Zustimmung für Beitritt zum Landkreiswerk
Gemeinsam statt allein: Das ist Niedertaufkirchen der Ausbau regenerativer Energien wert
Energieerzeugung in kommunaler Hand: Das ist eines der Ziele einer Gesellschaft, die im Landkreis Mühldorf entstehen soll. Dazu ist die Beteiligung von möglichst vielen Kommunen nötig, die das Thema derzeit in den Gemeinderatssitzungen diskutieren. Niedertaufkirchen hat bereits entschieden.
Niedertaufkirchen – Im Grunde genommen geht es um eine zentrale Servicegesellschaft, die den Städten und Gemeinden im Landkreis Mühldorf Hilfe anbietet bei der Vorplanung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Und die im Bereich der Stromerzeugung und -vermarktung ihre Expertise einbringen kann. Mitte Oktober wurde die Funktion und Arbeitsweise eines solchen „Regionalwerks“, wie es das Landratsamt Mühldorf nennt, in Aschau den Vertretern vieler Gemeinden vorgestellt. Jetzt galt es im Gemeinderat über einen Beitritt zu diskutieren.
Für fünf Euro pro Gemeindebürger
Wie Bürgermeister Sebastian Winkler (FWGN/FWGR) dazu in der Sitzung am Dienstagabend ausführte, sei eine Mitgliedschaft der Gemeinde mit Kosten verbunden. Er sprach von bis zu 5 Euro pro Gemeindebürger, wobei dieser Wert noch nicht 100-prozentig festgelegt sei.
Markus Schlagbauer (Grüne) sprach von einer „Super-Veranstaltung“ in Aschau mit kompetenten Rednern. Er befürwortete die Gründung eines Regionalwerks. Die 7.500 Euro im Falle von Niedertaufkirchen seien „gut angelegtes Geld für den Ausbau erneuerbarer Energien, eines der wichtigsten Themen unserer Zeit“.
Sedlaczek warnt vor Verlust des Mispracherechts
Auch Brigitte Sedlaczek (FWGN/FWGR) warb für den Beitritt. Eine solche Servicegesellschaft sei zukunftsweisend, auch weil man die Herausforderungen gemeinschaftlich angehe. Vor allem läge die Planung von Anlagen zur Stromerzeugung weiterhin in kommunaler Hand. Denn wenn die Regierung erst einmal die Privilegierung von Flächen durchsetzt, auf denen dann Anlagen ohne ein Blauplanungsverfahren realisiert werden könnten, dann habe die Gemeinde kein Mitspracherecht mehr.
Regionalwerk würde die Verwaltung entlasten
Auch Bürgermeister Winkler warnte davor: Eine solche Privilegierung gebe es bereits an Autobahnen und an Gleisflächen. Wenn zu wenig Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt würde, zu wenige Flächen dafür angeboten würden, „dann wird das so kommen und die Gemeinde hat dann nichts mehr mitzureden, wo diese Anlagen entstehen“.
Einem Regionalwerk gegenüber zeigte sich Winkler aufgeschlossen. „Man hätte bei einer Planung Fachleute an der Spitze, geschulte Leute, die sich auskennen.“ Druck, der ansonsten zulasten der Verwaltung gehe. „Das kann man der Verwaltung nicht aufbürden!“ Ein Beitritt würde das Rathaus entlasten.
Schlagbauer ergänzte, dass Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung ebenso verwaltet werden müssten. Bürger könnten sich finanziell an Anlagen beteiligen. Anlagen im Ort und in kommunaler Hand würden sich auch auf den Strompreis positiv auswirken, so Schlagbauer.
Eine Behauptung, die Winkler relativierte: „In den ersten Jahren werden wir zweifelsohne erst einmal Einzahler sein“, auch wenn der Landkreis bereits angekündigt hat, er werde rund 150.000 Euro in den gemeinsamen Topf einbringen „in Form seiner Leute“.
Johann Häglsperger (FWGN/FWGR) ergänzte sinngemäß, dass sich der Landkreis dieses Geld über die Kreisumlage wieder zurückhole. „Die schießt dann wieder rauf!“
Ohne die großen Städte wird es wohl nicht gehen
Winkler erwähnte in diesem Zusammenhang den Bau von gleich drei Windrädern, der in der Gemeinde Schönberg diskutiert werde. „Wir sprechen hier von Investitionen in Höhe von 30 Millionen Euro. Man muss erst man sehen, wer solche Anlagen finanziert!“ Er verwies allerdings auch auf eine Zusage aus dem Landratsamt, dass man jederzeit einen solchen Regionalverband verlassen könne.
Ohne die großen Städte werde es nicht gehen, befürchtete Winkler, der gleichzeitig darauf verwies, dass deren zum Teil klamme Haushaltssituation bekannt sei. „Die kleinen Gemeinden haben die Flächen, die großen brauchen die Energie“, sieht Schlagbauer dennoch eine Basis.
Andreas Huber kritisiert Freiflächen-Forcierung
Gemeinderat Andreas Huber (FWGN/FWGR) machte klar, dass er den Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen nicht gut findet. „Wertvolle landwirtschaftliche Flächen werden verschandelt. Die Regierung befindet sich hier auf dem Irrweg, solange nicht Logistikzentren oder Besitzer größer Gebäude dazu verpflichtet werden, die Dachflächen mit Photovoltaik auszustatten.“ Einem Beitritt zu einem Regionalverband werde er trotzdem zustimmen, weil es zur Planung von solchen Anlagen einfach Fachmänner brauche.
Erste Projekte wohl schon 2024
Einstimmig sprachen sich die Gemeinderäte dann auch für den Beitritt aus. Auf die Frage von Gemeinderätin Dr. Rita Sperl (Grüne), welche weiteren Schritte nun folgen würden, erklärte Winkler: Sobald die Kommunen abgestimmt haben, werde es eine Bürgermeister-Dienstbesprechung geben, in welcher das weitere Verfahren festgelegt werde. Das werde aber erst 2024 der Fall sein, stützte er sich damit auf Aussagen von Thomas Perzl, im Landratsamt Mühldorf zuständig für die Kreis- und Regionalentwicklung des Klima- und Energiemanagements. Frühestens Mitte nächsten Jahres könne man sich mit konkreten Projekten befassen.
Kehrtwende in Sachen Sonnenstrom
Der Ausbau der erneuerbaren Energien war in der Gemeinde Niedertaufkirchen in der Vergangenheit eher skeptisch verfolgt worden. Fast zweieinhalb Jahre ist es her, dass die Bürgerenergie Isar eG aus Landshut das Photovoltaik-Projekt „Solarpark Reit“ auf einer Fläche von acht Hektar verwirklichen wollte. Damals hatte sich der Gemeinderat gegen das Projekt auf einer Wiese in Hanglage ausgesprochen. Als Begründung wurde damals angeführt, dass die Gemeinde keine Solarparks genehmigen wolle, wenn die benötigte Fläche noch landwirtschaftlich nutzbar ist. Auch eine Überlastung des Stromnetzes wurde damals thematisiert. Wie aber bereits bekannt, plant das Bayernwerk den Ausbau eines bestehenden Umspannwerks sowie den Neubau eines neuen im nördlichen Landkreis.