Kündigungsflut und „furchtbare Zustände“?
„Dreck durchs Dorf geworfen“: Jetzt antwortet Pollings Bürgermeister auf harte Vorwürfe
Mieses Arbeitsklima im Pollinger Rathaus: Zu diesem Vorwurf wollte sich Bürgermeister Lorenz Kronberger zunächst nicht äußern, jetzt tat er es öffentlich. Warum er die Situation für „untragbar“ hält.
Polling – Die jüngste Sitzung des Gemeinderates in Polling begann mit einem Kuriosum. Eigentlich war alles für einen pünktlichen Sitzungsbeginn um 19.30 Uhr angerichtet: Bürgermeister Lorenz Kronberger (UWG) und Verwaltungsleiterin Gabriele Springer waren ebenso anwesend wie 15 der 16 Gemeinderäte. Auch die Besucherstühle waren restlos besetzt. Doch es kam anders.
Als der Zeiger auf halb acht sprang, ergriff Bürgermeister Kronberger das Wort. Statt die Sitzung zu eröffnen, äußerte er sich zu den jüngsten Artikeln in den OVB-Heimatzeitungen. Dort ging es um die verweigerte Ehrung für einen Lehrling mit Einser-Schnitt und um das Arbeitsklima im Rathaus.
Auch die Leiterin der Verwaltung sowie die Mitarbeiter im Rathaus äußern sich
Anschließend ließen die Mitarbeiter des Rathauses einen offenen Brief verlesen und Verwaltungsleiterin Gabriele Springer meldete sich ebenfalls zu Wort. Dabei wurden Fragen beantwortet, die die OVB-Heimatzeitungen vor der Veröffentlichung gestellt hatten, deren Beantwortung damals aber zum größten Teil verweigert wurde.
Zunächst verteidigte Kronberger die Entscheidung, eine 19-Jährige, die ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten im Rathaus Polling mit einem Einser-Schnitt absolviert hatte, nicht zu ehren. „Wir haben vielleicht strengere Regelungen“ als andere Gemeinden, aber diese „gibt es schon lange“, seien nachvollziehbar und er halte sich an diese Regeln.
„Eine absolut untragbare Situation“
In dem Artikel wurde auch das Arbeitsklima im Rathaus angesprochen. Den OVB-Heimatzeitungen liegen dazu Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern und von Gemeinderäten vor. Alle sind der Redaktion bekannt, ein Teil wollte aber anonym bleiben.
Kronberger betonte: „Wir dürfen und wir werden uns zu Personalangelegenheiten nicht äußern.“ Es sei eine „absolut untragbare Situation“, dass Gemeinderäte aus nicht öffentlichen Gesprächen Informationen weitergeben hätten.
„Nächster Dreck durchs Dorf geworfen“
Dann ging er auf das ein, was er den „nächsten Dreck durchs Dorf geworfen“ nennt: die „Gerüchte“ rund um „furchtbare Zustände“ im Rathaus, seit Gabriele Springer die Verwaltung leite.
Am Dienstag, 14. November, habe es zwischen Kronberger, einigen Gemeinderäten, Mitarbeitern des Rathauses und Oberneukirchens Bürgermeisterin Anna Meier als Stellvertretende Vorsitzende der VG wie bereits berichtet eine „gute Aussprache“ gegeben. Die Mitarbeiter hätten gesagt, sie wüssten „von diesen Behauptungen“ nichts und sie wünschten keine Aktionen. Kronberger: „Wir sind personell sehr, sehr gut aufgestellt im Moment. Wir waren schon lange nicht mehr so gut personell aufgestellt wie mindestens im letzten Jahr.“
Keine Probleme, die nicht intern zu lösen wären
Anna Meier verlas dann auf Wunsch der Rathaus-Mitarbeiter deren offenen Brief an die OVB-Heimatzeitungen. Die namentlich nicht genannten Mitarbeiter erklären: „Der Vorwurf, es gäbe widrige Arbeitsbedingungen und ein schlechtes Arbeitsklima im Rathaus, vor allem seit Januar 2022, entspricht nicht der Wahrheit.“ Sie hätten „keine Probleme, die nicht intern im Haus geregelt werden können“ und „sie wollen keine Einmischung von außen.“
Sie schließen: „Wir, die Mitarbeiter des Rathauses, arbeiten gerne bei unserem Arbeitgeber, wollen nur unsere Arbeit erledigen und nicht in ein politisches Machtgeplänkel hineingezogen werden.“
Der offene Brief der Rathaus-Mitarbeiter
Dieser Brief ist seit Donnerstag, 16. November, 18 Uhr auch auf der Internet-Seite der Gemeinde Polling veröffentlicht. Er ist mit „Mitarbeiter des Rathauses Polling“ gezeichnet. Am Freitag, 17. November, erklärte Gabriele Springer per E-Mail, dass die Unterschriftenliste „bei uns im Safe“ liegt und Gemeinderat Thomas Jobst (CSU) diese kurz gezeigt worden sei. Von den 18 Beschäftigten hätten zwölf den Brief unterschrieben, vier seien „noch erkrankt oder kommen erst nächste Woche wieder“.
Die Mitarbeiter zeigen sich „sehr enttäuscht, dass anscheinend auf Seiten des Gemeinderates Polling hier nicht auf die Wünsche der Mitarbeiter eingegangen wurde. Diese im Gegenteil sogar ignoriert wurden.“
Persönliche Angriffe und Attacken auf Kinder
Verwaltungsleiterin Springer erklärte, seit ihrem Amtsantritt im Januar 2022 habe sie versucht, eine „belastete und unbefriedigende Personalsituation“ in Griff zu bekommen. An ihr habe es mehrmals Kritik gegeben, die bis zu „persönlichen Angriffen“ gegenüber ihr und „verbalen Attacken von Dritten in der Öffentlichkeit gegenüber meinen Kindern“ gipfelten.
Sie wies die Vorwürfe bezüglich des Arbeitsklimas zurück. Das hätte auch die Kommunalaufsicht des Landratsamtes Mühldorf am 28. Juli bestätigt. Die aktuellen Anfragen würden auf eine „Diskreditierung meiner Person in der Öffentlichkeit“ abzielen. Sie sehe sich in ihrer Ehre verletzt. „Ich werde es nicht akzeptieren, dass hier völlig haltlos und ohne konkrete Angaben von Namen Vorwürfe gegen mich erhoben werden.“
Vertrauensverhältnis massiv erschüttert
Die Weitergabe von Informationen durch Gemeinderäte aus nicht-öffentlichen Sitzungen „erschüttert das Vertrauensverhältnis in massiver Weise“. Bürgermeister Kronberger sprach von einer „unseriösen Berichterstattung“: „Es werden nur Gerüchte gestreut.“
„Haltet‘s zusammen“
Abschließend stand Robert Hubauer auf, der nach seinen Angaben im Rathaus aushilft. Er appellierte an die Gemeinderäte: „Haltet‘s zusammen.“ Und riet ihnen: „Einfach mal den Mund halten.“
Mit gut 25 Minuten Verspätung stiegen die Gemeinderäte kurz vor 20 Uhr in die Tagesordnung ein.

