keine Neuverschuldung, aber ungewisse Einnahmen
Auch an den städtischen Finanzen gebe es nichts auszusetzen: Der Haushalt 2023 kam ohne Neuverschuldung aus; pro Kopf sank die Verschuldung auf 767 Euro im Vergleich zu 981 Euro im Jahr 2019; im April wird der neue Haushalt aufgestellt. „Mühldorf ist aber keine Insel der Seligen“, so Hetzl. „Die Einnahmenlage ist unsicher, wo geht die Gewerbesteuer hin?“ Die Steigerung der Kreisumlage auf 55,3 Prozent wird die Kreisstadt zusätzlich eine halbe Million Euro kosten. „Kein Zweifel, der Landrat wird das Geld zu unserem Wohl ausgeben, aber die Erhöhung schmerzt uns.“
Stolz auf die Betreuung der Kinder
In Sachen Kinderbetreuung sei Mühldorf geradezu ein Primus. Aktuell werden 1448 Kinder betreut, 2019 waren es nur 870. „Wir konnten allen Kindern einen Platz anbieten“, verkündete Hetzl stolz. Auch der ab 2026 gesetzliche Anspruch auf Ganztagsbetreuung in allen vier Jahrgangsstufen an Grundschulen sei bereits jetzt umgesetzt.
Sümö: „Irgendwann muss man sich entscheiden“
Zur künftigen Nutzung des Sümö-Geländes meinte der Bürgermeister: „Es gibt viele Ideen und viele Diskussionen. Aber irgendwann muss man sich entscheiden, sonst kann man nicht bauen.“ Offensichtlich gebe es aktuell für eine zügige Umsetzung aber keine Mehrheit im Stadtrat. Momentan laufe ein Verkehrsgutachten, Machbarkeitsstudien für den Campus am Sümö-Gelände sowie für ein Parkhaus am Haberkasten als Zwischenlösung seien im Stadtrat angedacht.
Ein neues Hallenbad soll her
Das 1972 eröffnete Hallenbad hat noch eine Lebensdauer von rund fünf Jahren. Ein neues soll neben dem Freibad entstehen. Hetzl: „Erste Entwürfe und eine Kostenschätzung wird es Ende 2024 geben. Es wird eine bittere Pille für uns werden.“
Rufbusse sollen den ÖPNV revolutionieren
Beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) setzt die Stadt auf den Einsatz von flexiblen Rufbussen. Ein erster Probebetrieb könnte schon 2024 anlaufen. Der Service für den Fahrgast soll sich damit von 70 auf 95 Prozent steigern: Die durchschnittliche Wartezeit auf den gebuchten Bus soll nur fünf Minuten betragen statt einer halben Stunde und jeder Mühldorfer soll maximal 300 Meter Wegstrecke bis zur nächsten Haltestelle haben.
Alle Vereine fördern, nicht nur wenige
Mit der im Stadtrat umstrittenen Änderung der Förderrichtlinie für alle Mühldorfer Vereine und einem einheitlichen Antragsformular will die Stadtverwaltung für mehr Gleichberechtigung und Transparenz sorgen. „Es spielt keine Rolle, ob Sportverein oder Blaskapelle, alle Vereine sind gleich“, so Hetzl. „Bisher galten die Förderrichtlinien nur für Sportvereine. Die rund 1,8 Millionen Euro der Stadt für die Vereine in den vergangenen fünf Jahren gingen an nur 23 Vereine. Zwei Drittel dieser Summe sogar an nur einen Verein.“ Mühldorf habe mehr als 200 Vereine, davon rund 140 eingetragene.
Der Landkreis kämpft mit seinem Haushalt
Zweiter Redner des Abends war Landrat Max Heimerl. Er ging auf die mehr als angespannte Haushaltslage des Landkreises ein und nannte als Gründe dafür steigende Energie-, Mitarbeiter- und Sozialkosten sowie das Klinik-Defizit. Die erhöhte Kreisumlage schmerze die Bürgermeister, aber „wir sind eine kommunale Familie“. Landkreise hätten außer der Gewerbesteuer keine andere Einnahmequelle für ihre Aufgaben.
Landkreiswerk möchte Städte ins Boot holen
Das von ihm propagierte Landkreiswerk für eine Zusammenarbeit aller Kommunen auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien, sei eine Möglichkeit, Gewinne im Landkreis zu halten. „Ich hoffe darauf, dass auch unsere Städte mit dem Knowhow ihrer Stadtwerke einsteigen werden.“
Mehr zur Bürgerversammlung und den Fragen der Bürger an Bürgermeister und Landrat lesen Sie in Kürze in einem Extra-Artikel.