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„Das ist ein Fake“

Tumulte, Zwischenrufe und Gelächter: Mühldorfs Stadträte planen das Sümö-Gelände

Das Sümö-Gelände in Mühldorf aus der Luft und wie es einmal gestaltet werden könnte. Der Rahmenplan (rechts) ist aber nicht mehr als ein Ausgangspunkt für alle Überlegungen, die jetzt folgen. Benennungen und ein Einrahmung des Grünstreifens stammen von den OVB Heimatzeitungen.
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Das Sümö-Gelände in Mühldorf aus der Luft und wie es einmal gestaltet werden könnte. Der Rahmenplan (rechts) ist aber nicht mehr als ein Ausgangspunkt für alle Überlegungen, die jetzt folgen. Benennungen und ein Einrahmung des Grünstreifens stammen von den OVB Heimatzeitungen.

Tumultartige Szenen, Schreiereien, Zwischenrufe, Gelächter: Die Stimmung im Mühldorfer Stadtrat war von der ersten Minute an gereizt. Es ging um das Sümö-Gelände am Rande der Altstadt und den Beginn der formellen Planung. Das brachte die Stadträte gegeneinander auf.

Mühldorf – Seit über zwei Jahren wird zum Teil erbittert über die Zukunft des Sümö-Geländes diskutiert und gestritten. Dabei wollen alle eigentlich das gleiche: Parkhäuser, einen öffentlichen Park, Wohnungen, ein Restaurant oder Café, einen Supermarkt und einen direkten Zugang zum Inn. Ein neuer Höhepunkt der Auseinandersetzung war die jüngste Stadtratssitzung, als es um den Flächennutzungsplan und einen neuen Bebauungsplan ging. Eine Sitzung mit tumultartigen Szenen, Schreiereien, Zwischenrufen und Gelächter.

Die Diskussion war von Anfang an von gegenseitigen Angriffen geprägt. Bürgermeister Michael Hetzl (UM) machte seinem Ärger über die Grünen Luft, die Wünsche für die Planung vorab dem Mühldorfer Anzeiger zur Verfügung gestellt hatten. Über deren Forderung nach einem 75 Meter breiten Grünstreifen sagt er: „Dann ist kein Parkhaus mehr möglich, ein Supermarkt wird sehr schwierig.“ Das widerspreche allen bisherigen Absprachen.

Nach Tadel für die Grünen, Lob für die CSU

Lob gab es dagegen für die CSU, die vor die Sitzung nicht öffentlich die Festschreibung des Parkanteils auf 20 Prozent gefordert hatte.

Gegenwind bekam Hetzl vor allem von Dr. Matthias Kraft. Der Grünen-Sprecher kritisierte scharf, dass es nach drei Jahren Planungszeit noch nicht mal eine Festlegung gebe, welche Grünflächen wo vorgesehen seien. Er bemängelte, dass die Stadt während der Sitzung Pläne vorgelegt habe, die für die Stadträte vorab nicht einsehbar gewesen seien.

Das ist unglaublich

Zu den Plänen sagt er: „Das ist ein Fake, den Sie uns hier präsentieren. Das ist unglaublich.“ Er verteidigte die Forderung nach einem 75 Meter breiten Grünstreifen, der immer noch 45 Meter für ein Parkhaus freilasse. „Was sie sagen, ist unwahr“, warf er Hetzl vor. Stadtbaumeisterin Weichselgartner verteidigte die Messung der Stadt, sie zeige, dass bei einem 75 Meter breiten Grünstreifen kein Platz für ein Parkhaus bleibe.

Mit Blick auf Größe und Lage der Grünflächen betonte sie: „Wir können noch keinen Flächennutzungsplan vorlegen, wir haben noch keinen.“ Kraft erwiderte: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir Ihnen einen Blankoschein ausstellen.“

Hungerhuber: Keine Möglichkeit, sich einzubringen

Unterstützung erhielt der Grünen-Fraktionschef von Claudia Hungerhuber (SPD). „Wenn wir hier bis zu 80 Prozent bebauen können und noch kein Grünbereich eingeplant ist, bedeutet das, dass maximal bebaut wird.“ Wie Kraft forderte sie eine vorherige Diskussion, um Leitplanken zu finden, mit denen die Stadt in die Planung gehen könnte. Sie sei besorgt, dass es im Verfahren faktisch keine Möglichkeit mehr gebe, sich einzubringen. Einwände würden im Verfahren zurückgewiesen.

Claus Debnar (MG) nannte die bisher bekannten Informationen „reichlich schwammig“. Er interpretierte die Aussagen von Stadtbaumeisterin Weichselgartner so: Der Rahmen stehe fest und damit auch eine Richtung. „Und diese Richtung kennen wir nicht.“

Detailliertere Angaben derzeit noch nicht möglich

Weichselgartner versuchte die bisherige Vorgehensweise zu erläutern: Es seien bisher Ergebnisse aus dem Plan eingeflossen, der beim Architektenwettbewerb den ersten Preis erhalten habe. Daraus sei ein Rahmenplan entstanden, der als Skizze vorliege. Detailliertere Angaben seien derzeit noch nicht möglich, weil viele Gutachten ausstünden. Sie würden im Rahmen der Bauleitplanung erstellt. Weichselgartner nannte als Beispiel ein Verkehrsgutachten, das viele Veränderungen bringen könne.

Nicht mitgenommen

Für SPD-Fraktionsvorsitzende Angelika Kölbl ist dieser Rahmenplan plötzlich während der Bürgerversammlung aufgetaucht. „Es ist immer schlecht, wenn man mal nicht mitgenommen mit“, kritisierte sie. „Es hieß immer, wartet mal ab.“ Dann seien plötzlich neue Vorschläge gekommen. „Das führt zu Unmut. Dafür tragen sie ein stückweit Mitverantwortung“, sagte sie zu Bürgermeister Hetzl.

Der widersprach. Es sei immer wieder mit allen Gruppierungen gesprochen worden. „Nicht eingebunden, ist eine Falschbehauptung.“ Alle Verbände, die sich an die Stadt gewandt hätten, hätten einen Termin bekommen. „Es ist zugehört worden, Dinge wurden verändert“, sagte Hetzl und wies auf den Erhalt beider Kirschbaualleen hin.

SPD-Sprecherin Angelika Kölbl fürchtet angesichts der planungsrechtlichen Vorgaben eine dichte Bebauung und höhere Lärmwerte, als derzeit zulässig sind.

Verfahren steht noch ganz am Anfang

Wie dicht das Gebiet bebaut werde, entscheidet sich laut Bürgermeister Hetzl nicht mit den Festlegungen im Flächennutzungsplan. Das geschehe erst im Bebauungsplan. Er betonte: „Wir legen erst nach dem Aufstellungsbeschluss fest, was wir dort machen wollen.“ Er versprach, dass es immer wieder Diskussionen im Stadtrat über die Vorschläge geben werde, die die Stadt zur Gestaltung im Laufe des Verfahrens vorlegen werde. „Es ist nicht so, dass morgen die Bagger anrollen.“

Multusch beruhigt die Debatte

Etwas Ruhe brachte Oliver Multusch (AfD) in die Diskussion: „Wir tun uns alle einen Gefallen, wenn wir die Emotionen rausnehmen.“ Für ihn sind 20 Prozent für Grünflächen ein Wert, die dem städteplanerischen Anliegen gerecht werden. Er widersprach Befürchtungen, dass innerhalb des Verfahrens keine Änderungen und Einflussmöglichkeiten gegeben seien.

Rückendeckung bekam die Stadtverwaltung auch von Dr. Reinhart Wanka und Markus Saller (beide UM). Saller sagte: „Ich habe in 15 Jahren noch nie soviel Vorbereitung gesehen.“ Mehr sei nicht möglich, er könne nicht verstehen, dass sich jemand nicht mitgenommen fühle.

Lasner fordert enge Einbindung in die Planung

CSU-Fraktionssprecher Stefan Lasner sprach vom „Start in das Verfahren“. Danach könnten Vorschläge und Ideen eingebracht werden. „Das ist ja immer noch offen.“ Er betonte aber auch: „Wir wollen zeitnah eingebunden werden und nicht erst zu den Sitzungen. Wir wollen nicht in eine Druckposition hineingetrieben werden.“ Er verlangt, vorab auch Neuerungen oder Skizzen gezeigt zu bekommen.

Am Ende leiteten die Stadträte mit den Stimmen der CSU, UM, AfD und einigen aus der SPD mit 20 zu 10 Stimmen das formelle Bauleitverfahren ein: Der Flächennutzungsplan wird geändert und ein neuer Bebauungsplan aufgestellt. Grüne, MG und fast alle SPD-Stadträte stimmten dagegen.

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