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Pläne von Innfood in Weiding

Kampf gegen Mineralwasser-Abfüllung: Pollinger nehmen Bürgermeister die Versammlung aus der Hand

Bürgerversammlung in Polling: Bürgermeister Lorenz Kronberger stand stundenlang zum Teil heftig in der Kritik.
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Bürgerversammlung in Polling: Bürgermeister Lorenz Kronberger stand im vollen Saal des Grünbacher Hofs zum Teil heftig in der Kritik.

Turbulente Bürgerversammlung in Polling: Bei der Diskussion im „Grünbacher Hof“ prallten Gegensätze mit ungewöhnlicher Härte aufeinander. Höhepunkt war eine spontane Kampfabstimmung über die Trinkwasserabfüllung in Weiding.

Von Josef Enzinger und Markus Honervogt

Polling – Bis auf den letzten Platz war der Saal im Gasthaus Grünbacher Hof belegt, als Bürgermeister Lorenz Kronberger bei der Bürgerversammlung die wichtigsten Zahlen und Vorhaben des vergangenen Jahres präsentierte. Demnach wies der Haushalt 2023 ein Volumen von 11,3 Millionen Euro auf, acht Millionen entfielen auf die Verwaltung und Personalkosten, 3,4 Millionen flossen in Investitionen. Die größten Einnahmeposten waren die Gewerbesteuer und die Einkommenssteuer mit jeweils etwas 2,3 Millionen Euro.

Sattes finanzielles Polster geschaffen

Dank der hohen Einnahmen konnte sich die Gemeinde in den letzten Jahren ein Polster von 5,5 Millionen Euro schaffen. Polling braucht dieses Geld laut Kronberger, um die geplante Versorgung der Gemeinde mit Fernwärme aus der Geothermie bezahlen zu können.

Insgesamt bezifferte der Bürgermeister die Kosten für den Anschluss und die Verlegung der Leitungen für die Ortsteile Flossing, Polling und Weiding auf 30 Millionen Euro. Etwa 20 Millionen davon müsste die Gemeinde in den nächsten zehn Jahren selbst bezahlen, dazu kämen zehn Millionen Euro Zuschüsse. „Ich hoffe, dass wir das finanzieren können“, sagte Kronberger.

Personal und Kreisumlage kosten am meisten

2022 gab die Gemeinde das meiste Geld für Personal (1,5 Millionen Euro) und die Kreisumlage (2 Millionen Euro aus). Der Schuldenstand liegt bei 1,4 Millionen Euro, das sind 417 Euro pro Kopf. Zum 30. Juni 2023 hatte Polling 3346 Einwohner.

Pollings Bürgermeister Lorenz Kronberger

Im kommenden Jahr 2024 sollen die Fernwärmeleitungen geplant werden. Dazu kommt der Ausbau der Kinderkrippe für zwei Gruppen, eine Enteisenungsanlage für das Wasser, eine Druckerhöhungsleitung nach Bergham, die Fortführung der Wärmedämmung und der Einbau neuer Fenster in der Schule sowie die Ganztagesbetreuung an der Schule Polling. Um Oberneukirchen an die Kläranlage anschließen zu können, steht laut Kronberger die Trassenplanung an.

Turbulente Diskussion über Mineralwasserproduktion

Den größten Teil des langen Abends im Grünbacher Hof machte die Diskussion über die Herstellung von Mineralwasser aus. Die Firma Innfood will die bestehenden Tiefenbrunnen in Weiding nutzen, um Mineralwasser abzufüllen. Diese Nutzung hatte Bürgermeister Kronberger stets verteidigt. In der Bürgerversammlung musste er dafür massive Kritik einstecken.

Steuereinnahmen nicht massiv

Thomas Hügler machte den Anfang: „Mit wieviel mehr Steuereinnahmen kann die Gemeinde rechnen, wenn wir schon das Wasser der künftigen Generationen quer durch Deutschland verhökern?“ Bürgermeister Kronberger antwortete: „Ich erwarte mir keine massiven Steuereinnahmen!“

Thomas Hügler forderte von Bürgermeister Lorenz Kronberger, sich für die Belange der Pollinger in Sachen Trinkwasserschutz einzusetzen.

Hügler hakte nach, fragte Kronberger zu seiner Haltung in Sachen Tiefenwassernutzung. „Meine Meinung ist, dass das positiv ist!“, sagte der Bürgermeister. Im Bereich des Werks Weiding habe es in den vergangenen Jahrzehnten genehmigte Wasserhöchstförderungmengen gegeben, die höher lägen, als die von Innfood beantragten. Kronberger behauptete: „Wenn es nicht entnommen wird, läuft es über den Inn ab!“

Applaus für Thomas Hügler

Hügler war damit nicht zufrieden. Wenn kein wirtschaftlicher Erfolg für die Gemeinde da ist, könne er die Haltung des Bürgermeisters nicht verstehen, der „gerade wieder ein Plädoyer dafür hält, dass das nichts Schlechtes ist, wenn man es hergibt“. Hügler erinnerte dagegen an die zahlreichen Unterschriften von Bürgern, die gegen die Abfüllung seien. „Der Bürgermeister sollte sich für seine Bürger stark machen und das Wasser verteidigen. Ich möchte Dir gerne in die Augen schauen und sehen: Der setzt sich für mich ein! Doch dieses Gefühl habe ich nicht!“ Er erhielt lautstarken Applaus.

Kronberger versuchte zu relativieren. Es könne sein, dass die Mehrheit der Bürger gegen die Tiefenwasservermarktung sein. „Doch wir wissen es nicht genau. Oder haben wir eine Abstimmung gemacht? Nein!“ Er habe aber kein Problem damit, die Meinung der Bürger zu vertreten. „Ich habe dazu nichts zu entscheiden. Wenn ich gefragt werde, wie ist die Stimmung zur Nutzung des Tiefenwassers in der Gemeinde, dann werde ich sagen: Ich habe das Gefühl, die mehreren sind dagegen!“

Hügler war das immer noch zu wenig, brachte ein Referendum ins Spiel, um der Kommune damit den Auftrag zu erteilen, wie mit dem Tiefenwasser umzugehen sei. Denn, wenn Wasserknappheit herrsche, dann träfe es künftige Generationen. „Jedes Land passt auf seine Ressourcen auf, schützt sie, schont sie. Und wir verkaufen es!“

Martin Gallhauser entriss Kronberger kurz die Versammlungsleitung, indem er die Versammlung über die Vermarktung von Tiefenwasser abstimmen ließ.

Kronberger versuchte erneut, seine Position zur Förderung zu erklären. „Ich habe damals gemeint, ich könnte damit den Standort der Innfood sichern, was aber so auch nicht stimmt.“ Er habe die Einnahmen für die Gemeinde im Blick und gemeint, dass man damit Arbeitsplätze sichert.

Kronberger schiebt Entscheidungsbefugnis beiseite

Nun meldete sich Martin Gallhauser zu Wort, erinnerte Kronberger daran, dass er als Bürgermeister eigentlich die Interessen der Gemeinde vertreten sollte. Kronberger hielt dagegen, dass er im gesamten Prozess zum Tiefenwasser keine Entscheidungsbefugnis habe. „Ich werde nicht einmal gefragt, mich geht das gar nichts an!“ Gelächter im Saal.

Jetzt entglitt Kronberger die Versammlungsleitung. Gallhauser forderte die anwesenden zu einer Abstimmung auf. Während sich bei der Frage nach Befürwortern der Tiefenwassernutzung niemand meldete, gingen bei der Frage nach der Ablehnung fast alle Hände nach oben. Für Gallhauser war damit klar: „Herr Bürgermeister, Sie haben den Auftrag, die Gemeinde zu vertreten!“

Warnung vor französischem Konzern

Schließlich ergriff noch Johann Irgmaier das Wort, er übernahm von Kronberger sogar das Rednerpult. Irgmaier, der in unmittelbarer Nachbarschaft zum Werk in Weiding wohnt, berichtete vom Besuch eines ähnlichen Werks in Mannheim. „Das waren zum größten Teil automatische Abläufe!“, berichtete er, man habe kaum Personal gesehen. Er sorgt sich um die zunehmende Trockenheit und deren Konsequenzen für die Region. „Wie sich das auswirkt, weiß niemand!“ 

Das letzte Wort behielt sich Kronberger vor. Er wiederholte: „Ich habe keine Einflussmöglichkeit“, und riet seinen Bürgern, „wendet Euch an das Landratsamt oder an das Wasserwirtschaftsamt!“

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