Kreisobmann zieht Bilanz der Bauern-Demo
Mahnfeuer statt U-Bahn? Was Mühldorfs Bauern nach dem Protesttag in München als Nächstes planen
„Stirbt der Bauer, stirbt das Land“ – nur einer der Sprüche, mit denen Landwirte am Montag gegen die Subventionskürzungen der Ampel-Regierung protestiert haben. Weitere Aktionen sind geplant.
Mühldorf/München – Bis zum Münchner Odeonsplatz hat es die Traktor-Kolonne aus dem Landkreis Mühldorf am Montag (8. Januar) nicht geschafft. „Wir wurden von der Polizei auf die Theresienwiese umgeleitet“, berichtete Ulrich Niederschweiberer, Kreisobmann des Bauernverbands Mühldorf, telefonisch kurz nach seinem Eintreffen um 11.30 Uhr in München. Mit der U-Bahn fuhren er und die anderen Landwirte und Unterstützer zur Kundgebung am Odeonsplatz.
Riesige Abordnung aus dem Landkreis
Eigentlich hätten sie alle mit ihren schweren Fahrzeugen zum Odeonsplatz fahren wollen, doch es waren einfach zu viele Bauern aus allen Himmelsrichtungen in die Landeshauptstadt gekommen. Die Münchner Polizei machte die Zufahrt dicht – sie schätzt die Teilnehmerzahl der Kundgebung auf über 8000, die mit rund 5500 Traktoren angereist waren.
„Allein wir aus dem Landkreis Mühldorf waren viel mehr, als wir gedacht haben“, freut sich Niederschweiberer. „Rund 750 Bulldogs und Lastwagen sind am Treffpunkt in Haag zusammengekommen.“ Im Vorfeld der Aktion war die Rede von 300 bis 400 Fahrzeugen gewesen.
Tore am Sammelplatz zugefroren
Um 6 Uhr hatte sich der Tross aus dem Landkreis Mühldorf in Richtung München in Bewegung gesetzt. Versammlungsleiter und Zugführer Niederschweiberer fuhr schon um 3.45 Uhr von seinem Hof in Mößling zum Sammelpunkt am Agri-Park in Kirchdorf los. „Es war gut, dass ich so früh dort war“, erzählt der Bauernobmann. „Der Pförtner hat gar nicht gewusst, dass wir kommen und die Tore waren zugefroren.“ Bis die anderen Landwirte ankamen, habe aber alles gepasst.
Mit Verspätung in München angekommen
Die Fahrt nach München wurde von der Polizei begleitet und so für den übrigen Verkehr abgesichert. „Alle unsere Teilnehmer waren sehr diszipliniert“, lobt Niederschweiberer. „Ich habe vor der Abfahrt aber auch noch ein paar entsprechende Ansagen gemacht!“ Die Kundgebung am Odeonsplatz war für 11 Uhr angesetzt, die Mühldorfer kamen erst mit Verspätung dazu.
Danach hat das OVB den Kreisobmann auf seiner Heimfahrt von München auf seinem Traktor am Handy erreicht. Eigens für die Protestfahrt hatte er sich ein Headset besorgt, um auch am Steuer im Führerhaus von anderen Teilnehmern und der Polizei erreichbar zu sein. Gegen 16.15 Uhr ist er in der Kolonne aus Schleppern und Lastwagen erst auf Höhe Haar angekommen. Nach über einer Stunde Fahrt aus München heraus: „Es geht alles so langsam, weil wir ja nicht auf der Autobahn fahren dürfen.“ Niederschweiberer klingt heiserer als am Vormittag.
„Ich hoffe, die Politik ist beeindruckt“
Er zeigte sich tief beeindruckt von der Veranstaltung, von der extrem großen Menge an Teilnehmern und an Fahrzeugen, die zum Protest angerollt kamen: „Ich hoffe, dass das auch die Politik beeindruckt!“ Unter den Landwirten habe gute Stimmung geherrscht: „Die Einigkeit war spürbar, dass alle für die gemeinsame Sache an einem Strang ziehen.“
Gänsehaut entlang der Fahrtroute
Aus seiner Sicht haben auch Bäcker, Metzger und Spediteure Flagge für die Landwirte gezeigt, die Bevölkerung, glaubt Niederschweiberer, habe positiv auf die Aktion reagierte. Schon auf der Hinfahrt in aller Früh hätte sich das gezeigt. „Es ist unwahrscheinlich, wie Autofahrer, Fußgänger oder Leute an Bushaltestellen auf unsere Kolonne reagiert haben“, schildert er. „Die haben gehupt, gewunken, geklatscht und Daumen-hoch gezeigt. Ich krieg jetzt noch Gänsehaut.“ An einer Bushaltestelle habe er fast ein schlechtes Gewissen bekomme: „Die Wartenden dort haben mir freundlich zugewunken, hinter mir war der 15 Kilometer lange Konvoi. Da habe ich gedacht, dass dieser Bus nicht so schnell kommen wird.“
„Politiker bleiben eiskalt“
An diesem Protest-Montag ist alles friedlich abgelaufen, darauf ist Niederschweiberer stolz und mit seinen Berufskollegen zufrieden. „Wir Landwirte haben uns positioniert“, er ist gespannt, was sich daraus entwickelt. „Die Politiker beideln sich ja nur ab, ich muss mich wundern, wie man bei solchem Druck so eiskalt bleiben kann. Keine Ahnung, was deren Taktik ist.“
„Wir haben noch einiges vor“
Der Bayerische Bauernverband hat eine ganze Protestwoche angekündigt. Wie es im Landkreis Mühldorf weitergeht, berichtet der Kreisobmann dem OVB am gestrigen Dienstag (9. Januar), nach der Video-Konferenz des Kreisverbands: „Wir planen ein Mahnfeuer am Freitagabend und werden beim Bauernmarkt am Freitagvormittag in Mühldorf unsere Banner aufhängen.“ Kurzfristig könnten sich noch andere kleine Aktionen ergeben. Zur großen Protest-Demo in Berlin am Montag (15. Januar) organisiert der Bauernverband wieder Busse für die Teilnehmer.
Staatsanwaltschaft prüft Ampel am Galgen
Von den Anfang Januar an mehreren Kreisverkehren aufgestellten Galgen, an denen jeweils eine Ampel hing, hatte sich der Kreisobmann bereits klar distanziert. Die Staatsanwaltschaft Traunstein prüft derzeit, ob ein Anfangsverdacht für eine politische Straftat besteht, so deren Pressesprecher Dr. Rainer Vietze.
Kritik an Galgen und Misthaufen
„Es geht längst nicht mehr um Euros für den Agrardiesel. Wer die Ampel an den Galgen hängen will oder mit öffentlichen Misthaufen Stimmung macht, hat kein Interesse mehr am demokratischen Diskurs“, sagte die FDP-Bundestagsabgeordnete Sandra Bubendorfer-Licht am Montag, 8. Januar, zu den Bauernprotesten. „Der Bauernstand lässt sich von politischen Zündlern und Büchsenspannern instrumentalisieren.“
FDP-Abgeordnete weist weitere Forderungen zurück
Sie werde gegen die Pläne der Ampel-Spitze zur Streichung von Steuervergünstigungen ein Veto einlegen. „Es ist gut, dass die Koalition eine praktikable und faire Lösung gefunden hat. Die Kfz-Steuerbefreiung von Landmaschinen bleibt bestehen und die abrupten Kürzungen bei der steuerlichen Unterstützung von Agrardiesel sind vom Tisch.“ Bubendorfer-Licht weist aber weitere Forderungen der Bauern zurück.
Bilanz der Polizei
Die Polizei hatte die Lage im Landkreis im Blick, so waren etwa an Mühldorfs Zufahrten zur A94 Polizeistreifen postiert, um bei Bedarf ordnend einzugreifen. Das bestätigt auch Alexander Huber vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd: „Aus Sicht der Polizei ist bei dieser Aktion der Landwirte alles im Rahmen gelaufen. Es kam zu den erwarteten lagebedingten Verkehrsbehinderungen mit teilweise Staubildungen, aber es gab keine unangemeldeten Blockaden oder ähnliches.“
„Einsatzkräfte des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd und der Bayerischen Bereitschaftspolizei betreuten in etwa 29 Versammlungslagen mit circa 7000 Teilnehmern und zählten rund 4000 Fahrzeuge, die entweder in Konvois in Richtung München eskortiert wurden oder an den Versammlungen teilnahmen“, so das Polizeipräsidium in einer abschließenden Presseerklärung. Laut Münchner Polizei waren wegen der Versammlungen in der Innenstadt insgesamt um die 400 polizeiliche Einsatzkräfte den Montag über im Einsatz.



