Stadt sieht keine besondere Gefahrenlage
Tempo 30 auf Münchener Straße: Stadt Mühldorf sagt Nein – doch Anwohner gibt nicht auf
Die Stadt Mühldorf lehnt eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Münchener Straße ab. Doch der Initiator der entsprechenden Petition will sich damit nicht zufrieden geben. Er verlangt, dass der Stadtrat entscheidet.
Mühldorf – Eine Beschränkung auf Tempo 30 wird es auf der Münchner Straße in Mühldorf nicht geben. Das geht aus einem Schreiben hervor, das Bürgermeister Michael Hetzl den Initiatoren einer entsprechenden Petition geschickt hat. Hetzl beruft sich dabei auf die Vorgaben in der Straßenverkehrsordnung. Im Sommer hatten Anwohner die Einführung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 30 gefordert und eine Unterschriftenaktion gestartet.
Münchener Straße zu wichtig für Tempo 30
Im Behördendeutsch lautet die Antwort Hetzls: „Materiell-rechtlich lässt sich feststellen, dass die Ausweisung der Münchener Straße als Tempo-30-Zone nicht möglich ist.“ Hetzl macht das an der „Verkehrsbedeutung“ der Straße fest, die eine Erschließungsstraße von der Stadtmitte zum Kreisverkehr bei Ecksberg sei. 7000 Fahrzeuge befahren sie nach seinen Angaben täglich. Erschließungsstraßen oder Vorfahrtsstraßen dürften nicht Teil von Tempo-30-Zonen sein, Rechts-vor-Links-Regelungen nicht möglich.
Außerdem entspreche die Münchener Straße in ihrem Ausbaustand nicht den Vorgaben für eine Straße, auf der ein Tempolimit möglich sei. „Dies lässt sich auch nicht mit baulichen Eingriffen in verhältnismäßigem Umfang ändern.“
Hetzl: Straße ist für Fußgänger nicht besonders gefährlich
Auch ein sogenanntes streckenbezogenes Tempolimit ohne die Einschränkungen einer 30er-Zone sieht die Stadt nicht. „Die Beschränkung eines Streckenabschnitts auf 30 Kilometer pro Stunde im Wege der Streckenbeschilderung ist nicht möglich, da die nachzuweisende erhebliche und besondere Gefahrenlage nicht begründet werden kann.“
Tempolimit-Initiator Thiemecke hatte dagegen auf den anliegenden Kindergarten, die Tagespflege der Caritas, den Schulweg zur Grundschule Altmühldorf, ein Seniorenheim und die Stiftung Ecksberg mit ihren vielen gehbehinderten Menschen hingewiesen. „Und es gibt nicht einmal einen durchgehenden Gehweg“, sagt er.
Stadtbauamt ermittelt aktuelle Verkehrszahlen
Diese Gefahren erkennt die Stadtverwaltung nicht, schreibt Hetzl. Dieses Kriterium, das eine Ausnahme rechtfertigen würde, „kommt vorliegend nicht in Betracht, da die Münchener Straße nicht im unmittelbaren Bereich besonders sensibler Einrichtungen liegt“.
Einen Ermessensspielraum glaubt Hetzl nicht zu haben und beruft sich dabei auch auf das Landratsamt. Das habe in einer ähnlichen Diskussion über Tempo 30 auf der Mulfinger Straße mitgeteilt, „dass rechtssystematisch kein Freiraum für persönliche oder politische Entscheidungen bestehe“, ein Tempolimit also rechtswidrig sei.
Aktivist will Diskussion im Stadtrat
Tempo-30-Initiator Claus Thiemicke will sich mit dieser Antwort nicht zufriedengeben. Er beruft sich auf die neuen Regeln, die der Bundesrat zum Thema Tempo 30 beschlossen hat. Nach Angaben des ADAC sieht die Überarbeitung der Straßenverkehrsordnung vor, dass Städte und Gemeinden künftig verkehrsregelnde Maßnahmen zum Schutz von Klima, Gesundheit und städtebaulicher Entwicklung erlassen dürfen. „So soll es ihnen erleichtert werden, neue Tempo-30-Zonen einzuführen“, teilt der ADAC mit. Er nennt als Beispiele Spielplätze,vielbefahrene Schulwege oder Fußgängerüberwegen.
Diese Tempo-30-Zonen müssen laut ADAC allerdings verhältnismäßig sein. „Auch in Zukunft darf es bei einer entsprechenden Anordnung nicht zu Beeinträchtigungen von Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs kommen.“ Und: „Ein flächendeckendes Tempo 30 in Städten soll es nicht geben.“
Thiemicke stellt das gesamte Vorgehen der Stadt Mühldorf infrage. Er sieht seine Initiative nicht als Antrag von Bürgern, sondern als formale Petition, unterschrieben von 489 Mühldorfern. Eine Petition aber muss nach Thiemickes Ansicht der Stadtrat behandeln muss. „Ich betone, dass eine Petition ein demokratisches Bürgeranliegen gemäß Artikel 17 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist“, schreibt er an Bürgermeister Hetzl. „Mit der Petition wird nach diesem Artikel und den nachfolgenden Verwaltungsvorschriften explizit das zuständige Parlament zur Behandlung benannt.“ Das ist für Thiemicke der Mühldorfer Stadtrat. „Gerade da die Petition eine Unzufriedenheit der Stadtverwaltung Mühldorf durch 489 Bürger erkennen lässt, ist eine Behandlung durch die gewählten Volksvertreter in den Stadtratssitzungen zwingend erforderlich.“
Vielleicht den Landtag einbeziehen
Für Bürgermeister Hetzl spielt die Unterscheidung Bürgerantrag oder Petition mit Blick auf die Entscheidung der Verwaltung über ein Tempolimit keine Rolle. „Einleitend möchten wir darauf hinweisen, dass es im Ergebnis keinen Unterschied macht, ob Ihr Antrag als Bürgerantrag oder als Petition durch die Verwaltung behandelt wird“, schreibt er an Thiemicke, „da wir in jedem Fall Ihr Anliegen gründlich prüfen und entscheiden.“
Thiemicke überlegt jetzt, ob er sich an den Bayerischen Landtag wendet.