„Personalsituation prekär“
Viele Kommunen, eine Herausforderung: So steht es um die Ganztags-Betreuung im Haager Land
Für berufstätige Eltern ist es eine große Entlastung: Ab 2026 wird bundesweit die Ganztags-Betreuung für Grundschüler eingeführt. Eine große Herausforderung für die Kommunen, nicht nur finanziell. Wie weit sind die Gemeinden im Haager Land bereits? Wir haben nachgefragt.
Haager Land – Für berufstätige Eltern soll es eine Entlastung sein: der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen. So soll jedes Kind die Möglichkeit erhalten, auch nach dem Unterricht betreut zu werden. Ab dem Schuljahr 2026/2027 gilt der Anspruch erst für alle Erstklässler, bis er ab dem Schuljahr 2029/2030 für alle vier Grundschuljahrgänge gilt.
Für Familien bedeutet das in Zukunft: „Der Anspruch des Kindes ist künftig einklagbar und richtet sich gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe – in Bayern sind das die Landkreise und kreisfreien Städten“, erklärte das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales. Der Anspruch wird in gut eineinhalb Jahren gültig, weswegen viele Kommunen schon in der Planung dafür sind. Auch die Wahl der verschiedenen Betreuungsformen, wie offene oder gebundene Ganztagsschule, Mittagsbetreuung oder Hort, muss bei vielen Gemeinden noch geklärt werden. Wie ist die Lage im nördlichen Altlandkreis Wasserburg? Wir haben nachgefragt.
Haag
In Haag gibt es bereits seit Jahren eine verlängerte Mittagsbetreuung, erklärt Bürgermeisterin Sissi Schätz auf Anfrage. „Von Montag bis Freitag werden derzeit etwa 110 Kinder bis maximal 16.30 Uhr betreut“, so die Rathauschefin. Neben einem Mittagessen in der Mensa gebe es eine Studierzeit, um Hausaufgaben zu erledigen oder auch ein Freizeitangebot mit Spielen und Basteln. Geleitet werde die Mittagsbetreuung von der Diakonie Rosenheim. „Diese stellt qualifiziertes Personal in ausreichendem Umfang. Künftig soll aber die Anzahl der Mitarbeiter erhöht werden“, erklärt Schätz.
Reichertsheim/Kirchdorf
Auch die Verwaltungsgemeinschaft Reichertsheim-Kirchdorf steckt zurzeit mitten in den Planungen für die Ganztagsbetreuung, wie Bürgermeister Franz Stein auf Anfrage erklärt. Voraussichtlich seien in der Grundschule Ramsau „keine Umbauten“ nötig. Eventuell brauche es einen Durchbruch, damit die Kinder in den beiden vorgesehenen Räumen „im Ganzen“ beaufsichtigt werden könnten. Möglicherweise müsse auch ein Klassenraum bereitgestellt werden, damit die Heranwachsenden dort ihre Hausaufgaben erledigen können. Grundsätzlich habe sich die Kommune für eine „verlängerte Mittagsbetreuung“ entschieden. Somit würde das Personal keine spezielle Ausbildung dafür benötigen und es würde sich leichter gestalten, geeignete Mitarbeiter zu finden, so Stein.
Gars/Unterreit
Die Marktgemeinde Gars hat, zumindest was die Umsetzung der Ganztagsbetreuung an Grundschulen angeht, „Glück im Unglück“ gehabt, wie Bürgermeister Robert Otter auf Anfrage erklärt. Denn durch die erforderlichen Sanierungsarbeiten an der Bildungsstätte können zugleich Räume für die Ganztagsbetreuung geschaffen werden. Der erste Bauabschnitt, das große Hauptgebäude, soll bis zum Sommer fertiggestellt werden, der zweite Teil – Turnhalle und Schwimmbad – dann im nächsten Jahr, genauso wie der Anbau, in dem sich die Verwaltung, das Lehrerzimmer und zwei Klassenräume befinden.
Die Kommune habe sich für eine Mittagsbetreuung entschieden, dazu werde die Marktgemeinde einen Träger beauftragen, der diese leitet, so Otter. In die Grundschule gehen derzeit rund 200 Kinder, in der ersten Klasse sind rund 50 Schüler. Bis 2029/30 geht der Rathauschef von 100 bis 150 Heranwachsenden aus, die die Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen werden.
Maitenbeth/Rechtmehring
In Maitenbeth wurde im Zuge der jüngsten Sanierung bereits ein zusätzlicher Bedarf berücksichtigt. „Räumlich sind wir für die Ganztagsbetreuung der Schulkinder sehr gut gerüstet. Mit der Sanierung unseres Schulhauses haben wir zwei Räume geschaffen, die dafür genutzt werden können. Wir haben eine Mensa eingebaut und die Kinder können auch die Werkräume sowie die Sporthalle nutzen“, erklärt Bürgermeister Thomas Stark auf Anfrage.
Personell gestalte sich die Situation schwieriger. „Ganz grundsätzlich ist die Personalsituation in der Kinderbetreuung eher prekär. Zunächst muss sich die Gemeinde aber noch entscheiden, in welcher Form sie die Ganztagsbetreuung anbieten möchte. Hier bieten sich zum einen die erweiterte Mittagsbetreuung an, zum anderen der Hort mit einem pädagogischen Konzept, wie wir es ja bereits in unserer Hortgruppe in der Kindertagesstätte haben“, erklärt er. „Entscheidet sich der Gemeinderat für die Hortlösung, würde die Hortgruppe – eventuell auch schon vor September 2026 – ins Schulhaus umziehen und wäre dort von den räumlichen Kapazitäten her auch erweiterbar. Bei dieser Lösung würden auch die Erzieherinnen mit umziehen. Der Hort ist also – zumindest für die Anfangszeit – personell etwas besser abgesichert“, so Stark.
Der Anspruch entstehe ab September 2026 jahrgangsweise. Die Gemeinde Maitenbeth rechne pro Jahrgang mit durchschnittlich 25 Kindern. „Das heißt dann, dass 2026 25 Kinder einen Anspruch haben, 2027 sind es 50, 2028 75 und 2029 100 Heranwachsende“, erläutert der Rathauschef. Wie viele Eltern für ihre Kinder dann tatsächlich die Betreuung in Anspruch nehmen, „können wir heute beim besten Willen nicht sagen“, erklärt er. Hilfsweise habe die Kommune eine Umfrage bei den betroffenen Eltern durchgeführt. Diese habe ergeben, dass insgesamt 62 Prozent der Kinder zu betreuen wären, aber nie mehr als 50 Prozent an einem Tag und circa drei Viertel dieser Kinder nur bis 15 Uhr, so Stark.
Sankt Wolfgang/Isen
Auch in der Gemeinde Sankt Wolfgang gibt es bereits eine Mittagsbetreuung. Derzeit hat die Kommune nach eigenen Angaben dafür „ausreichend Personal“. Um jedoch auch in Zukunft eine eventuell steigende Nachfrage an Betreuungsplätzen gerecht zu werden, müsse die Grundschule ausgebaut werden. Dafür würden die Pläne bereits vorliegen, ein entsprechender Förderantrag sei gestellt. Derzeit rechne die Gemeinde damit, im Jahr 2026 mit dem Bau beginnen zu können. Sollten die Räumlichkeiten nicht bis zum Herbst fertig sein, könnten die Kinder erstmal in der bereits bestehenden Einrichtung unterkommen, heißt es vonseiten der Verwaltung. Derzeit würden etwa 25 Prozent der Grundschulkinder die Mittagsbetreuung besuchen.
In der Marktgemeinde Isen werde die Schule derzeit umgebaut. Dabei würden ausreichend Räumlichkeiten für eine Ganztagsbetreuung geschaffen werden, teilt die Kommune mit. Sorgen bereite jedoch die Personalfindung. Die Gemeinde müsse wahrscheinlich Dienstleistungen zukaufen, heißt es.



