Minister Aiwanger als Gast bei Bürgerversammlung
Aiwanger rät Haiming: Gemeinde sollte Kompromisse des Windpark-Betreibers akzeptieren
Erneut stattete Hubert Aiwanger dem Landkreis Altötting einen Besuch ab – und erneut führte ihn der geplante Windpark in die Region. Nach Marktl hieß den Minister diesmal die Gemeinde Haiming bei einer Bürgerversammlung willkommen. Dort stellte Qair nun auch Kompromissvorschläge zur Anzahl und Positionierung der Windräder vor.
Haiming – Rund 200 Besucher wohnten am 24. April der Bürgerversammlung im Saal des „Unteren Wirt“ in Haiming bei und laut Bürgermeister Wolfgang Beier (CSU/AWG), war es wohl „so voll wie noch nie“. Es sei ein Novum für die Gemeindebürger, den stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger in Haiming begrüßen zu dürfen, sagte Beier und fügte humorvoll hinzu: „Ich bin nicht sicher, wie viele wegen ihnen, dem Thema oder mir da sind.“ Bereits zum vierten Mal finde in diesem Saal nun schon eine Versammlung zum Windpark statt – und erneut werde es interessant: Denn nach der Vorstellung des aktuellen Projektstandes durch Qair, sollte sich Aiwanger zu den Plänen äußern und sich auch den Fragen von Bürgern stellen.
„Ein ganz besonderes Projekt“
Beginnend mit der Geschäftsführerin von Qair, Heike von der Heyden, wurden den Zuhörern dann die möglichen Kompromisslösungen für den „Mega-Windpark“ präsentiert. Es sei ein „ganz besonderes Projekt“, so von der Heyden – was Größe, Standort und Energieproduktion der geplanten Windräder betreffe. Aktuell arbeite man an der Vorbereitung des Genehmigungsantrags. Üblicherweise vermeide man in dieser Phase, Layouts und Standorte zu kommunizieren, denn es könne noch zu einigen Veränderungen kommen. „Es erzeugt kein Vertrauen, wenn wir immer neue Layouts präsentieren“, so von der Heyden. Bei diesem Projekt sei aber so manches anders.
Durch den intensiven Dialog mit Bürgern und Gemeinden sei Qair ziemlich herausgefordert worden. Gerade in Haiming könnten sich die Bürger gewiss sein, dass der Bürgermeister und Gemeinderat sie gut vertrete. Aus diesem Grund sei es auch „nicht immer einfach“ gewesen, sagte von der Heyden. Am Ende sei aber nun ein Kompromiss aus den Verhandlungen hervorgegangen, und dieser solle den Bürgern auch präsentiert werden. Projektleiter Peter Reidelbach, ergänzte, dass er jetzt einen Sprung für das Windpark-Projekt erhoffe. Anfang 2025 soll nämlich bereits die Genehmigung beantragt werden. Um eine verträgliche Lösung für die Anwohner zu finden, sei Qair von den vorgegebenen 1.000 Meter Abstand zur Wohnbebauung abgewichen und habe sie auf 1.200 Meter erhöht. Außerdem solle eine 180 Grad „Umzingelung“ durch Windräder vermieden werden.
Qair verzichtet auf elf Windräder
Konkret hieße dies, dass Qair aktuell auf elf Windräder verzichte. Zehn dieser Windräder hätten eigentlich auf dem Gebiet von Mehring platziert werden sollen, die Kommune hatte jedoch in einem Bürgerbegehren gegen die Windräder gestimmt. Ein weiteres Windrad fällt auf dem Gebiet rund um Schützing weg. Vielleicht muss auch noch ein zwölftes Windrad weichen: weil es möglicherweise zu nah an einem weiteren Windrad steht. „Das ist das Beste, was wir aktuell an Daten geben können“, sagte Reidelbach. „Wir haben in Haiming von neun auf sieben reduziert, wobei in Marktl vielleicht noch eins dazu kommt.“ Die anstehenden Gutachten könnten neben der Genehmigung aber noch zu weiteren Veränderungen führen.
Bürgermeister Beier, der das jüngste Layout mit dem Gemeinderat bereits diskutieren konnte, sagte: „Wir legen großen Wert darauf, dass wir eine Vereinbarung mit den Staatsforsten treffen, die eine bestimmte Zahl von Windrädern festschreibt.“ Das mühsam ausgehandelte Ergebnis solle nur mit Zustimmung der Gemeinde verändert werden dürfen. Die Bayerischen Staatsforsten hätten mündlich bereits zugesagt, doch nun sei der Minister am Zug.
Aiwanger betonte, dass er die Sorgen und Bedenken der Bevölkerung verstehe: „Das sind Riesendinger, die dann in der Landschaft stehen“, stellte er fest. Aktuell sei er in Tschechien wegen des dortigen Ausbaus der Kernkraft im Gespräch – das Thema „Energie“ sei aber weiterhin kompliziert. Man brauche aber eine Lösung, die in einer vernünftigen Mischung aus Photovoltaik, Windenergie und Wasserstoff bestehe. Die Windenergie mit die damit einhergehenden hohen Pachteinnahmen für Waldbesitzer sei seiner Ansicht nach auch eine Chance für den Wald, dessen Bewirtschaftung viel Geld koste. Im Landkreis Altötting habe man in diesem Fall das große Glück, dass der Forst nicht in Privatbesitz sei. Wäre dies der Fall, könnten die Bürger nicht mit so viel Entgegenkommen und Rücksicht rechnen.
Aiwanger rät Bürgern auf den Kompromiss einzugehen
„Ich gebe euch den freundschaftlichen Tipp, auf den Kompromiss einzugehen“, so Aiwanger. „Er ist fair und sehr entgegenkommend.“ Wenn man auf Stur schalte, könne sich die Situation auch zum Schlechten verändern. „Wir müssen der Realität ins Auge schauen“, fügte der Minister hinzu und riet den Zweiflern, Windräder in Wäldern zu besuchen, und sich deren Lautstärke in der Realität anzuhören. „Man muss sehr nah dran sein, um das Geräusch im Wald wirklich zu hören. Da erzähl‘ ich auch keinen Scheiß und ich hör‘ auch ned schlecht“, so Aiwanger. Es sei menschlich, skeptisch zu sein, doch er habe noch nie einen Brief bekommen, worin gestanden habe: „Minister, die Windräder regen mich auf, die müssen weg.“
Der Diskussions- und Frageteil zum Windpark verlief respektvoll und friedlich. Zwar brachten die Haiminger viele Sorgen und Bedenken an, gerade was die anstehenden Pläne für den Ausbau des Stromnetzes, ein 26 Hektar großes Umspannwerk, ein neues Gaskraftwerk, den Ausbau der A94 und die geplante PFOA-Monodeponie auf ihrem Gemeindegebiet anbelangt. Es gab jedoch weder Zwischenrufe noch eine ungute Stimmung. Bürgermeister Wolfgang Beier, der sich ausdrücklich gegen den Bau des Umspannwerks auf Haiminger Gemeindeboden aussprach, habe ihn über die vielen anstehenden Veränderungen in Haiming umfangreich informiert, so Aiwanger.
Beier selbst kündigte an, einen Energiegipfel in Haiming organisieren zu wollen. An einem runden Tisch sollen dabei die wichtigsten Vertreter und Verantwortlichen für die vielen Projekte zusammenkommen. Gerade bei den jüngsten Versammlungen sei bei den Haimingern der Eindruck entstanden, dass zwischen den großen Playern weder Kommunikation noch Abstimmung stattfinde. Der Bürgermeister schloss die Windpark-Diskussion am Ende mit einer Bitte: „Mein zentrales Anliegen an das Ministerium ist: Nutzen Sie die vielen Synergien, die bei den vielen Projekten entstehen. Da gäbe es ein Portfolio von Möglichkeiten.“