Weiter sehr hohes Defizit
Wieder ganz große Schmerzen? Das steht dem „InnKlinikum“ 2025 bevor
Stationen verlegt, medizinische Leistungen gestrichen, Krankenhäuser in medizinische Zentren umgewandelt: Ein extrem schmerzhaftes Jahr geht für die Krankenhäuser in der Region zu Ende. Geht es genauso weiter?
Mühldorf – Das war die Hiobsbotschaft zur Jahreswende 2023: Die Schmerztherapie im Krankenhaus Mühldorf wird geschlossen. Patienten stürzte diese Entscheidung in eine tiefe Krise. Sie waren für die Behandlung ihrer oft komplexen Krankheitsbilder auf diese umfassende Therapiemöglichkeit angewiesen. Eine Alternative in der Region gibt es nicht.
Symbol für die Lage der Krankenhäuser
Die Schließung der Abteilung steht symptomatisch für die Lage des „InnKlinikums“ und vermutlich vieler Krankenhäuser. Mitte 2021 als wichtiger Schritt für das Mühldorfer Krankenhaus vorgestellt, wurde die Schmerz-Abteilung nicht einmal drei Jahre alt. 21 Mitarbeiter mussten sich neue Jobs im „InnKlinikum“ oder außerhalb suchen.
Genauso einschneidend: Seit Monaten sind Klinikleitung und Landkreise dabei, die ehemaligen Akutkrankenhäuser in Burghausen und Haag in Gesundheitszentren mit einem breiten, zumeist ambulanten Angebot umzubauen. So gibt es in Haag 25 Plätze in der Tagespflege, 30 Plätze in der Kurzzeitpflege, dazu Ergotherapie, Hausarzt, Gastroenterologie, Adipositaszentrum, Physiotherapie. Weitere Angebote seien geplant, hieß es zuletzt aus dem „InnKlinikum“.
Defizit sinkt langsam
In Zahlen: 2023 machte das „InnKlinikum“ mit seinen vier Häusern in Altötting, Burghausen, Haag und Mühldorf 34 Millionen Euro Defizit. Heuer sind es 28,6. Diese Kosten müssen die Landkreise Mühldorf und Altötting je zur Hälfte tragen, eine Summe von 14,3 Millionen Euro, die ihre ohnehin angespannten Haushalte massiv weiter belastet.
Heuer keine weiteren Schließungen oder Verlegungen
Trotz dieser schwierigen Situation ist Kliniken-Vorstandsvorsitzender Thomas Ewald zuversichtlich. „Wir sind optimistisch, denn wir haben in den zurückliegenden Jahren schon sehr viele wichtige Zukunftsentscheidungen in unseren vier Häusern vorgenommen.“ Er nennt genau die Maßnahmen wie Beendigung von Angeboten, Stationsverlegungen oder den Umbau der Krankenhäuser in Burghausen und Haag, die das vergangene Jahr geprägt haben.
In diesem Jahr soll es ruhiger werden. „Derzeit sind keine einschneidenden Änderungen wie etwa Verlegungen oder Schließungen von Abteilungen geplant“, sagt Ewald. Ganz im Gegenteil: „Unsere Strategie ist es, unsere Palette an Medizinangeboten sinnvoll um zukunftsfähige Felder zu ergänzen und unser Leistungsangebot damit noch enger an die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten unserer Region anzupassen.“
Auch die enge Zusammenarbeit mit den Kliniken Südostbayern sei ein wichtiger Schritt, in der Region ein möglichst großes Behandlungsspektrum aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln. Die Kooperation umfasst laut Ewald die IT, die Entwicklung der Pflegeentwicklung und beim Einkauf. „Wir konnten für diese Bereiche Spezialisten gewinnen, die in beiden Klinikverbünden tätig sind und deren Knowhow wir uns quasi teilen.“
Gemeinsam Mindestvorgaben erreichen
Im medizinischen Bereich gehe es in erster Linie darum, von der Bundespolitik vorgegebene Mindestmengenanforderungen und personelle Vorgaben gemeinsam zu erreichen, die jeder Klinikverbund für sich alleine nicht mehr erreichen könnte. „Damit halten wir das Behandlungsangebot für die Bürger in der Region.“ Beispiele dafür sind das verbundübergreifende Viszeralzentrum und die gemeinsame Lungenkrebsversorgung. Ewald betont: „Es handelt sich, um es ganz deutlich zu sagen, nicht etwa um eine Fusion, sondern lediglich um eine strategische Partnerschaft.“
Dabei sind die Kliniken auf sich gestellt, denn die Rahmenbedingungen sind laut Ewald weiterhin nicht gut. Daran, so fürchtet er, werde auch die Klinikreform nichts ändern. Im Gegenteil. „In der jetzigen Form besteht die große Gefahr, dass gerade Kliniken im ländlichen Raum, die für die wohnortnahe Gesundheitsversorgung der Menschen enorm wichtig sind, aufgrund der strengen Vorgaben zahlreiche Leistungen nicht mehr anbieten können.“
Anstieg der Bürokratie befürchtet
Die jetzt in der Reform vorgesehene neue Form der Finanzierung nach Vorhaltepauschalen und Fallzahlen bringen den kleinen Kliniken auf dem Land wenig: „Eine echte wirtschaftliche Entlastung ist aber nur möglich, wenn die Vorhaltepauschalen unabhängig von der Fallzahl bezahlt werden.“ Auch einen Bürokratieabbau sieht Ewald in der aktuellen Klinikreform nicht. „Ich rechne eher damit, dass die Bürokratie für uns weiter ansteigt.“ Ewald fordert, dass eine Klinikreform dafür sorgt, dass die Betriebskosten durch die Krankenkassen gedeckt würden. Dazu zählt für ihn auch eine Übergangsfinanzierung, bis die Reform greift.
Denn derzeit reiße das Defizit des „Inn-Klinikums“ große Löcher in die Haushalte der Landkreise. „Hier besteht dringender politischer Handlungsbedarf.“
Menschen in der Region müssen Angebot annehmen
Trotz dieser Situation werden Klinikleitung und politisch Verantwortliche nicht müde zu betonen, dass die Krankenhäuser mit den Maßnahmen der vergangenen fünf Jahre seit der Fusion auf einen Weg gebracht worden seien, der ein Überleben möglich machen kann. Landrat Max Heimerl macht das an den konkreten Zahlen deutlich, die das Sinken des Defizits für den Landkreis Mühldorf auf jetzt 12,1 Millionen Euro belegen.
Am Ende, das betont Klinikenchef Ewald, liegt es an den Menschen in der Region, ob sie die Arbeit des „InnKlinikums“ annehmen. „Es gehört auch zur Wahrheit, dass Kliniken vor Ort dauerhaft nur erfolgreich sein können, wenn die Menschen der Region deren Angebot auch annehmen.“
