Windpark-Gegner im Landkreis Altötting
Anti-Windpark-Schmierereien im Forst, Anspannung bei Infoabend und Fehlinformation im Netz
Während im Landkreis nach Schmierfinken gefahndet wird, die an mehrere Gebäude mit Parolen gegen die Windkraft besprühten, fand in Burghausen ein angespannter Infoabend zum geplanten Windpark statt.
Landkreis Altötting; Burghausen – Erst am gestrigen Nachmittag (19. September) meldete die Polizeiinspektion Altötting, dass Ermittlungen gegen Unbekannte wegen Schmierereien an Gebäuden und Hinweisschildern im Altöttinger Forst eingeleitet wurden. Sowohl die PFOA-Filteranlage in der Nähe des Bahnhofs Kastl, Aggregatsgebäude und das sogenannte „Jägerhäusl“ waren massiv mit schwarzem und violettem Graffitispray besprüht worden, so Georg Nieß, der Polizeidienststellenleiter. Die Aufzählung der „Tatorte“ ist aber noch lange nicht komplett: Auch diverse Hinweisschilder, weitere Filteranlagen und Brunnengebäude waren beschmiert worden. Der Schaden bewege sich laut Nieß im fünfstelligen Bereich – und werde wohl überwiegend aus kommunalen Mitteln beglichen werden müssen.
„PFOA, GenX, Windräder“
„Als ihr die Eichen gefällt habt, habt ihr eines vergessen: Die Feen wohnen im Weissdorn-Strauch... Sie schwören RACHE“, heißt es am Jägerhäusl und „Liebe Bayerische Staatsforsten, ich fordere nix, aber ich hasse euch!!! LG Ein Feind der Forstwirtschaft.“ Auch „Windräder fuck off!“ und „PFOA, GenX, Windräder: Die Lösung ist Aufstand“ wurde an die Gebäude gesprüht. Die Polizei ermittelt nun nicht allein wegen Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und Beleidigung, sondern auch wegen des Aufrufs zu Straftaten. Zwischen Montag, 18. September um 18 Uhr und Dienstag, 19. September um 9 Uhr müssen die Schmierfinken auf Tour gewesen sein. Wer sachdienliche Hinweise machen kann, wird gebeten, sich bei der Polizeiinspektion Altötting unter 08671/9644-0 zu melden.
„Gegenwind Altötting“ distanziert sich
Auch seitens der Windpark-Gegner im Landkreis Altötting stößt die Aktion der Schmierfinken auf Ablehnung: „Diese mutwillige Sachbeschädigung ist für uns als Bürgerinitiative Gegenwind Altötting völlig inakzeptabel!“, teilte ein Sprecher in der Facebook-Gruppe der Bewegung mit. „Kriminelle Handlungen schaden zudem der gesamten Bewegung und den Menschen, die entschlossen, aber friedfertig gegen die Zerstörung der Natur, des Waldes und der Flora & Fauna kämpfen.“ Man fordere, dass sich die Verantwortlichen „umgehend darum kümmern, den entstandenen Schaden zu beseitigen. Wer verantwortungsbewusst mit der Umwelt und der Natur umgeht, handelt auch entsprechend verantwortungsvoll, wenn es um fremdes und gemeinschaftliches Eigentum geht.
Misstrauen in Industrie
Am 19. September fand in Burghausen auch eine Bürgerversammlung zum Windpark im Öttinger Forst statt. Trotz angespannter Stimmung informierten die Vertreter des Unternehmens Qair (Anm. der Redaktion: Wird „kär“ ausgesprochen) souverän über den Stand der Dinge, das geplante Vorhaben, sowie die anstehenden Windmessungen und naturschutzrechtlichen Gutachten. Unterstützung erhielten sie von Dr. Peter von Zumbusch, dem Werkleiter der Wacker Chemie und Vertreter der ChemDelta und Michael Waldherr, als Vertreter der Bayerischen Staatsforsten. Während die Inhalte der Präsentationen sich kaum von denen der Bürgerversammlung in Haiming unterschieden, war der Ton aufseiten des Publikums rauer: Erneut wurden Fragen nach Ausgleichsflächen, Wirtschaftlichkeit und Strompreis gestellt – doch oft wurde die Redezeit auch zur Darstellung gegnerischer Überzeugungen ausgenutzt.
Das PFOA-Trauma sitzt tief
„Wohin mit dem PFOA-Aushub?“, war eine der Fragen, die schon in Haiming nicht beantwortet werden konnten. Dabei ist nicht nur den Vertretern von Qair klar, dass es sich um ein teures Problem handeln könnte. Zwar ist die Rede von Plänen für eine Monodeponie, doch eine konkrete Lösung gibt es noch nicht. Florian Schneider (SPD), Erster Burghauser Bürgermeister, war der Meinung, dass die PFOA-Boden-Kontamination wohl das größte Hindernis im Landkreis Altötting darstelle. Er werde darauf bestehen, dass die dadurch entstehenden Kosten von Dyneon, dem Verursacher bezahlt würden. Dies wiederum brachte das Thema Rückbau und eine mögliche künftige Insolvenz von Qair auf den Tisch. „Es gibt eine Rückbaubürgschaft“, so Heike von der Heyden, die Geschäftsführerin von Qair Deutschland. „Sollte es uns nicht mehr geben, wird eine Bank oder Versicherungsgesellschaft für den Rückbau aufkommen.“
Schädliches Stoffe in Windrädern
Dass das Chemikalien-Trauma der Bevölkerung des Landkreises tief sitzt, war auch bei Fragen nach dem klimaschädlichen Schwefel-Hexafluorid zu spüren. Der Stoff werde sehr zum Missfallen von Qair noch immer in den Schaltlagen der Windenergieanlagen verbaut, so Peter Ecker, Leiter der Abteilung Wind. Man sei aber stark für eine Verschärfung der Regulierung und stetig in Gesprächen mit den Anlageherstellern. Leider werde das Gas aber noch immer benötigt, um Schaltanlagen in stromproduzierenden Kraftwerken „kleiner bauen zu können.“ Es handele sich um eine der großen Herausforderungen der Branche, man sei aber optimistisch, da die Technik sich sehr rasant entwickle.
Fehlinformation im Netz
Eine anwesende Windpark-Gegnerin schrieb nach dem Infoabend auf Facebook, sie habe erfahren, dass die Ergebnisse der Windmessungen von Qair nicht veröffentlicht würden. Hierbei handelt es sich um eine Fehlinformation: Patrick Ecker hatte bei der Bürgerversammlung angekündigt, dass Qair die Daten Windmessungen bekannt geben wird. Die Daten werden durch zwei unabhängige Gutachterbüros anhand von Lidar-Geräten erhoben, die die Windstärke und Windrichtung in unterschiedlichen Höhen über den Verlauf von 12 Monaten messen. Qair werde aber keine detaillierten Aufgliederungen der Winddaten veröffentlichen. Bezüglich „dramatisch abgesunkener Grundwasserpegel“, die seitens der Windpark-Gegner häufig erwähnt werden, stehe Qair in stetigem Austausch mit den zuständigen Ämtern.



