Vor Söders Auftritt in Ampfing
Landwirtschaft: So will Ex-Minister Marcel Huber die aufgeheizte Stimmung befrieden
Dutzende Traktoren und andere landwirtschaftliche Maschinen werden aufgefahren, wenn Söder in den Landkreis Mühldorf kommt. Das erwartet den bayerischen Ministerpräsidenten am Samstag (9. März) in Ampfing. Und das sagt sein Ex-Minister Huber.
Mühldorf/Ampfing – Nachdem es im Landkreis Mühldorf nach den letzten Bauernprotesten ruhiger geworden ist, werden sich am Samstag wieder viele Landwirte versammeln. Sie kommen zur Frühjahrsschau der Firma Gruber Landtechnik nach Ampfing. Und mit ihnen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.
Trillerpfeifen werden wohl schweigen
Geht es nach dem Bauernverband, muss Söder nicht mit Trillerpfeifen und Blockaden oder gar Attacken rechnen, wie zuletzt Politiker der Grünen. Söder erwartet ein wohlwollender Empfang, die Traktoren werden wohl nur auf dem Ausstellungsgelände stehen.
Bauernverbands Obmann Ulrich Niederschweiberer sieht Söders Besuch als „Zeichen der Wertschätzung“. Deshalb werde es keine Proteste geben. „Wir wollen hören, was er zu sagen hat“, um Hintergründe zur bayerischen Politik und den „Positionen gegenüber dem Bund“ kennenzulernen. Zwei Forderungen werden die Mühldorfer dem Ministerpräsidenten dennoch überreichen: Die Streichung des Schlusstermins für das Walzverbot von Feldern, wie er im Bienenvolksbegehren festgesetzt ist. Und die Aufhebung der Fünfjahresfrist, nach der Grünstreifen zum Gewässerschutz automatisch kein Ackerland mehr sein dürfen.
Politik der EU weiterentwickeln
Niederschweiberer beruft sich auf den „Zukunftsvertrag“, den der Freistaat im vergangenen Herbst unterzeichnet hat. In ihm seien politische Maßnahmen und finanzielle Förderungen für die Zukunft der Landwirtschaft vereinbart.
Marcel Huber moderiert Praktikerrat
Denn die muss jetzt gestaltet werden. Das sagt Dr. Marcel Huber. Der langjährige CSU-Minister aus Ampfing hat unlängst die Aufgabe übernommen, den sogenannten Praktikerrat der Staatsregierung zu moderieren. Der soll Vorschläge für die Weiterentwicklung der EU-Agrar-Politik nach dem Jahr 2028 entwickeln.
Die politischen Rahmenbedingungen, um die es dabei geht, sind für Huber das eine. Darüber hinaus weist er vor allem auf die gesellschaftliche Dimension hin. „Es geht um eine Botschaft: Landwirtschaft und die Versorgung mit Nahrungsmitteln sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Zunehmende Entfremdung
Huber stellt eine zunehmende Entfremdung zwischen Produzenten und Kunden fest, er spricht von einer „Aufgeheiztheit, die über die Jahre gewachsen“ sei. Dazu gehören aus seiner Sicht „gravierende Vorurteile“ gegenüber Bauern, die Felder mit Pestiziden belasten, Tiere nicht artgerecht halten oder Subventionen kassieren würden. „Wir müssen ein anderes Bild wecken von Landwirtschaft und etwas von der Entfremdung zurücknehmen.“
Nach seinen Angaben sind die Produktionskosten in der Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten stärker gestiegen als die Einnahmen. Die Lohnzuwächse der Bauern würden denen der Restbevölkerung hinterherhinken. Gleichzeitig wüchsen die Anforderungen an Tierhaltung und Pflanzenschutz genauso, wie der bürokratische Aufwand.
Verbraucher sollen mehr zahlen
Damit nimmt Huber neben der Politik die Verbraucher in die Pflicht, die er Kunden nennt: „Wir brauchen die Bereitschaft, Waren zu kaufen, die unseren hohen Anforderungen an Tierhaltung und Bodenbewirtschaftung entsprechen. Und dafür einen angemessenen Preis zu bezahlen.“
Stattdessen orientierten sich viele Kunden an den niedrigeren Preisen, wie sie Discounter anbieten könnten. Bauern stünden mit ihren Produkten im Wettbewerb mit dem Welthandel, sollten aber so produzieren, dass sie die in Deutschland gewünschten hohen Standards erfüllen. „Das funktioniert nicht“, sagt Huber.
Umweltleistungen der Bauern honorieren
Zur Wertschätzung der Landwirtschaft durch die Verbraucher kommt für Huber die finanzielle Anerkennung der gesamten bäuerlichen Arbeit vor allem durch die EU. Während sich derzeit Zuschüsse weitgehend an der Größe der Betriebe orientierten, würden Umweltleistungen nicht honoriert.
Ohne Bauern keine Almlandschaft auf den Bergen
Huber führt als Beispiele für diese Umweltleistungen die Schaffung von Biotopen, den Tourismus oder die Almwirtschaft an. Ohne Bauern, die ihr Vieh auf die Berge treiben, würden Almen verbuschen und zuwachsen, sagt Huber. „Der damit verbundene Mehraufwand für die Bauern, muss einkommenswirksam sein. Die Einkommen der Landwirte dürfen nicht nur am Produkt hängen, sondern müssen die Dienstleistung berücksichtigen.“
Staat muss eigene Bevölkerung ernähren können
Seine Argumente für mehr Anerkennung der Landwirtschaft stellt der ehemalige Minister in einen größeren Zusammenhang. Die vergangenen Jahre haben aus seiner Sicht gezeigt, wie wichtig die Eigenständigkeit der Versorgung für Deutschland ist: „Die eigene Bevölkerung ernähren zu können, ist eine existenzielle und strategische Aufgabe eines Landes.“
Söder am Samstag bei Gruber-Schau
Ministerpräsident Söder spricht am Samstag, 9. März, um 15 Uhr auf der Frühjahrssonderschau der Firma Gruber Landtechnik in Ampfing.
Der Praktikerrat
Marcel Huber ist Moderator des von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) eingerichteten Praktikerrats. Im Mittelpunkt der Arbeit soll die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) ab 2028 und der Bürokratieabbau für bayerische Bauern stehen. Im rund 30-köpfigen Praktikerrat sitzen Landwirte, Vertreter der Landwirtschafts-, Umwelt- und Waldbesitzerverbände, des Lebensmittelhandwerks und der Staatsregierung. Huber plant, mit dem Gremium einen Betrieb zu definieren, wie ihn sich die Vertreter der Bauern, der Metzger, Bäcker und auch Umweltschützer vorstellen. Das Ziel: der Erhalt der bäuerlichen Struktur Bayerns.

