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Verfahren wegen Rufschädigung von Kronberger und Co

„Ein Schnaps“ nach all den Tränen: So ging die Klage der VG Polling gegen eine Ex-Mitarbeiterin aus

Kritik am Arbeitsklima im Pollinger Rathaus? Bürgermeister Lorenz Kronberger und Geschäftsleiterin Gabriele Springer zogen deswegen gegen eine Ex-Mitarbeiterin vor Gericht.
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Kritik am Arbeitsklima im Pollinger Rathaus? Bürgermeister Lorenz Kronberger und Geschäftsleiterin Gabriele Springer zogen deswegen gegen eine Ex-Mitarbeiterin vor Gericht.

44 Jahre hat Wiltrud Stadler im Rathaus Polling gearbeitet. Nach Kritik am Arbeitsklima hat die Verwaltungsgemeinschaft sie wegen Rufschädigung verklagt. So ging das Verfahren zu Ende.

Polling – Der Brief ist nur zwei Sätze lang. Dennoch ist er für Wiltrud Stadler das Ende eines Martyriums und für die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Polling, vertreten durch Pollings Bürgermeister Lorenz Kronberger und die Geschäftsstellen-Leiterin Gabriele Springer, eine herbe Niederlage. Die Mühldorfer Anwältin der VG Polling, Dr. Angelika Maier, nimmt nämlich „auftragsgemäß“ die Klage der VG Polling gegen ihre ehemalige Mitarbeiterin zurück. 

„Ich habe es vor einer Stunde erfahren und habe mir erst einmal einen Schnaps eingeschenkt“, erzählt Stadler am Telefon hörbar erleichtert. „Das habe ich gebraucht.“ Damit hat eine Geschichte, die vor gut einem Jahr ihren Anfang nahm, für sie „nach vielen Nerven und Tränen“ endlich ein Ende.

Nach 44 Jahren wollte sie nur noch raus

Stadler hatte seit dem 8. Januar 1978 in der VG Polling gearbeitet; zuletzt hat sie das Einwohnermeldeamt geleitet. Doch am 15. Oktober 2022 war nach fast 44 Jahren für sie Schluss. Sie hat am 28. September 2023 auf eigenen Wunsch einen Auflösungsvertrag unterschrieben. Einfach raus, war ihre Devise. Seit dem Amtsantritt der neuen Geschäftsleiterin Gabriele Springer am 1. Februar 2022 habe sich das Arbeitsklima dramatisch verschlechtert, habe es unwahre Vorwürfe gegen sie gegeben, so Stadlers Mühldorfer Anwalt Klaus Salzberger.

Am 11. und 15. November 2023 haben die OVB Heimatzeitungen über das Arbeitsklima und die Personalwechsel im Pollinger Rathaus sowie die Kündigungen berichtet. Stadler äußerte sich dann in einem Artikel am 17. November: „Seit die Geschäftsleitung neu besetzt wurde, haben aufgrund des immer schlechter werdenden Arbeitsklimas acht Angestellte die Verwaltung verlassen.“ Sie äußerte „Hochachtung“ für eine ehemalige Kollegin, die auf die „widrigen Arbeitsbedingungen“ hingewiesen hat. Sie forderte die Gemeinderäte und VG-Räte auf, sich für die Mitarbeiter einzusetzen.

Vier Zitate sollte das Gericht verbieten

Insgesamt waren es vier Zitate, gegen die VG Polling am 23. Februar vor Gericht zog, weil Stadler keine Unterlassungserklärung unterschreiben wollte. Der Düsseldorfer Anwalt der VG, Dr. Torben Düsing, sah darin Äußerungen, die die Ehre und den guten Ruf der VG beschädigen würden. Außerdem würden diese Betriebsgeheimnisse verraten und Stadler würde ihre Verschwiegenheits- und Treuepflicht verletzen. Alles in allem habe Stadler dadurch bei der VG Polling „einen nicht unerheblichen Schaden angerichtet“.

Am 22. Mai kam es in Mühldorf zunächst zu einem öffentlichen Gütetermin vor dem Arbeitsgericht. Eine Einigung kam nicht zustande, die VG hielt an ihrer Klage fest, obwohl Arbeitsrichter Dr. Bernd Wiebauer sowohl Bürgermeister Kronberger als auch Geschäftsleiterin Springer an „den hohen Stellenwert des Grundrechts der Meinungsfreiheit“ erinnerte. Das schütze auch bei Kritik an einem früheren Arbeitgeber. „Auf Basis des bisherigen Sachvortrags ist für das Gericht nicht ersichtlich, inwiefern die streitgegenständlichen Äußerungen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin berührten“, so das Protokoll. 

Der Gerichtstermin stand schon fest

Als Verhandlungstermin wurde der 2. Oktober festgesetzt. Stadlers Anwalt hatte bis Ende Juni Zeit, sich zur Klage zu äußern. 

Am 25. Juni schrieb Salzberger dann: „Ausschließlicher Grund für das Ausscheiden der Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis war die dramatische Verschlechterung des Arbeitsklimas sowie die Vorwürfe seitens der Geschäftsstellenleiterin der Verwaltungsgemeinschaft Springer. Mit Beginn der Beschäftigung von Frau Springer änderte sich das Betriebsklima eklatant.“

Hohe Fluktuation sollte „unstrittig“ sein

Salzberger benennt namentlich acht Mitarbeiter, die seit Amtsantritt von Springer das Rathaus verlassen hätten. „Dass die Fluktuation bei acht ausgeschiedenen Mitarbeitern von circa 20 Mitarbeitern bei der Klägerin in circa 1,5 Jahren extrem hoch ist, sollte unstrittig sein.“

Stadler habe das Recht zur freien Meinungsäußerung, sie habe keine Betriebsgeheimnisse verraten und auch nicht den guten Ruf der VG Polling geschädigt, so Salzberger. „Der Gemeinschaftsvorsitzende und die Verwaltungsleiterin tun augenscheinlich selbst alles dafür, um den guten Ruf der Klägerin zu beschädigen.“ Sein Fazit: „Schlussendlich ist die Klage in jeglicher Hinsicht unbegründet und abweisungsreif.“ 

Bürgermeister Kronberger schweigt zu dem Verfahren

Danach hatte die VG Polling bis zum 31. Juli Zeit, um sich zu äußern. Das tat die VG nicht, stattdessen zog sie am 5. August die Klage zurück. Ende des Verfahrens. 

Pollings Bürgermeister und VG-Vorsitzender Lorenz Kronberger hat auf Nachfragen der OVB Heimatzeitungen zu den Gründen für die Rücknahme der Klage nicht geantwortet. 

Froh, dass es vorbei ist

„Ich bin total froh, dass es vorbei ist. Für mich ist die Sache damit erledigt“, sagt jedenfalls Stadler. Sie genießt ihre neue Arbeitsstelle und freut sich auf den nahen Ruhestand. Nur eine Unsicherheit bleibt ihr: Was noch an Kosten auf sie zukommt; ausgelöst durch die zurückgezogene Klage der VG Polling.

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