Neuplanung des Sümö-Geländes in Mühldorf
Visionär oder unsinnig? CSU will Hochschule mitten in der Stadt – das sind die Reaktionen
Für kontroverse Diskussionen sorgt der Vorschlag der CSU, den Hochschulcampus auf das Mühldorfer Sümö-Gelände zu verlegen. Das sagen die übrigen Stadtratsfraktionen und Bürgermeister Hetzl dazu.
Mühldorf – Parkhäuser, ein Park, Wohnhäuser, Supermärkte und Gastronomie: So sehen die bisherigen Vorschläge für die Neugestaltung des Sümö-Geländes aus. Jetzt hat die CSU einen ganz neuen Vorschlag präsentiert: Die Verlegung des Hochschulcampus aus dem Industriegebiet Nord mitten in die Stadt.
Grüne: Eine gute Perspektive
Als „eine gute Perspektive für die Stadt“, begrüßt Grünen-Fraktionssprecher Dr. Matthias Kraft diese Idee der CSU: „Wir sehen ihn als guten Weg für eine nachhaltige Stadtentwicklung.“ Der Vorschlag nehme das Potenzial auf, das der Hochschulstandort in Mühldorf biete. Positiv sei, dass das Sümö-Gelände nicht isoliert betrachtet, sondern in einen größeren Zusammenhang eingebunden werde. Dazu zählt Kraft die Einbeziehung des Heilig-Geist-Spitals oder des alten Klosters am Stadtplatz.
„Die Verdichtung des Parkraums erfolgt in einer natürlichen Erweiterung der bestehenden Parkgarage. Positiv ist, dass ein großer Teil unterirdisch erfolgen soll“, sagt Kraft. Der überirdische Teil könne flexibel an den Bedarf angepasst werden. Besonders positiv bewerten die Grünen die Grünfläche zwischen Altstadt und Inn. „Die Nutzung für die Allgemeinheit und als Aufenthaltsbereich für Studierende lässt eine dauerhafte Belebung des Bereichs erwarten.“ Die Anbindung an den Inn sei wünschenswert.
SPD: Hochinteressante Vorlage
Auch gegenüber dem neuen Vorschlag bleiben die Grünen bei ihrer Forderung, den Parkraum im Umfeld der Altstadt effizienter zu nutzen. Außerdem wollen sie eine Verbesserung für den Bus- und den Radverkehr.
Für die SPD ist der CSU-Vorschlag eine „überraschende, spannende und hochinteressante Vorlage“, sagt Fraktionssprecherin Angelika Kölbl. „Es ist ein ganz anderer Entwurf.“
Offen bleibt die Zukunft des Hallenbads
Sie hofft, dass damit eine inhaltliche Diskussion in Gang kommt, die ihre Fraktion bisher vermisst. „Der Vorschlag enthält viele positive Aspekte, die auch unseren Vorschlägen entsprechen.“ Redebedarf sieht sie trotzdem, denn einige Punkte müssten geklärt werden: Was wird aus dem Hallenbad, wie sind die Erfahrungen anderer Städte mit einer Hochschule in der Innenstadt, reichen die Parkplätze für die Mitarbeiter der Firmen in der Innenstadt?
Kölbl wünscht sich für diese Diskussion eine Sondersitzung des Stadtrats. „Ich glaube nicht, dass man in einer normalen Sitzung alle Sichtweisen berücksichtigen kann.“
AfD: Die richtige Richtung
Auch die AfD signalisiert Zustimmung, Oliver Multusch sagt: „Ich finde, dass es in die richtige Richtung geht.“ Ob und wie sich die Vorschläge der CSU umsetzen lassen, hänge vor allem an der Lösung der zwei dringenden Probleme und deren Finanzierung: Kurzfristig die Schaffung von Parkplätzen und mittelfristig des Baus eines neuen Hallenbads.
„Wir müssen uns vor allem Gedanken machen, wie wir das finanziell umsetzen können“, sagt er. Dazu gehört für ihn weiterhin auch die kommerzielle Nutzung des Geländes. Er fordert in der jetzt beginnenden Diskussion den Blick auf die Praktikabilität der Pläne zu legen.
MG: Abschied von überdimensionierten Parkhäusern
Claus Debnar (Mühldorf gemeinsam) spricht von einer „guten Alternative“. Er begrüßt vor allem die Einbindung des Campus in die Stadt und den Abschied von den „überdimensionierten Parkhäusern“:
UM: Keine Entwicklungsmöglichkeit für die Hochschule
Massiven Gegenwind gibt es von der Bürgermeister-Fraktion der Unabhängigen Mühldorfern (UM). „Das vorgestellte Konzept, wonach die Hochschule in die Stadt integriert werden soll, stellt gerade kein ‚Campus‘-Modell mehr dar“, schreibt Fraktionssprecher Markus Saller in einer Stellungnahme. „Spätere Erweiterungsmöglichkeiten sind nicht gegeben.“ Es werde womöglich der gleiche Fehler gemacht wie seinerzeit beim Krankenhaus.
Saller bezweifelt, dass sich der Freistaat an den Kosten für den Bau des Campus beteiligen wird. „Von dort kam bisher kein Signal, sich an Flächenerwerb oder Baukosten zu beteiligen.“ Die bislang vorgesehene Wohnbebauung auf dem Grundstück des Hallenbads könne dagegen eine Anschubfinanzierung für den Bau eines neuen Hallenbades leisten. Die Einhausung der alten B12 hält Saller für nicht realistisch. Seine Forderung: „Zuerst sind Parkhäuser und Nahversorger zu errichten. Das neue Modell lässt dies nicht zu.“
Hetzl reagiert skeptisch
Bürgermeister Michael Hetzl (UM) und Stadtbaumeisterin Birgit Weichselgartner reagieren skeptisch auf die Vorschläge. Sie kritisieren vor allem, dass mit der von der CSU angeregten Umplanung „die Entwicklung des einstigen Sümö-Geländes komplett auf Anfang gesetzt“ würden: „Die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, dass die neuen Ideen im Endeffekt einen weiteren jahrelangen Stillstand bedeuten würden.“
Weichselgartner fürchtet um die Früchte der Arbeit in den letzten Jahren
Stadtbaumeisterin Weichselgartner fürchtet um die Früchte der Arbeit der letzten Jahre. „Ein wirkliches Problem ist, dass die jetzt publik gemachte Skizze gänzlich ignoriert, was in den vergangenen Monaten und Jahren gemeinsam mit dem Stadtrat, der Städtebauförderung und der Bayerischen Architektenkammer erarbeitet und beschlossen wurde.“
Weichselgartner verweist auf den Ideenwettbewerb, die große Zustimmung zu den Vorschlägen und Weiterentwicklungen in der parteiübergreifend besetzten Jury und durch die Städtebauförderung. Auf dieser Grundlage habe sich der Stadtrat zur Aufstellung eines Bebauungsplans entschieden. „Das alles zu ignorieren und in Skizzenform völlig neue Ideen in die Welt zu setzen, ist für mich nicht nachvollziehbar“, so Weichselgartner weiter.
Die Lage des Parkhauses in den Skizzen widerspreche dem seit Jahren definierten städtebaulichen Ziel, den Grüngürtel um die Altstadt fortzusetzen. „Aufgrund der Eigentumsverhältnisse werde mit dieser Idee über Jahre nichts passieren“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme der Stadt. In ihr gehen Hetzl und Weichselgartner allerdings nicht näher auf die konkreten Eigentumsverhältnisse auf dem Sümö-Gelände ein.
Auf Nachfrage bestätigt die Stadt, dass große Teile des Geländes in städtischem Eigentum sind oder einer städtischen Gesellschaft gehören. Laut Stadtsprecher Werner Kurzlechner liegt allerdings ein Teil des von der CSU vorgeschlagenen Parkhauses auf Teilen des Geländes, das ein Privatinvestor an die Norma verpachtet hat.
Freistaat müsste Geld zuschießen
Bürgermeister Hetzl würde sich der Verlegung von Teilen des Campus in die Innenstadt nach eigener Aussage nicht widersetzen. Er warnt aber vor fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten: „Wir haben in Mühldorf beim Krankenhaus schon einmal den Fehler gemacht, bei einem Großprojekt einen innenstädtischen Standort ohne Entwicklungsperspektive zu wählen. Dieser Fehler darf sich in keinem Fall wiederholen.“ Ohne eine Finanzierung des Baus durch den Freistaat sieht Hetzl außerdem keine Möglichkeit, ein neues Campus-Gebäude zu errichten. „Ohne eine erkleckliche Geldspritze des Freistaats jedenfalls wird das Konzept des CSU-Fraktionsvorsitzenden genau das bleiben, als was er es betitelt: eine Vision.“
Aufstellung eines Bebauungsplans läuft bereits – auf Grundlage des Ideenwettbewerbs
Vor einigen Wochen hat der Stadtrat mit den Stimmen von UM, CSU, AfD und Teilen der SPD die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gelände beschlossen. Im Rahmen dieses Bebauungsplans legt die Stadt fest, was auf dem Gelände am Rand der Altstadt entstehen soll. Auf dem Tisch liegt der überarbeitete Vorschlag aus einem Architektenwettbewerb, dessen Umsetzung vor allem Bürgermeister Hetzl und seine UM-Fraktion befürworten.
