Ein Dorf im Landkreis Altötting ringt um Kompromisse
Schützing von Windrädern eingekesselt? Dorfbewohner fordern weniger 300-Meter-Riesen
Das Dorf Schützing ist massiv von den Windpark-Plänen im Landkreis Altötting betroffen, denn im Staatsforst rund um das kleine Dorf herum sollen rund 40 Windräder entstehen. Die Dorfbewohner fordern nun Kompromisse von Politik und Windparkbetreiber.
Marktl/Haiming – Rund um einen der idyllischsten Orte im Landkreis Altötting, das Dorf Schützing, soll ein Mega-Windpark entstehen. Die Siedlung, die von Einwohnern liebevoll „Tal der Könige“ genannt wird, grenzt an ein Natur- und Vogelschutzgebiet und die Anwohner genießen hier regelmäßig wunderschöne Sonnenuntergänge. Obwohl Schützing zwischen der Autobahn A94, der Bundesstraße B20 und dem Chemiestandort Burghausen liegt, ist es hier erfreulich ruhig geblieben – bis jetzt.
Dorfsprecher setzen sich für Schützing ein
Schon seit dem Bekanntwerden der Windpark-Pläne wird im ganzen Landkreis hitzig diskutiert – erstaunlich ruhig verhielten sich dabei jedoch die Schützinger. Erst als am 23. März bei der Bürgerwerkstatt in Marktl die geplanten Standorte und Visualisierungen der Windkraftanlagen veröffentlicht wurden, traf es die Dorfbewohner ins Mark: Ernüchtert und erschüttert über die Dimension der bevorstehenden Veränderung beschlossen die Schützinger ihrem Dorf eine Stimme zu geben.
Stellvertretend für die Siedlung wollen nun Walter Mayerhofer, Andrea Hecht und Benedikt Baumgartner auf die Situation, die Sorgen und Bedenken der Schützinger aufmerksam machen. „Wir wollen dabei aber betonen, dass es grundsätzlich keine Haltung gegen Windräder gibt“ so die Sprecher des Dorfs. „Wenn die Windparkbetreiberin ‚Qair‘ uns Verbesserungen zusichert, dann werden auch wir in Schützing unseren Beitrag für die Energiewende mittragen.“
Schützing droht mit „Nein“ beim Bürgerbegehren
Das Dorf bemängelt vor allem, dass es bei den zahlreichen Visualisierungen des Windparks bisher vergessen wurde. „Die Belastung durch die Windräder ist im Landkreis Altötting ungleich verteilt. Und Schützing ist über Gebühr negativ von den Anlagen betroffen. Aus diesem Grund sollte das Dorf bei der Suche nach Kompromisslösungen vorrangig miteinbezogen werden“, so die drei Sprecher.
Die Windparkbetreiberin Qair müsse die Berücksichtigung des Ortes zusichern, sonst werde Schützing den Bau der Windräder im Bürgerbegehren am 9. Juni in Marktl geschlossen ablehnen. „Die Windräder müssen zwingend auf ein erträgliches Maß reduziert werden“, so die Sprecher. Nicht nur der Anblick der rotierenden Windenergieanlagen, sondern auch der Schattenschlag, die Lärmemission und die nächtlichen Positionslichter würden als störend empfunden. Bei Flugverkehr würden laut den Sprechern alle 40 Windräder gleichzeitig Lichtsignale geben. Hier solle eine politische Lösung das Eindringen von Flugzeugen in den Bereich um den Windpark verhindern.
Höhere Lärmbelastung ist unzumutbar
Die Schützinger befürchten auch eine „Zerstörung des benachbarten Vogel- und Naturschutzgebietes“, auf das sie besonders stolz seien. Eine Reduktion um drei Windräder im Westen des Dorfes wäre ein denkbarer Kompromiss. Auch ein Windrad im Süden des Dorfes werde wegen seines Schattenschlags als besonders störend empfunden. Zudem wurde bereits in der Marktler Bürgerwerkstatt ein weiterer Standort im Osten kritisiert: „Trotz der enormen Höhe des Windrads (250-285 Meter), ist es nur rund 1.100 Meter von Schützing entfernt“, kritisieren die Dorfsprecher.
Am wichtigsten sei den Schützingern aber das Thema „Lärmbelästigung“. Weil die Siedlung außerhalb des Wohnbebauungsgebiets liegt, müssen die Dorfbewohner eine höhere Lärmbelastung tolerieren, als Bürger in Ortszentren. Die Belastungsgrenze liege laut den Sprechern bei 45 Dezibel. Die höheren Werte seien wegen der landwirtschaftlichen Nutzung nötig – doch die Schützinger geben zu bedenken, dass Windräder auch nachts Schall abgeben. „Dagegen möchte ein Landwirt nachts in der Regel schlafen und verursacht dann keinen Lärm.“
Künftig geringere Abstände vorgesehen
Auch zum Ende heben die Dorfsprecher noch einmal hervor, dass der Windpark „an sich“ mitgetragen werde. Es gehe lediglich um eine faire Verteilung der Belastung auf die umliegenden Anwohner. Bei der Bürgerwerkstatt in Marktl hatten die Experten von Qair bereits über mögliche Akzeptanzpauschalen und größere Abstände der Windräder zur Wohnbebauung gesprochen. Tatsächlich solle der Regionalplan für die Zukunft aber nur noch 500 Meter Abstand zu Windrädern vorsehen. Die Fachleute erklärten auch, dass sich eine Standortverlagerung kompliziert gestalte: Wegen möglicher Luftverwirbelung könnten sich Windräder gegenseitig beeinträchtigen. Gleichzeitig bedeute dies aber, dass zu den bisher geplanten Anlagen keine weiteren erwartet werden dürften.
Welche Kompromisse für die Bewohner von Schützing ausgearbeitet werden können, bleibt also abzuwarten. Am 3. Mai wird der Bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger mit interessierten Bürgern eine Informationsfahrt zum Windpark „Waldhäuser Graben“ unternehmen. Am 13. Mai steht eine Podiumsdiskussion in Marktl an. Vor dem Bürgerbegehren am 9. Juni kann also noch einiges geschehen.


