Kreistag beschließt Haushalt
Klinik-Defizit, Sozialausgaben, Inflation: Wer jetzt für den Landkreis Mühldorf bluten muss
Der Haushalt 2024 ist im Landkreis Mühldorf alles andere als erfreulich: Millionen-Defizit beim Krankenhaus, steigende Kosten, Sparkurs und neue Schulden. Jetzt steht fest, welche Opfer nötig sind.
Mühldorf – „Es ist einer, wenn nicht sogar der schwierigste Haushalt in der Geschichte des Landkreises.“ Mit diesen Worten eröffnete Landrat Max Heimerl (CSU) die Diskussion um den Landkreis-Haushalt 2024. „Es waren noch nie so schwierige Zeiten wie jetzt“, meinte später auch SPD-Sprecher Günther Knoblauch, der dem Gremium seit 1978 angehört.
Der Haushalt des Landkreises ist 2024 erneut nicht ausgeglichen, schließt im Ergebnishaushalt mit einem Minus von 3,1 Millionen Euro. Als Gründe nannte Heimerl gestiegene Energie-, Bewirtschaftungs- und Personalkosten, steigende Sozial-Ausgaben und das Defizit beim „InnKlinikum“, das den Landkreis heuer 14,4 Millionen Euro kostet.
„Wir müssen jetzt Fett abbauen“
Um den Haushalt zu finanzieren, schlug Heimerl vor, die Kreisumlage von 54 auf 55,3 Prozent zu erhöhen. Außerdem sollten ihm die Kreisräte bis zu 14 Millionen Euro neue Schulden und den Verkauf von Grundstücken erlauben. Im Gegenzug mache der Landkreis bei den Straßen nur noch das Nötigste, verschiebe Investitionen und sparen beim Personal im Landratsamt.
In der Beurteilung der Lage waren sich die Kreisräte einig. CSU-Sprecher Josef Grundner sprachen von „schweren und fordernden Zeiten“. Oliver Multusch (AfD) brachte es so auf den Punkt: „Die fetten Jahre sind vorbei. Deswegen müssen wir ab jetzt Fett abbauen.“
„Eine Rechnung mit vielen Unbekannten“
UWG-Sprecher Ulli Maier nannte den Haushalt „auf Kante genäht“. Für Multusch werde der Landkreis „vom Gestalter zum Notstandsverwalter“. Reinhard Retzer (ÖDP/FDP) bezeichnete das Zahlenwerk als „eine realistische Rechnung mit vielen Unbekannten“. Konrad Zeiler (parteilos) sprach von einem „Haushalt ohne Perspektive“.
Naturgemäß beschäftige die Kreisräte, die oft zugleich Bürgermeister, Stadt und Gemeinderäte sind, die Erhöhung der Kreisumlage. Die 55,3 Prozent waren für die Mehrheit die Obergrenze. Dennis Uzon (Linke) fand sie „viel zu hoch“: „Die Gemeinden bluten aus. Das ist nicht hinnehmbar.“
Über die steigende Kreisumlage war niemand erfreut. „Aber haben wir eine echte Wahl?“, fragte CSU-Sprecher Grundner und sprach damit wohl für die Mehrheit.
Gafus plädiert für noch höhere Kreisumlage
Einziger Gegenpol war Dr. Georg Gafus (Grüne), der auch Stadtrat in Mühldorf ist. Er plädierte erneut für eine mehrjährige Anhebung auf 57,1 Prozent, um neue Schulden zu vermeiden und Rücklagen aufzubauen. „Die Gemeinden haben einen Spielraum. Mit 57 Prozent kann Mühldorf leben. Wenn sich Mühldorf das leisten kann“, dann sei es machbar.
„Diese Meinung hat er ziemlich exklusiv“ konterte Multusch, der ebenfalls Stadtrat in Mühldorf ist. Anton Lentner (WGW) betonte: „Uns in Gars tut jeder Euro richtig weh.“
Krankenhausdefizit schwebt als „dunke Wolke“ über dem Haushalt
Für den Haushalt 2024 ist das Defizit beim „InnKlinikum“ ein „prägendes Thema“ räumte Heimerl ein. Retzer bezeichnet es gar als „dunkle Wolke“: „Auf Dauer können wir es in der Höhe nicht tragen.“ Josef Schöberl (WGW): „Da können wir nur wenig steuern, sondern nur zahlen.“
Peter Uhldahl (Grüne) sah in der Fusion mit Altötting nach wie vor den „richtigen Schritt“. Er kritisierte die CSU, die weitere Schritte in Richtung Krankenhausreform blockiere. „Es ist nicht zielführend, auf Berlin zu zeigen. Bayern wird von München aus regiert.“
„Wir haben top Ärzte und Einrichtungen“, sagte Knoblauch und appellierte an die Bürgermeister und Gemeinderäte, für einen Besuch der heimischen Krankenhäuser zu werben. Die Zahl der Patienten sei von 2019 bis 2023 über 25 Prozent zurückgegangen. Sein Aufruf: „Kommt in unsere Krankenhäuser.“
Soll das Förderzentrum verschoben werden?
Schöberl machte noch eine andere Stellschraube im Haushalt aus: den Neubau des Förderzentrums in Waldwinkel. Der sollte mindestens um ein Jahr verschoben werden. Hier hatte er Markus Saller (UWG) an seiner Seite.
Dem widersprach Catharina Henke (Grüne): „Die Förderschule ist kein Wunschkonzert, kein Luxus.“ Heimerl erklärte, ein Verschieben sei mit Blick auf die Verträge höchstens um ein Jahr möglich, ansonsten müsste alles neu ausgeschrieben werden. Auch sah er hier einen Impuls für die heimische Wirtschaft.
Skeptische Aussichten für die nächsten Jahre
Und die Aussichten? UWG-Sprecher Maier verwies auf sinkende Steuereinnahmen 2025 und rechnet nächstes Jahr mit einer weiter steigenden Kreisumlage. Und Saller befürchtete, „dass wir dann dauerhaft auf einer sehr hohen Kreisumlage bleiben werden. Die nächsten Jahre werden das Problem sein.“
„Wir dürfen nicht zu sehr jammern. Wir müssen Lösungen finden. Der Haushalt ist ein Weg“, war Knoblauch überzeugt. Damit war er an der Seite von CSU-Sprecher Grundner: „Wir dürfen nicht an der Situation zu verzweifeln. Wir müssen zusammenhalten. Bleiben wir zuversichtlich.“
Zwischen Plan und ungewissen Entwicklungen
„Die positive Botschaft ist, dass wir einen Plan haben, wie wir durch die Krise kommen“, zeigte sich Landrat Heimerl überzeugt. Er gehe davon aus, dass die Kreisumlage nächstes Jahr nicht erneut erhöht werde. „Wir können aber nicht absehen, was noch passiert.“
Am Ende folgte die überwiegende Mehrheit der Vorlage. Bis auf Gafus lehnten alle Kreisräte eine Erhöhung der Kreisumlage auf 57 Prozent ab. Mit 43 zu 10 Stimmen nahmen sie den Haushaltsplan an und stimmten anschließend einstimmig für die Aufnahme von bis zu 14 Millionen Euro neuer Schulden.


