Acht gehen: „Schlechtes Arbeitsklima“
Kündigungsflut im Pollinger Rathaus: Ex-Mitarbeiter packen aus
„In dieses Team will man nicht passen!“: Acht Mitarbeiter im Pollinger Rathaus haben gekündigt. Von „widrigen Arbeitsbedingungen“ und von einem „schlechteren Arbeitsklima“ ist die Rede – doch Bürgermeister Kronberger schweigt zu den Vorwürfen. Wie lange noch?
Polling – „Hochachtung vor meiner ehemaligen Arbeitskollegin Verena Gaßner, die auf die widrigen Arbeitsbedingungen im Pollinger Rathaus hingewiesen hat“, so beginnt das Schreiben von Wiltrud Stadler. Stadler hat 44 Jahre lang im Pollinger Rathaus gearbeitet, mittlerweile aber einen anderen Arbeitgeber hat. Offenbar nicht die einzige, die Polling den Rücken zugekehrt hat: „Seit die Geschäftsleitung neu besetzt wurde, haben aufgrund des immer schlechteren Arbeitsklimas acht Angestellte die Verwaltung verlassen“, sagt die 61-Jährige.
Ehemalige Angestellte meldet sich
In einem Leserbrief hatte sich die Pollingerin an die Zeitung gewandt, nachdem der Fall der verhinderten Ehrung der Pollinger Auszubildenden Verena Gaßner in den OVB-Heimatzeitungen veröffentlicht worden war. Darin war auch von einem angespannten Ausbildungsverhältnis die Rede gewesen, von einer anstrengenden Zeit für Verena Gaßner. Und dass die fachlichen Fähigkeiten der jungen Frau angezweifelt worden sei.
Doch Gaßner habe gezeigt, dass man für Gerechtigkeit kämpfen müsse, glaubt Ex-Gemeindemitarbeiterin Stadler. „Vielleicht wäre es jetzt endlich an der Zeit, dass die VG-Räte und Gemeinderäte sich für die noch verbliebenen Kollegen einsetzen.“ Sie fordert die Gremien auf, Courage zu zeigen. „Verdiente Mitarbeiter muss man halten und nicht im Stich lasen. Sonst ist das Rathaus Polling, das mir immer noch am Herzen liegt, bald verwaist.“
Weitere Mitarbeiterin packt aus
Die ehemalige Rathausmitarbeiterin ist nicht die Einzige, die sich meldet. Eine weitere Mitarbeiterin, die nicht mit Namen in der Zeitung stehen möchte, hatte ihr Arbeitsverhältnis im Juli 2022 begonnen, mit einer Probezeit von sechs Monaten. Unmittelbar vor Ablauf habe sie die Kündigung erhalten, „ohne Angabe von Gründen“, was nach ihren Angaben in der Probezeit auch nicht begründet werden muss. Auf Nachfrage bei der Geschäftsleitung sei ihr mitgeteilt worden, dass sie nicht ins Team passe, „an der Arbeitsleistung hat es dann offensichtlich nicht gelegen“.
Sie spricht von rauen Umgangsformen, mit denen sie während ihrer Zeit im Pollinger Rathaus konfrontiert gewesen sei, und sie habe nur wenig Wertschätzung erfahren. „Mittlerweile bin ich froh, dass ich nicht ins Team gepasst habe, denn in dieses Team will man nicht passen!“, sagt sie heute.
Die Personalfluktuation ist längst Thema unter den Gemeinderäten. Lena Koch (Grüne) sagt: „Man sollte gute Leute in der Verwaltung halten“, und meint damit auch die Auszubildende Verena Gaßner. Vor allem, da es in der Vergangenheit eine massive Kündigungswelle bei Angestellten der Gemeinde und der Verwaltungsgemeinschaft gegeben habe. „Leute, die kurz vor der Rente stehen“, sagt Koch. „Das Personal, das in den vergangenen Jahren gegangen ist, lässt sich leider nicht mehr an zwei Händen abzählen!“
Mooshuber: Viel Wissen geht verloren!
Ein Umstand, den CSU-Gemeinderat Stefan Mooshuber im Oktober beklagt hat. Den OVB Heimatzeitungen liegt ein offener Brief Mooshubers vor, gerichtet an die Belegschaft der Gemeinde Polling inklusive Kindergarten und Bauhof. In dem Brief schreibt der CSU-Bürgermeisterkandidat von 2020, dass in der Hektik des Tagesgeschäftes und im Stress der alltäglichen Probleme Anerkennung und Wertschätzung zu kurz kämen.
Aus unterschiedlichen Gründen haben nach seinen Angaben im vergangenen Jahr einige Beschäftige die Gemeindeverwaltung verlassen und sich anders orientiert. „Der Verlust von langjährigen erfahrenen Mitarbeitern ist dabei besonders schmerzhaft, weil viel Wissen verloren geht, das sich neue Mitarbeiter erst wieder erarbeiten müssen.“ Er spricht auf Nachfrage von acht Personen, die seit 2022 das Rathaus verlassen hätten. Zum Vergleich: Laut aktuellem Organigramm, das auf der Internetseite der Gemeinde Polling zu finden ist, sind es inklusive Bürgermeister 20 Beschäftigte, die im Rathaus arbeiten.
Was konkret zur Kündigungswelle geführt hat, ist laut Mooshuber schwer zu sagen. „Es gibt überall mal Reibereien, nur die Zahl der Abgänge lässt halt so einen Schluss zu“, sagt er. Im offenen Brief stellt Mooshuber zwar klar, dass der Gemeinderat nicht in die Personalpolitik eingreifen könne und auch kein Mitspracherecht habe. Er betonte aber, dass sich Gemeinderäte als Vermittler anbieten würden. Konkret nennt er als Beispiel „die zurückgezogene Einladung zur Ehrung von Frau Gassner“. Das hätte man, so Mooshuber, „sicher anders lösen können“.
Gemeinderatsmitglieder bei Termin im Rathaus
Als er seinen Brief im Rathaus abgegeben habe, sei ihm mitgeteilt worden, der der nicht weitergegeben werde. „Er machte wohl doch die Runde“, sagt Mooshuber, nachdem es zwischenzeitlich ein Treffen im Rathaus gegeben habe. Teile der Belegschaft und fünf Gemeinderäte hätten unter der Leitung des Bürgermeisters und der Geschäftsführung ein Gespräch zu seinem Brief geführt.
„Uns wurde von beiden Seiten versichert, dass mittlerweile wieder ein sehr kollegiales Arbeitsverhältnis herrscht und wieder sehr gut zusammengearbeitet werden kann. Ich hoffe, dass das auch wirklich so ist, und wir uns den nächsten großen Aufgabe in der Gemeinde, der Geothermie, zuwenden können.“
Keine Stellungnahme von Bürgermeister Kronberger
Die OVB-Heimatzeitungen haben der Verwaltung und auch Bürgermeister Lorenz Kronberger einen Fragenkatalog zukommen lassen, mit der Bitte sich zu den Vorwürfen widriger Arbeitsbedingungen, zur Anzahl der Beschäftigten im Rathaus und zur Fluktuation im Rathaus zu äußern. Die Gemeinde ließ die Frist für die Antwort kommentarlos verstreichen. Bürgermeister Kronberger teilte per Whats App mit, dass er die Fragen nicht beantworten werde.
Anmerkung der Redaktion: Zu diesem Beitrag finden Sie hier eine Gegendarstellung der Verwaltungsgemeinschaft Polling.