Quittung für zu viele Anwaltsschreiben
Polling begehrt gegen den Bürgermeister auf – Gemeinderat setzt Kronberger Grenzen
Pollings Bürgermeister Lorenz Kronberger hat in den vergangenen Wochen mehrfach Rechtsmittel unter anderem gegen Gemeinderäte eingesetzt. Dafür hat er jetzt die Quittung bekommen. Abfinden will er sich damit aber nicht.
Polling – Allein entscheiden, wann und gegen wen er oder die Verwaltungsgemeinschaft Polling vorgeht, das soll es künftig nicht mehr geben: Pollings Bürgermeister Lorenz Kronberger muss den Gemeinderat hören, bevor er Rechtsmittel gegen Dritte nutzt.
Antrag von neun Gemeinderats-Mitgliedern
Den entsprechenden überparteilichen Antrag von neun Gemeinderäten begründete Andreas Maierhofer (CSU): „Ich möchte einen Beitrag leisten, dass gewisse Dinge nicht mehr eintreten. Wenn ich Bürgermeister wäre, würde ich schauen, dass ich den Gemeinderat hinter mir habe.“ Er erinnerte an Gerichtsverhandlungen, vor denen der Gemeinderat einbezogen wurde. „Das stärkt Dir doch den Rücken!“, sagte er in Richtung Kronberger. Wenn man dem Bürgermeister nun den Kompetenzbereich eingrenze, hieße das ja nicht, „dass du überhaupt nicht streiten darfst. Aber es sollte halt nicht ins Unendliche ausarten!“.
Karin Mayerhofer (FW) machte aus ihrem Herzen keine Mördergrube: „Mich zerreißt es total. Als ich erfahren habe, dass ein Teil unserer Gemeinderatsmitglieder mit Unterlassungserklärungen belangt wird, war ich total entsetzt. Mir hat's den Boden unter den Füßen weggezogen! Mit dieser Art und Weise komme ich nicht klar!“ Sie habe daraufhin viele Nächte nicht geschlafen und überlegt, ihr Mandat niederzulegen. Sie habe dann davon abgesehen, auch aus Verpflichtung ihren Wählern gegenüber. Sie appellierte daran, Probleme ohne Gerichte und ohne Anwälte zu bewältigen.
Geschäftsleiterin: Einsprüche bleiben unbehandelt
Die Geschäftsleiterin der Verwaltungsgemeinschaft Polling, Gabriele Springer, warnte davor, dass der Beschluss Verwaltungs-Prozesse im Rathaus einschränken könnte. Wenn etwa Einsprüche gegen Bescheide der Gemeinde erhoben würden, müsse sich künftig der Gemeinderat damit befassen. Bei der Behandlung von Rechtsbehelfen müsse der Bürgermeister dann zuvor eine Sitzung einberufen. Sie kündigte an: „Wir beantworten keine Einsprüche mehr.“
Kronberger geht zur Rechtsaufsicht
Bürgermeister Lorenz Kronberger (UWG) mutmaßte, dass der Antrag nicht rechtsfähig sein werde. Er werde deswegen seine Bedenken an die Rechtsaufsicht im Landratsamt Mühldorf weiterleiten.
Das kritisierte Thomas Jobst (CSU): „Wenn der Lenz meint, das ist ein Schmarrn, dann setzt er den Beschluss aus, leitet ihn an die Rechtsaufsicht weiter.“ Stefan Mooshuber betonte: Natürlich streite man sich im Gemeinderat. Ihm gehe es aber darum, das Grem ium einzubinden, bevor Rechtsmittel einlegt würden. Er könne keinen negativen Aspekt daran finden, einen Gemeinderatsbeschluss einzufordern, bevor Rechtsstreitigkeiten begonnen beziehungsweise Rechtsmittel gegen Gemeinderäte einlegt würden.
Auch Gegenstimmen im Gemeinderat
Gegen den Antrag argumentierte Robert Wimmer (Freie Wähler): „Wenn es wirklich so sein sollte, dass mit dem Beschluss zukünftig keine Bescheide mehr behandelt werden können, dann ist das Nonsens!“ Er appellierte: „Gehen wir respektvoll miteinander um, da nehme ich uns alle in die Verantwortung.“ Alfred Wagner (CSU) erklärte, dass er dagegen stimmen werde: „Weil die Formulierung meiner Ansicht nach falsch ist!“
Lena Koch (Die Grünen) verteidigte die Änderung der Geschäftsordnung, bei der lediglich die Höhe des Streitwerts von 10.000 Euro gestrichen werde. Bis zu ihr kann der Bürgermeister bislang alleine entscheiden. „Wir hätten auch die Möglichkeit, die komplette Satzung rauszunehmen!“, meinte Koch.
Nicht den Mund verbieten lassen
Koch ist neben Mooshuber und Jobst eine der Gemeinderatsmitglieder, die von der Verwaltungsgemeinschaft Polling eine Unterlassungserklärung zugeschickt bekommen haben, weil sie sich zum Personal des Rathauses und der Gemeinde geäußert hatten. Sie habe sich nichts vorzuwerfen. „Ich werde mir auch in Zukunft nicht den Mund verbieten lassen und meine persönliche Meinung äußern!“ Sie werde die Unterlassung „im Leben nicht unterschreiben“. Selbst wenn ihr nun eine Klage drohe. „Dann soll er den Weg gehen!“, sagte sie mit Blick auf Kronberger.
„Jeder darf seine Meinung sagen“, erwiderte der Bürgermeister. „Und ich behaupte immer noch, dass 18 Leute gegangen sind“, sagt Koch über das Personal in Verwaltungsgemeinschaft und Gemeinde.
Abmahnungen und eine Räumungsforderung
Mooshuber setzte nach: „Wir haben was gesagt und du bist uns mit Abmahnungen gekommen!“ Man überschreite Grenzen, wenn man seitens der Verwaltungsgemeinschaft einen Anwalt gegen Gemeinderatsmitglieder einschalte, die lediglich die Personalsituation angesprochen hätten.
Kronberger sagte, es seien keine Gemeinderäte angezeigt worden, wie von Mooshuber behauptet. Es seien bislang lediglich Unterlassungserklärungen verschickt worden, weitere Rechtsmittel seien noch nicht eingelegt worden.
Jobst sprach davon, dass er sehr wohl angezeigt worden sei, und die Beseitigung eines Holz- und eines Spielhauses angeordnet worden sei. Die dafür zuständige Sachbearbeiterin Brigitte Nützl habe nicht mit ihm geredet, sondern gleich eine Räumung verlangt. Er störte sich daran, dass ihm eine Fristverlängerung verweigert worden sei. Kronberger hingegen sprach von Schwarzbauten.
Zehn Gemeinderatsmitglieder stimmten am Ende für den Antrag, sechs dagegen. Das letzte Wort hatte Kronberger: „Dann schauen wir mal, wer da Recht bekommt!“ Er lässt den Beschluss von der Rechtsaufsicht im Landratsamt prüfen.