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Stimmung bei den Protestlern im Kreis Mühldorf

„Wir werden drangsaliert“: 800 Bauern, Lkw-Fahrer und Handwerker in Kirchdorf

Über 800 Traktoren, Schlepper und Lkw sind am 8. Januar in Kirchdorf um 6 Uhr früh losgefahren und haben bei der Demo in München teilgenommen.
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Über 800 Traktoren, Schlepper und Lkw sind am 8. Januar in Kirchdorf um 6 Uhr früh losgefahren und haben bei der Demo in München teilgenommen.

Große Solidarität mit den Landwirten: Bei der Abfahrt zur Demo kamen auch Handwerker und Lkw-Fahrer nach Kirchdorf, um ihren Unmut kundzutun. Warum es den 800 Demonstranten aus dem Landkreis Mühldorf um viel mehr geht als „nur“ um die Rücknahme der Agrarkürzungen.

Kirchdorf/Landkreis Mühldorf – Die Landwirte machen mobil – und zwar richtig: Über 800 Traktoren, Schlepper und Lkw versammelten sich am 8. Januar um 5 Uhr morgens bei Minusgraden am Agri-Park in Kirchdorf. Von dort aus ging es weiter nach München, um gegen die neuesten Pläne der Ampel-Koalition zu protestieren. Mindestens eine halbe Stunde dauerte es, bis alle Fahrzeuge abrücken konnten und selbst dann ging es wegen der hunderten von Teilnehmern nur schleppend voran.

Lastwagenfahrer, Spediteure, Bauunternehmer

Das Besondere: Nicht nur Landwirte, auch Lastwagenfahrer, Spediteure, Bauunternehmer und Handwerker waren bei dem Protest dabei. Obwohl die Ampel-Koalition schon eingelenkt und eine Teil-Rücknahme der Kürzungspläne im Bereich Landwirtschaft angekündigt hatte – unter anderem soll die Befreiung der Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Maschinen bleiben und die Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel werden bis 2026 gestreckt – sind sich die meisten Demonstranten einig: Die neuen Pläne der Regierung seien nur „der Tropfen auf dem heißen Stein“.

Landwirt Bernhard Warmedinger und seine Lebensgefährtin Monika Haas aus Babensham haben ebenfalls bei Minusgraden an der Demo teilgenommen.

So sieht das auch Georg Eisner aus Gars. Er ist Agrar-Betriebswirt und zeigt sich mit der „Gesamtsituation unzufrieden“. „Es kommt einfach viel zusammen: die Bürokratie, die Personal,- Strom- und Energiekosten, die erhöhte Maut“, stimmt Josef Lohner aus Niederbergkirchen ihm zu. Das sehen Bernhard Warmedinger und seine Lebensgefährtin Monika Haas aus Babensham genauso. „Irgendwann reicht es einfach“, sagt der Landwirt. „Nach der angeblich zu hohen Nitratbelastung, die uns vorgeworfen wird, kommt nun die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrar-Diesel. Für manche Bauern ist das jährlich ein halber bis ganzer Monatslohn, der fehlt“, erklärt Warmedinger. „Es wäre sicherlich auch kein Politiker begeistert, wenn ihm plötzlich ein Gehalt fehlen würde“, sagt er.

Auch Wolfgang Deuschl aus St. Wolfgang ist angesichts der politischen Situation frustriert. Seiner Meinung nach müssten die Leute zu hohe Steuern zahlen, während die Regierung „das Geld raus pulvert“. Ob die Demo in München beziehungsweise deutschlandweit etwas bringe, könne er nicht sagen, „nur hoffen“, sagt Deuschl. Dem schließt sich Franz Mayr aus Rainbach bei Kirchdorf an. Er „ärgert sich fürchterlich“ darüber, dass in Deutschland die Atomkraftwerke abgestellt und die Energie im Ausland eingekauft werde. Gleichzeitig schimpft er darüber, dass die Rentner in Deutschland „wie Dreck behandelt“ und oft am „Hungertuch nagen“ würden, obwohl sie das ganze Leben gearbeitet hätten, so Mayr. Außerdem beanstandet der Waldbesitzer, dass in der Gastronomie die Mehrwertsteuer erhöht worden sei. „Wieder ein Versprechen der Regierung, das gebrochen wurde“, schimpft er.

Franz Mayr aus Rainbach bei Kirchdorf hat an der Demonstration teilgenommen.

„Allgemein frustriert“

Auch Leo Huber aus Kraiburg ist „allgemein frustriert“ von der Ampel-Koalition. „Alles wird teurer, man kann sich kaum noch etwas leisten“, schimpft der Landwirt. „Es kommt einfach viel zusammen, beispielsweise auch das neue Heizungsgesetz. Er sei selbst Vermieter. Wenn er eine neue Heizung einbauen wolle, müsse er mit einer exorbitant hohen Investition rechnen. „Ich bin 45 Jahre alt. Wie soll ich das noch abbezahlen?“, fragt sich Huber. „Die einzige Möglichkeit, die ich habe, ist, die Miete zu erhöhen“, klagt er.

Tim Oberleitner aus Schnaitsee (links) und Leo Huber aus Kraiburg fahren beide Lkw und haben solidarisch an der Demo teilgenommen.

Christan Bäckerbauer aus Waltlham bei Schnaitsee kann sich nur anschließen. „Ich habe einen kleinen Kfz-Betrieb, arbeite allein. Ich ersticke in Bürokratie. Der Sprit kostet mehr, die Betriebskosten haben sich ebenso erhöht. Für mich ist klar, dass ich mein Unternehmen bald dichtmache“, sagt er. „Auch meinem Sohn – er ist zwar noch klein – habe ich geraten, was anderes zu lernen“. Auch Klaus Schöberl aus Reichertsheim fühlt sich von der Ampel-Koalition „gepiesackt“. „Wir wollen ein Zeichen setzen, auch wenn es vielleicht nichts bringt“, sagt er.

Klaus Schöberl, Sebastian Maier, Ignaz Brandl, Tobias Huber und Michael Binsteiner waren ebenfalls bei der Demonstration dabei.

Unter den Demonstranten war ebenfalls Dr. Marcel Huber, Staatsminister a.D.. Er findet, die Koalition aus SPD/FDP und Grünen sei „schlecht für den ländlichen Raum“. „Krankenhäuser, Gastronomie, Landwirte“, zählt er auf. „Es geht überall bergab“, ist die Meinung des ehemaligen Staatsministers.

Mit unter den Demonstranten war auch Dr. Marcel Huber, Staatsminister a.D..

Viele Teilnehmer zeigten sich solidarisch, so wie Jochen Lechner aus Pastetten. Der Lkw-Fahrer unterstützt die Landwirte, ebenso wie Rene Geisberger aus Lengdorf. Er arbeitet bei Unertl in Haag und befürwortet ebenfalls die Forderungen der Landwirte.

„Überwältigt“ von der Anzahl der Teilnehmer

Tobias Grundner, Mit-Organisator der Zusammenkunft in Kirchdorf und Sprecher des Vereins „Landwirtschaft verbindet Bayern“ (LSV) für Mühldorf und Altötting, zeigte sich „überwältigt“ von den über 800 Traktoren, Schleppern und Lkw, die beim Agri-Park losfuhren. Rund zehn Kilometer vor München sei der Trupp in den Stau geraten. „Die Fahrzeuge wurden zur Theresienwiese umgeleitet, weil zum Odeonsplatz kein Durchkommen war“, berichtete Grundner später am Telefon.

Er hoffe, dass dieses „starkes Ausrufezeichen“ bei der Regierung ankomme und einen „Denkanstoß gibt“. Für den Landwirt aus Taufkirchen steht fest: Es gebe keinen Kompromiss, was die Steuerbegünstigungen für den Agrar-Diesel angehe. „Seit hunderten von Jahren beackern wir die Felder. Wir kennen unser eigenes Land am besten und trotzdem werden wir ständig mit unsinnigen Auflagen drangsaliert“, sagt Grundner. „Heute war auch nur der Auftakt der Demonstrationen. Bis zum 15. Januar geht es weiter“, prophezeit er.

„Alles im Rahmen“

Wie das Polizeipräsidium Oberbayern Süd auf Anfrage bestätigt, war bei der Demonstration von Kirchdorf Richtung München „alles im Rahmen“. Es sei zwar zu Verkehrsbehinderungen gekommen, aber es hätte keine Blockade-Aktionen oder abgekippte Misthaufen gegeben, so die Beamten. Die Polizei gehe von rund 600 Fahrzeugen aus, die von Kirchdorf aus an dem Protest teilgenommen hätten, insgesamt seien es rund 1.500 Traktoren, Schlepper und Lkw im Präsidial-Bereich gewesen, so die Polizei.

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