Graffiti im Wald gegen Wind- und Atomenergie?
Erneut Schmierereien von Windpark-Gegnern: Spitzt sich der Streit im Landkreis Altötting zu?
In einem Monat werden die Bürger von Marktl über die Windräder auf dem Gebiet ihrer Kommune entscheiden. Nachdem Wirtschaftsminister Aiwanger kürzlich den Wegfall zweier Windräder um Schützing angekündigt hatte, zeigen sich betroffene Anwohner versöhnlich. Einigen Windpark-Gegnern reichen Kompromisse jedoch nicht: Im Öttinger Forst kam es nun erneut zu Graffiti-Schmierereien.
Landkreis Altötting – Schon wieder wurden im Öttinger Forst ein Forsthaus, Sitzbänke, Straßenschilder und Wandertafeln mit Graffiti-Schmierereien besprüht. Die bislang unbekannten Täter, bei denen es sich wohl um Windkraftgegner handelt, verliehen ihren Überzeugungen in der Nacht vom 4. auf den 5. Mai auf zerstörerische Weise Ausdruck. Erst im September war es zu einem sehr ähnlichen Vorfall gekommen. Laut der Polizei Altötting bewegt sich der Sachschaden in einem fünfstelligen Bereich. Zeugen werden gebeten, sich zu melden. Die Ermittlungen wurden inzwischen an die Kriminalpolizei übergeben.
Spitzt sich der Windpark-Streit jetzt zu?
Kurz vor dem anstehenden Bürgerentscheid in Marktl scheint sich die Lage bezüglich des geplanten Windparks im Landkreis Altötting nun erneut zuzuspitzen: Der Bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) hatte zwar erst am 3. Mai angekündigt, dass zwei Windräder aus der Planung fallen könnten – doch das scheint einigen Windpark-Gegnern nicht zu reichen. Während sich die Bewohner des Dorfes Schützing schon bei der Bürgerversammlung in Haiming über den Wegfall zweier Windräder freuten, führte Aiwangers Zusicherung zu einem großen Aufatmen der Dorfbewohner: Die kleine Siedlung mitten im Wald sollte nämlich ursprünglich von allen Seiten mit Windrädern eingekreist werden. Die konstruktive Kritik und die Kompromissbereitschaft der Schützinger führte jedoch zu Entgegenkommen und zur Wegnahme von vier geplanten Windrädern – womit sie auch derzeit recht glücklich sind.
Radikale Windpark-Gegner sind die Schützinger nämlich nicht: Von Beginn an hatten die Sprecher des Dorfes, Walter Mayerhofer, Andrea Hecht und Benedikt Baumgartner betont: „Wenn ‚Qair‘ uns Verbesserungen zusichert, dann werden auch wir in Schützing unseren Beitrag für die Energiewende mittragen.“ Ausgehend davon, dass dem Dorf der Wegfall der Windräder schriftlich zugesichert wird, gebe es in dem Dorf aktuell wenige bis keine Personen, die beim anstehenden Bürgerentscheid in Marktl gegen die Windräder stimmen würden. Ganz anders jedoch die Mitglieder der Bürgerinitiative „Gegenwind“, von der sich die Schützinger deutlich distanzieren wollen.
Die Bürgerinitiative „Gegenwind“
Das Vorgehen der Bürgerinitiative im Landkreis Altötting war von Beginn an „aggressiv“. Ursprünglich aus einer Telegram-Gruppe um einen AfD-Kreisrat aus Altötting entstanden, hatte die Initiative wegen ihrer Nähe zu der rechtsextremen Partei immer wieder Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Doch waren die Mitglieder von „Gegenwind“ noch vor einem halben Jahr wegen emotionaler und lautstarker Äußerungen bei Windpark-Veranstaltungen aufgefallen, scheint sich die Initiative inzwischen auf eigenen Informationsabenden zu treffen, wie erst kürzlich in Marktl. Bei der Versammlung in Haiming, wo Windpark-Betreiberin Qair einen Kompromissvorschlag vorstellte, war von „Gegenwind“ nichts zu hören.
Laut Qair sollen aktuell auf dem Gebiet von Mehring zehn Windräder wegfallen, in Haiming zwei und dafür möglicherweise in Marktl statt drei Windkraftanlagen (WKA) vier erbaut werden. Dass auf dem Gebiet von Neuötting noch zwei WKAs entfallen sollen, wurde von Qair bislang nicht bestätigt. Hubert Aiwanger hatte dies in einem Gespräch mit Benedikt Dittmann (CSU), dem Bürgermeister von Marktl angekündigt. Ob es dabei bleiben soll, wird sich wohl bei der Podiumsdiskussion zeigen, welche am 13. Mai im Bürgersaal von Marktl stattfinden soll.
Gegenwind vs. BUND und LBV
Die Bürgerinitiative „Gegenwind“, die bereits den Bürgerentscheid in Mehring herbeiführte und auch am Zustandekommen des Entscheids in Marktl am 9. Juni maßgeblich beteiligt war, ist jedenfalls strikt gegen den Bau von Windkraftanlagen im Wald. Man sei auch nicht offen für Kompromissvorschläge, denn es gelte den Bannwald vor Abholzug zu bewahren. Windräder in einem Schwachwindgebiet aufzustellen, sei ökologisch und ökonomisch sinnlos. „Der Wald und die Tiere können nicht selbst für sich einstehen und haben keine Lobby. Deshalb ist es unsere Aufgabe ihn, den Wald und die Natur zu schützen!“, so die Initiative.
Dass sich der BUND Naturschutz und der Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) für den Windpark ausgesprochen haben, stößt „Gegenwind“ sauer auf. Den Schutzverbänden wird vorgeworfen, Naturschutzvorgaben politischen Zielvorgaben unterzuordnen. Auf die Vorwürfe seitens der Bürgerinitiative reagierte der BUND mit einem offenen Brief und geht auch auf seiner ihrer Internetseite auf das Thema Windpark im Landkreis Altötting ein.
Gunter Eder, Kreisverbandsvorsitzender des LBV Altötting, betont, dass man den Ausbau erneuerbarer Energien unterstütze, um von fossilen Brennstoffen wegzukommen – die Windenergie sei hier einfach die effektivste Form. „Unser Landkreis verbraucht außerdem von allen Landkreisen mit Abstand am meisten Strom und er ist so zersiedelt, dass aufgrund der geforderten Abstände nur der Forst für einen Windpark übrigbleibt“, so Eder. Für den Naturschutz sei es übrigens besser, Windräder konzentriert als weitläufig verteilt aufzustellen.